
Wut über Anschlag: Straßenkämpfe in Beirut
Gewalt im Libanon Feuergefechte erschüttern Beirut und Tripoli
Beirut - Die Lage im Libanon ist nach dem Attentat auf den Syrien-kritischen Polizeigeheimdienstchef Wissam al-Hassan extrem brenzlig. Nach der Trauerfeier für Hassan ist es in der Nacht von Sonntag auf Montag in der Hauptstadt Beirut zu Feuergefechten gekommen. Dies berichtete der arabische Nachrichtensender al-Dschasira. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtet von Schüssen aus Schnellfeuerwaffen unter anderem in einem sunnitischen Viertel im Westen der Metropole. Örtlichen Fernsehberichten zufolge handelte es sich um Feuergefechte zwischen Anhängern des sunnitischen Oppositionschefs Saad al-Hariri und "rivalisierenden Gruppen". Aus Sicherheitsbehörden verlautete, Bewaffnete hätten mit Gewehren und Panzerfäusten im Süden der Metropole aufeinander geschossen. Krankenwagen rasten zum Ort der Gefechte. Berichte über Opfer lagen nicht vor.
In der nördlichen Hafenstadt Tripoli lieferten sich Unterstützer und Gegner des syrischen Assad-Regimes Schusswechsel. Eine Frau sei von einem Heckenschützen getötet worden, berichtete die Korrespondentin des Senders aus Tripoli. Bei der libanesischen Nachrichtenagentur ANI hieß es, ein Mädchen sei ums Leben gekommen. Bei heftigen Kämpfen seien in Tripoli Artillerie und schwere Waffen eingesetzt worden.
Nach dem Bombenanschlag auf den Syrien-kritischen Chef des Polizeigeheimdienstes wächst im Land die Sorge vor einem neuen Bürgerkrieg. Im Anschluss an die Beisetzung kam es am Sonntag in Beirut zu Krawallen, als wütende Demonstranten Büros der Regierung stürmen wollten und die Polizei mit Steinen bewarfen. Bei der Beisetzung des Geheimdienstchefs hatten Tausende Menschen Parolen gegen die Führung in Syrien und gegen die schiitische Hisbollah gerufen, die Damaskus im Kampf gegen die bewaffneten Rebellen unterstützt. Wütende Demonstranten wandten sich auch gegen den libanesischen Regierungschef Nadschib Mikati. Die Opposition sieht die syrische Führung als Drahtzieher des Anschlags und wirft Mikati vor, die Tötung des Geheimdienstchefs zu decken.
Schießerei an syrisch-jordanischer Grenze
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich angesichts der Entwicklungen in Syrien und im Libanon "sehr besorgt über die wachsende Gefahr eines Flächenbrandes in der Region". Es müsse alles getan werden, damit der syrische Bürgerkrieg nicht auf den Libanon übergreife, erklärte ein Sprecher in Berlin.
Der multireligiöse Libanon ist tief zerstritten zwischen Anhängern und Gegnern des syrischen Präsidenten Assad. Viele Schiiten unterstützen den ihrer Konfession nahestehenden Alawiten Assad, die meisten Sunniten stehen auf der Seite seiner Gegner. Schon vor dem Anschlag hatten sich in Tripoli Sunniten und Alawiten Kämpfe geliefert. Tausende Syrer sind vor der Gewalt in ihrer Heimat in das Nachbarland Libanon geflohen. Syrien hatte jahrzehntelang die Rolle einer Vormacht im Libanon gespielt.
Ein blutiger Zwischenfall ereignete sich auch an der jordanisch-syrischen Grenze - noch ist unklar, ob es einen Zusammenhang zu dem Krieg in Syrien gibt. Am frühen Montagmorgen wurde ein jordanischer Soldat bei einem Schusswechsel mit Bewaffneten an der syrischen Grenze getötet. Nach Angaben aus jordanischen Sicherheitskreisen, lieferten sich Grenzsoldaten und eine Gruppe von 16 Bewaffneten, die nach Jordanien eindringen wollten, ein Feuergefecht. Dabei seien vier der Bewaffneten ums Leben gekommen. Die anderen zwölf hätten sich nach Syrien zurückgezogen. Am Montag war zunächst unklar, ob es sich bei den Bewaffneten um Syrer oder Jordanier gehandelt hatte. Die rund 370 Kilometer lange Grenze zwischen Jordanien und Syrien wird häufig von Schmugglern zum Transport von Drogen, Waffen oder Kämpfern genutzt.