Libanesischer Ministerpräsident Saad al-Hariri: Regierungskrise in Beirut
Foto: BEHROUZ MEHRI/ AFPBeirut - 14 Monate regierte der libanesische Ministerpräsident Saad al-Hariri - nun steht seine Regierung vor dem Aus. Elf Minister haben angekündigt, sich aus dem Kabinett zurückzuziehen. Ihre Begründung: Hariri wolle sich nicht von dem Uno-Tribunal distanzieren, das den Mord an seinem Vater aufklären soll.
Die Minister, die dem Lager der pro-iranischen Schiiten-Bewegung und des christlichen Generals Michel Aoun angehören, hatten Hariri zuvor aufgefordert, eine Kabinettssitzung einzuberufen, in der sie ihre Forderungen in Bezug auf das Tribunal vorbringen wollten. Hariri habe sich jedoch geweigert, hieß es aus dem Regierungspalast. Von ihm gab es zunächst keine Stellungnahme zum Abzug der Minister, er traf am Mittwoch in Washington mit US-Präsident Barack Obama zusammen.
Syrien und Saudi-Arabien hatten in den vergangenen Monaten versucht, eine Kompromissformel zu finden, um die Krise in Beirut zu entschärften. Am Dienstag mehrten sich jedoch Berichte, dass diese Vermittlung nun endgültig gescheitert sei.
Mit dem Ausscheiden von 11 der insgesamt 30 Minister steht der Libanon nun vor gefährlichen Spannungen. Politische Beobachter befürchten, dass die Hisbollah auf der politischen Ebene und auf der Straße die Konfrontation mit dem pro-westlichen Hariri-Lager suchen wird.
Verschärft wird die Krise voraussichtlich, wenn die Anklageschrift des Uno-Tribunals in Den Haag vorgelegt wird. Dies wird noch in diesem Monat erwartet. Beobachter rechnen damit, dass Mitglieder der angeklagt werden. Die radikalislamische Organisation hat jede Verwicklung in die Ermordung des früheren Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri und 22 weiterer Menschen bestritten. Sie bezeichnet das Tribunal als Instrument Israels, das sie diskreditieren solle.
Hariri wurde durch ein Bombenattentat am 14. Februar 2005 in Beirut ermordet. Der Anschlag löste damals eine Protestwelle ausgelöst, die schließlich zum Abzug der syrischen Schutzmacht aus dem Libanon führte.
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Am 14. Februar 2005 erschüttert eine massive Explosion die libanesische Hauptstadt Beirut. 23 Menschen kommen dabei ums Leben, unter ihnen der einstige Ministerpräsident Rafik al-Hariri. Der Milliardär ist im Vorjahr freiwillig von seinem Amt zurückgetreten - aus Protest gegen die Einflussnahme des Nachbarlands Syrien, das zu diesem Zeitpunkt noch als Schutzmacht im Libanon fungiert.
Der Mord an Hariri löst eine Protestwelle aus und führt schließlich zum Abzug der Syrer aus dem Libanon. Hariris Sohn Saad führt die prowestliche Linie seines Vaters weiter, feiert wenige Wochen nach dessen Tod erste politische Erfolge und formt 2009 schließlich eine Einheitsregierung unter Beteiligung der radikalislamischen Hisbollah. Hariri junior wird Ministerpräsident.
Neben Syrien unterstützt auch Iran (hier Hariri mit Präsident Mahmud Ahmadinedschad, Oktober 2010) die Hisbollah. Ein Uno-Sondertribunal, das im März 2009 seine Arbeit aufnimmt, soll die Hintergünde des Anschlags auf Rafik al-Hariri klären - und den Verdacht, es seien möglicherweise syrische Sicherheitskräfte oder gar libanesische Militärs daran beteiligt gewesen. Die Hisbollah lehnt die Untersuchung stets unter dem Hinweis ab, sie bedeute eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Libanon.
Die Hisbollah mit ihrem Chef Hassan Nasrallah versucht seit langem, die Seriösität der Hariri-Untersuchung zu untergraben. Nachdem nun Spekulationen öffentlich wurden, das Sondertribunal plane, Mitglieder der Hisbollah anzuklagen, steckt die Regierung in der Krise. Hariri selbst hat sich bisher nicht von dem Tribunal distanziert, wie es die Miliz immer wieder fordert. Dem Kabinett Hariri droht mit dem Rückzug der Hisbollah das Aus.
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