Libyen-Konflikt US-General hält Flugverbot für leichte Übung

F-16-Kampfflieger der US-Airforce: "Gelegentlich über Reihen der Regimegegner fliegen"
Foto: HO / REUTERSNew York - Die Regimegegner in kontrollieren bereits weite Teile des Landes, sie haben sich in wichtigen Städten festgesetzt. Aber geht jetzt zur Gegenoffensive über. Seine stärkste Waffe: Kampfflieger. Immer wieder haben sie in den vergangenen Tagen Städte wie Bengasi und Ras Lanuf beschossen. Gegen die Feuerkraft der Jets können die Oppositionellen kaum etwas ausrichten. Mit ihren Maschinengewehren feuern sie auf Gaddafis Flieger - vergeblich.
Der Westen debattiert seit Tagen, wie er eingreifen kann, welche politische Legitimation er dazu braucht. Das Thema wird am Donnerstag auch die getrennten Sondersitzungen der Nato-Verteidigungsminister und EU-Außenminister bestimmen. Man will weitere Sanktionen gegen Gaddafi abstimmen - und erst einmal die Bedingungen für "klare rechtliche Grundlagen" definieren, wie es aus Diplomatenkreisen hieß. Das Signal dafür müsste vom Uno-Sicherheitsrat kommen, aber dort will man erst abwarten, wie sich Arabische Liga und Afrikanische Union zu einem Flugverbot stellen.
Währenddessen geht in Libyen das Blutvergießen weiter. Bei neuen Gefechten um Ras Lanuf starben mindestens vier Menschen.
Ex-Generalinspekteur Kujat warnt vor Problemen
Politiker und Militärs sehen außerdem praktische Probleme bei der Umsetzung. So warnte der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat am Donnerstagmorgen im Bayerischen Rundfunk: "Mit einer Flugverbotszone kann man die Gewalt am Boden nicht stoppen." Außerdem müsse zunächst die libysche Luftabwehr ausgeschaltet werden, was einem Angriff gleichkomme, sagte Kujat. Die Frage sei zudem, was passiere, wenn die Gewalt dann kein Ende nehme. "Will man dann eskalieren? Will man dann anschließend Bodentruppen einsetzen?" Ganz ähnlich klingen die Einwände des US-Verteidigungsministers Robert Gates: Bei einem Flugverbot handele es sich um eine "große Operation in einem großen Land".
Aber da bekommt er nun Widerspruch aus den eigenen Reihen zu hören. Eine Flugverbotszone über Libyen? "Da kann ich mir kaum eine leichtere militärische Aufgabe vorstellen", sagte der ehemalige Luftwaffengeneral Merrill McPeak der "New York Times".
Der General a. D. weiß wovon er spricht: Er hat 6000 Stunden Flugerfahrung, die Hälfte dieser Zeit hat er laut dem Bericht der "New York Times" zufolge im Cockpit von Kampfjets gesessen. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Kontrolle der Flugverbotszone über dem Irak. Für ihn gibt es in dieser Frage keinen Zweifel und keinen Grund, länger zu zögern. "Wenn wir das nicht tun können, was wollen wir dann überhaupt noch tun?", fragt sich McPeak. Seiner Meinung nach würde schon die Ankündigung, dass man ein Flugverbot durchsetzen wolle, Wirkung zeigen.
General McPeak setzt auf den psychologischen Effekt
Auch die praktischen Einwände lässt der Ex-General nicht gelten: Zum einen müsse die Operation nicht rund um die Uhr durchgehalten werden, erklärte McPeak im Interview. Sowie für die libysche Luftwaffe auch nur das Risiko besteht, dass ihre Jets abgefangen werden könnten, würde das die Motivation der Piloten entscheidend herabsetzen.
Außerdem sei es überhaupt nicht notwendig, den gesamten Luftraum Libyens zu kontrollieren, sagt General Merrill McPeak. Es gehe ja darum, die von den Regimegegnern gehaltenen Gebiete zu schützen - und dort müssten die Kampfflieger des Westens nicht mehr mit feindlicher Luftabwehr rechnen. "Wenn wir mit unseren Jets gelegentlich über die Reihen der Regimegegner fliegen, dann sollte das schon ausreichen, die libysche Luftwaffe am Boden zu halten. Und das ist ja wohl das Ziel des Ganzen."
Sein Fazit ist deutlich und provokant: "Wenn wir es uns nicht zutrauen, gegenüber einer drittklassigen Militärmacht wie Libyen ein solches Verbot durchzusetzen, dann sollten wir unseren Verteidigungshaushalt drastisch reduzieren und das Geld besser für etwas anderes ausgeben."
Für die Opposition in Libyen wäre das Flugverbot jedenfalls der nächste wichtige Schritt. "Wir hoffen, dass die Flugverbotszone oder eine ähnliche Maßnahme verhängt wird, die Gaddafi daran hindert, unsere Leute zu töten", sagte der Chef der oppositionellen libyschen Gegenregierung, Mustafa Abd al-Dschalil im Interview mit der "Welt". Nur so sei zu verhindern, dass Gaddafi weitere Luftangriffe auf die Bevölkerung durchführe sowie Söldner und Waffen ins Land bringe, um gegen sein Volk vorzugehen. "Die Flugverbotszone ist alles, was wir wollen."