

Washington/London - Es ist eine Enthüllung, die das Bild des Westens in Libyen nachhaltig beschädigen könnte: US-Medien berichten über eine enge Kooperation zwischen dem britischen und dem amerikanischen Geheimdienst einerseits und dem Gaddafi-Regime andererseits. Laut "New York Times" hat beispielsweise die CIA achtmal Terrorverdächtige zum Verhör nach Libyen geschickt, das für seine Folterpraxis berüchtigt war. Auch der britische Geheimdienst MI 6 hat demnach mit Gaddafis Schergen kooperiert und das Regime mit Informationen über Oppositionelle versorgt.
Auch das "Wall Street Journal" und die britische Zeitung "The Independent" berichten über Hilfen westlicher Geheimdienste. Die Informationen werfen ein negatives Licht auf die USA und Großbritannien. Beide Länder haben den Sieg der libyschen Rebellen gegen Gaddafi in der Nato-Allianz erst ermöglicht. Doch nun zeigt sich, dass sie zuvor offenbar wenig Probleme damit hatten, ihn bei der Unterdrückung seines Volks zu unterstützen.
Hinweise auf Kooperationen der CIA mit dem Gaddafi-Regime gab es schon vorher. Doch nie zuvor waren sie so detailliert wie jetzt. Alle drei Zeitungen berufen sich auf Geheimdokumente: Sie sollen in dem verlassenen Büro des ehemaligen libyschen Geheimdienstchefs Mussa Kussa in Tripolis gefunden worden sein.
Laut "New York Times" hat die CIA die Kooperation nach 2004 verstärkt. Damals gab das Gaddafi-Regime sein Programm für Massenvernichtungswaffen auf. So gebe es Dokumente, aus denen hervorgehe, dass die Amerikaner Gaddafi einen Text für eine Rede formulierten, in der es um den Verzicht Libyens auf Massenvernichtungswaffen ging und die ihn in einem positiven Licht erscheinen ließ. Mit dem Verzicht auf diese Waffen hatte Gaddafi die Annäherung an den Westen geebnet.
Erstaunlich enge Verbindungen
Weder die CIA noch das britische Außenministerium wollten sich den Angaben der Zeitung zufolge zu den Dokumenten äußern. CIA-Sprecherin Jennifer Youngblood sagte der "New York Times" lediglich: "Es kann nicht überraschen, dass die CIA mit ausländischen Regierungen zusammenarbeitet, um dabei zu helfen, unser Land vor Terrorismus und anderen tödlichen Bedrohungen zu schützen."
Wie das abgelaufen sein soll, beschreibt das "Wall Street Journal": Die USA hätten während der Präsidentschaft von George W. Bush Terrorverdächtige für Verhöre nach Libyen gebracht und auch Fragen vorgeschlagen, die gestellt werden sollten. Laut "New York Times" soll es in einem Dokument eine Liste mit 89 Fragen gegeben haben.
Laut "Independent" zeigen die Geheimakten erstaunlich enge Verbindungen zwischen den Regierungen in London und Washington mit Gaddafi. Auch habe der britische Geheimdienst MI 6 Informationen über Regimegegner, die in Großbritannien im Exil leben, weitergegeben.
Die Zeitung schreibt weiter, das Material werfe Fragen zum Verhältnis zwischen dem libyschen Geheimdienstchef und der britischen Regierung auf. Zwischen Kussa und seinen britischen Kollegen habe es enge Beziehungen gegeben. Es seien sogar regelmäßig Geschenke ausgetauscht worden.
Kussa hatte sich im Zuge der Proteste gegen Gaddafi im März nach Großbritannien abgesetzt. Obwohl ihm Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, konnte der Libyer im April nach Katar weiterfliegen.
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Muammar al-Gaddafi: US-Medien berichten über eine enge Kooperation zwischen dem britischen und dem amerikanischen Geheimdienst mit dem Despoten.
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