Libyens Ex-Diktator Gaddafi verscherbelte vor dem Sturz tonnenweise Gold

Muammar al-Gaddafi hat sich vor dem Ende seiner Herrschaft kräftig aus den Goldbeständen Libyens bedient. Laut Zentralbank in Tripolis machte der Despot 29 Tonnen des Edelmetalls zu Geld, um sein Regime zu stützen. Der Verkaufswert: mehr als eine Milliarde Dollar.
Libyens Ex-Diktator Gaddafi: "Wir werden das Land unserer Ahnen nicht verlassen"

Libyens Ex-Diktator Gaddafi: "Wir werden das Land unserer Ahnen nicht verlassen"

Foto: STR/ REUTERS

Tripolis - Über den Aufenthaltsort von Muammar al-Gaddafi wird weiter gerätselt - als sicher gilt dagegen inzwischen, dass der libysche Ex-Diktator große Vermögensbestände seines Landes an sich gerissen hat: Der 69-Jährige verkaufte offenbar im April oder Mai erhebliche Mengen Goldes. Gaddafi habe damals 29 Tonnen aus den libyschen Goldbeständen zu Geld gemacht, sagte Zentralbank-Gouverneur Kassem Assos am Donnerstag in Tripolis. Dies seien über 20 Prozent der Goldreserven des Landes gewesen. Der Wert des verkauften Anteils belaufe sich auf mehr als eine Milliarde Dollar (mehr als 711 Millionen Euro).

Nach dem monatelangen bewaffneten Konflikt mit den von der Nato unterstützten Aufständischen habe Gaddafi damit in der Endphase seiner Herrschaft Gehälter bezahlen wollen, sagte Assos. Ein Zentralbankvertreter vermutete, dass das Gold wahrscheinlich über Tunesien außer Landes geschafft wurde. Die Guthaben der libyschen Zentralbank bezifferte Assos auf 115 Milliarden US-Dollar, von denen sich 90 Milliarden im Ausland befänden.

Gaddafi gab sich auch am Donnerstag trotz des Siegeszugs der Rebellen unbeugsam und wies Berichte über seine mögliche Flucht kategorisch zurück. "Wir werden die Nato besiegen", sagte er am Donnerstag in einem Telefonat mit dem syrischen Sender Arrai TV. Die Jugend sei bereit, den Widerstand zu verschärfen. "Wir werden das Land unserer Ahnen nicht verlassen", schwor er. Nach Angaben des Senders kam der Anruf aus Libyen.

Gaddafis Aufenthaltsort ist weiter unklar, angesichts des anhaltenden Widerstands seiner Anhänger in der Wüstenstadt Bani Walid wurde spekuliert, dass er und zwei seiner Söhne sich dort aufhalten könnten. Die Übergangsregierung verstärkte ihre Truppen vor der Stadt. Nach 42 Jahren an der Macht hat ein sechsmonatiger Bürgerkrieg das von Gaddafi kontrollierte Gebiet auf einige kleinere Teile des Landes zusammenschrumpfen lassen.

Der Nationale Übergangsrat der Rebellen schickte Gesandte nach Niger und andere benachbarte Staaten mit der Aufforderung, ihm kein Asyl zu bieten. "Er sucht nach einem Weg zu entkommen", sagte der für politische Fragen zuständige Vertreter des Rates, Fathi Badscha, der Nachrichtenagentur Reuters. In dieser Woche war eine Fahrzeug-Kolonne der Loyalisten in Niger angekommen. Die Regierung dort erklärte jedoch, Gaddafi sei nicht dabei.

Interpol soll nach Gaddafi suchen

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno-Ocampo, hat Interpol um Hilfe zur Festnahme des untergetauchten früheren libyschen Machthabers gebeten. Zudem habe er die Polizeibehörde um Unterstützung für die Festnahme von Gaddafis Sohn Saif al-Islam sowie dem Geheimdienstchef des früheren Regimes, Abdullah Al Sanussi, gebeten, teilte das Büro Moreno-Ocampos mit. Der Internationale Strafgerichtshof hatte im Juni wegen des Vorwurfs, die drei Männer hätten Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, Haftbefehle gegen sie erlassen.

Ein Verhandlungsführer der Übergangsregierung nahe Bani Walid sagte, zumindest zwei von Gaddafis Söhnen hielten sich mit Sicherheit in dem Ort auf. Auch der langjährige Machthaber selbst könne sich dort befinden, sagte Abdallah Kanschil. "Das würde erklären, warum Bani Walid Widerstand leistet."

Ein Reuters-Reporter sah Dutzende Kämpfer der Übergangsregierung, die in Richtung des Ortes gefahren wurden. Man werde langsam in die Stadt einrücken, sagte Kommandeur Dschamal Gurdschi.

Den Rebellen zufolge hat der Aufstand gegen das Gaddafi-Regime bisher mindestens 30.000 Menschen das Leben gekostet. Zudem seien in dem mehr als sechs Monate dauernden Konflikt 50.000 Menschen verletzt worden, sagte Nadschii Barakat, Gesundheitsminister der Aufständischen, dem Sender Libya TV. Es handele sich um vorläufige Zahlen, die sich auf Angaben von Krankenhäusern, Kommunalvertretern und Rebellenführern stützten. Mindestens 4000 Menschen würden noch vermisst.

hen/fab/dpa/Reuters/dapd
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