Libyscher Ex-Minister Gaddafi soll Lockerbie-Anschlag befohlen haben
Welche Rolle spielte Gaddafi bei dem Lockerbie-Attentat? Nach den Worten eines abtrünnigen Ministers hat Libyens Diktator den Anschlag persönlich befohlen, dafür habe er Beweise. Gaddafi werde wie Hitler enden - mit Selbstmord - so die Voraussage des Politikers in einer schwedischen Zeitung.
Stockholm - Es war ein blutiges Attentat, 270 Menschen starben dabei. Bis heute sind die genauen Hintergründe des Anschlags auf eine amerikanische Passagiermaschine der Airline PanAm über dem schottischen Lockerbie im Jahr 1988 ungeklärt.
Jetzt hat sich ein abtrünniger Minister, der bis vor kurzem Teil des Gaddafi-Regimes war, in einer schwedischen Zeitung zu Wort gemeldet - und den libyschen Machthaber schwer belastet: "Ich kann beweisen, dass Gaddafi den Befehl für Lockerbie gegeben hat", sagte Mustafa Abdel Dschalil dem schwedischen Blatt "Expressen".
Gaddafi habe Abd al-Bassit al-Mikrahi, der später als einziger wegen des Anschlags von Lockerbie verurteilt wurde, den Auftrag erteilt. "Um das zu vertuschen, tat er alles in seiner Macht stehende, um al-Mikrahi aus Schottland zurückzuholen", zitiert "Expressen" den Ex-Minister weiter. Denn al-Mikrahi sei einer der wenigen Personen die die Wahrheit über das Attentat wüssten.
Ex-Minister Dschalil versichert in dem Interview mit der schwedischen Zeitung mehrmals, dass er sich mit dieser Aussage absolut sicher sei. "Das ist nicht etwas, das ich nur glaube - ich bin mir zu 100 Prozent sicher", so der ehemalige Justizminister nach Angaben von "Expressen". Es sei noch nicht an der Zeit alles zu enthüllen, "aber das wird kommen", sagte Dschalil weiter.
"Die Tage von Gaddafi sind gezählt"
Dschalil war am Montag aus Protest gegen das brutale Vorgehen der libyschen Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten im Land zurückgetreten. Der Ex-Minister äußerte laut "Expressen" auch seine Einschätzung zur Zukunft Gaddafis: "Die Tage von Gaddafi sind gezählt. Er wird es so machen wie Hitler es gemacht hat, er wird sich umbringen", sagte er in dem Interview, das in Baida im Osten Libyens geführt wurde. Weiter warf der Staatsspitze vor, seit langem Söldner aus Afrika aufzunehmen. Bei mehreren Treffen habe die Regierung entschieden, "Menschen aus dem Tschad und dem Niger" die libysche Staatsbürgerschaft zu erteilen. "Ich habe dagegen protestiert und das ist auch dokumentiert", sagte Dschalil.
Die Diplomaten des Landes rief der Ex-Minister auf, sich gegen die Herrschaft Gaddafis zu stellen. "Ich habe den Teufel in ihm gesehen. Jetzt ist die Stunde für alle Diplomaten - in Schweden und der ganzen Welt - auf Distanz zu diesem tödlichen Regime zu gehen", sagte Dschalil. Sie sollten zwar auf ihren Posten bleiben, sich aber demonstrativ auf die Seite des Volkes stellen.
Die Erklärungen des Ex-Ministers zum Lockerbie-Attentat gehen weit über das hinaus, was bislang aus dem Inneren des Regimes nach außen drang: 2003 hatte sich die libysche Führung zwar verantwortlich für den Anschlag erklärt und Entschädigungen an die Opfer und Hinterbliebene gezahlt. Eine persönliche Beteiligung hatte Gaddafi aber nie zugegeben.
Der verurteilte Lockerbie-Attentäter al-Mikrahi war 2009 aus humanitären Gründen aus schottischer Haft nach Libyen entlassen worden. Es hieß damals, er sei wegen Prostata-Krebs dem Tode nahe. Die Entscheidung zur Begnadigung hatte vor allem in den USA für Empörung gesorgt. Al-Mikrari lebt heute noch.
anr/AFP