Liveticker Zehntausende Oppositionelle demonstrieren
+++ Zehntausende Oppositionelle demonstrieren +++
[16.51 Uhr] Zehntausende von Anhängern des unterlegenen iranischen Präsidentschaftskandidaten Hossein Mussawi haben erneut in Teheran für eine Wiederholung der Wahlen demonstriert. Sie widersetzten sich damit dem Aufruf Mussawis, die geplanten Kundgebungen aus Furcht vor Zusammenstößen abzusagen. Dennoch versammelten sich die Demonstranten zunächst im Norden Teherans und wollten zum Sitz des Staatsfernsehens IRIB ziehen. Der Sender gilt als Hauptunterstützer des amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Auch Zehntausende von Anhängern Ahmadinedschads zogen durch die Straßen Teherans. Sie riefen Slogans wie: "Wir sind unserem Führer treu ergeben." Nach Augenzeugenberichten blieb die Lage zunächst ruhig. Es drangen kaum Informationen ins Ausland, da Iran die Berichterstattung über die Kundgebungen untersagt hatte.
+++ Künstler sprechen von Staatsstreich +++
[16.18 Uhr] Zwei bekannte iranische Künstler haben Präsident Amadinedschad vorgeworfen, sich die Macht mit einem Militärputsch gesichert zu haben. "Was sich im Iran ereignet, ist keine Wahlfälschung, es ist ein Staatsstreich", sagten die Zeichnerin Marjane Satrapi, Autorin des weltweit erfolgreichen Comics und Kinofilms "Persepolis", und der Filmemacher Mohsen Makhmalbaf am Dienstag in Brüssel. Zum Beweis zitierte Satrapi Zahlen der Opposition, die angeblich aus dem Teheraner Innenministerium stammen sollen. Das Militär sei im Auftrag Ahmadinedschads eingeschritten, als Mussawi seine Siegesrede geschrieben habe.
+++ Bundesregierung empört über Berichtsverbot +++
[16.10 Uhr] Günter Nooke (CDU), Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung, hat die iranische Regierung wegen der drastischen Einschränkung der Pressefreiheit für ausländische Medien scharf kritisiert. "Das ist ein Bruch internationaler Konventionen", sagte er am Dienstag dem "Handelsblatt". "Ich erwarte, dass sich der Iran an die Abkommen hält, die er auch selbst unterschrieben hat." Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit dürften nicht eingeschränkt werden - sonst werde Menschenrechtspolitik zur Farce.
+++ Druck auf Journalisten wächst +++
[15.27 Uhr] Nach Angaben von "Reporter ohne Grenzen" nimmt der Druck auf Journalisten in Iran erheblich zu. Im ganzen Land würden Reporter festgenommen, Zeitungen geschlossen und Webseiten gesperrt, teilt die Organisation am Dienstag in Hamburg mit. Das Mobilfunknetz sei teilweise abgeschaltet worden. Seit dem 12. Juni seien elf iranische Journalisten verhaftet worden, fünf von ihnen säßen am Dienstag weiter in Haft. Von zehn weiteren Reportern fehle jede Spur. Iran hat am Dienstag außerdem ausländischen Reportern verboten, ihre Büros zu verlassen und über Proteste gegen das Wahlergebnis zu berichten.
+++ Steinmeier kritisiert iranische Sicherheitskräfte +++
[15.26 Uhr] Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die iranischen Sicherheitskräfte zu einem Ende der Gewalt gegen Demonstranten aufgefordert. Die Regierung in Teheran müsse auch Vorwürfe über Manipulationen bei der Präsidentschaftswahl untersuchen, forderte Steinmeier am Dienstag in Berlin. "Wir blicken weiterhin mit großer Sorge in den Iran", sagte Steinmeier. Die Lage nach der Präsidentschaftswahl auf den Straßen Teherans sei "nach wie vor heikel". "Es muss ein Ende der Gewalt von Seiten der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten geben. Auch die Sicherheitskräfte sind verantwortlich dafür, dass die Lage nicht weiter eskaliert", fügte der Vize-Kanzler hinzu.
+++ Iran fordert Entschuldigung von der EU +++
[15.15 Uhr] Das iranische Außenministerium hat einen hochrangigen tschechischen Diplomaten einbestellt und ihn aufgefordert, gegen "interventionistische und beleidigende" Aussagen der EU zur Präsidentenwahl in Iran zu protestieren. Das meldet die iranische Nachrichtenagentur ISNA. Um welche Aussagen es konkret geht, wurde nicht mitgeteilt. Die EU hat sich für eine Klarstellung der Manipulationsvorwürfe bei der Wiederwahl Ahmadinedschads starkgemacht. Der Diplomat repräsentiert in Teheran die Europäische Union. Tschechien hat bis Ende Juni die EU-Ratspräsidentschaft inne.
+++ Ölindustrie bleibt von Unruhen verschont +++
[15.15 Uhr] Die Proteste gegen den Ausgang der Präsidentenwahl in Iran schränken nach Angaben des Landes die Ölexporte der Islamischen Republik nicht ein. "Die Öl-Industrie ist zu hundert Prozent sicher", sagte der iranische Opec-Gouverneur Mohammed Ali Khatibi am Dienstag. "Es gibt keine Auswirkungen auf Produktion, Export oder Raffinierung." Auch Ölhändler und Schiffsbroker berichteten, dass die Unruhen - die heftigsten in Iran seit 30 Jahren - bislang das Geschäft nicht beeinträchtigt hätten. Iran ist weltweit der fünftgrößte Öl-Exporteur. Täglich werden in dem Land etwa 3,8 Millionen Barrel (1 Barrel = 159 Liter) gefördert.
+++ Laridschani verurteilt Attacken auf Studenten +++
[14.17 Uhr] Der einflussreiche iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani hat den Angriff auf Studenten in Teheran verurteilt. "Was hat es zu bedeuten, dass mitten in der Nacht Studenten in ihren Schlafsälen überfallen werden?" zitiert ihn die iranische Nachrichtenagentur ISNA. Nach Angaben eines Studenten wurden bei dem Angriff mindestens vier Menschen getötet, drei Männer und eine Frau. Der Kanzler der Universität von Teheran, Farhad Rahbar, erklärte dagegen, bei den Übergriffen sei niemand getötet worden. Rund 800 Studenten protestierten gegen die Attacke. Laridschani sagte, das Innenministerium sei verantwortlich für die Ereignisse.
+++ Ahmadinedschad ruft Ende der Weltmächte aus +++
[14.13 Uhr] Während Iran von den heftigsten Oppositionsprotesten seit Jahren erschüttert wird, philosophiert Staatschef Mahmud Ahmadinedschad in Russland über das Ende der Großmächte. Grinsend sprach der unter Manipulationsverdacht wiedergewählte Präsident am Dienstag in Jekaterinburg vor der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und verkündete: "Die kapitalistische Ordnung zieht sich zurück." Es sei "vollkommen klar, dass die Ära der Weltmächte vorbei ist und nie wiederkommen wird". Besonders die USA nahm er aufs Korn: Diese seien "überwältigt von einer politischen und wirtschaftlichen Krise". Die Proteste in seiner Heimat erwähnte er dagegen mit keinem Wort.
+++ Opposition spricht von deutlich mehr Opfern +++
[13.45 Uhr] Vertreter der iranischen Opposition in Deutschland haben die offiziellen Zahlen der Opfer bei den Demonstrationen gegen die Präsidentenwahl infrage gestellt. Der iranische Exilpolitiker Mehran Barati-Novbari sprach am Dienstag im rbb-inforadio von deutlich höheren Zahlen von Toten und Verletzten, als von der Teheraner Regierung angegeben. Er erklärte, man könne die Namen von 22 Toten landesweit sowie von 136 Verletzten nennen. Allein beim Überfall auf ein Studentendorf in Teheran seien fünf Menschen umgebracht und ihre Leichen ohne Wissen der Angehörigen sofort vergraben worden. 70 Studenten seien verschleppt worden, ihr Schicksal sei ungewiss.
+++ Staatliche Medien bestätigen Tote bei Protesten +++
[13.45 Uhr] Die staatlichen iranischen Medien haben erstmals bestätigt, dass bei Zusammenstößen nach einer Großdemonstration in Teheran Menschen ums Leben kamen. Im Rundfunk war am Dienstag die Rede von sieben Toten nach Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Die Opfer seien bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen. Zuvor hätten mehrere Menschen versucht, "eine militärische Einrichtung anzugreifen".
+++ Zentralrat der Juden kritisiert "brutale Autokraten" +++
[13.39 Uhr] Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat die iranische Regierung als "unberechenbare und brutale Autokraten" kritisiert. "Gewalttätige Sondereinheiten, die wahllos auf friedliche Demonstranten einprügeln, verdeutlichen mehr denn je den grausamen und menschenverachtenden Charakter des Regimes in Teheran", erklärte Knobloch am Dienstag in München. "Mit solch unberechenbaren und brutalen Autokraten kann und darf man nicht verhandeln." Wer das eigene Volk auf solch autoritäre und brutale Weise behandele "und zudem seit Jahren anderen Staaten des Nahen Ostens offen mit der Vernichtung droht, hat seinen Platz in der Gemeinschaft zivilisierter Völker verspielt".
+++ EU besorgt über Gewalt bei Kundgebungen +++
[ 13.08 Uhr] Die EU-Kommission hat sich "sehr besorgt" über die anhaltende Gewalt in Iran und die Berichte über getötete Demonstranten gezeigt. "Wir bedauern die Gewalt und den Tod von Menschen", sagte ein Kommissionssprecher am Dienstag in Brüssel. Die iranischen Sicherheitskräfte müssten das Recht auf friedliche Demonstrationen achten. An einer Massenkundgebung für den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Hossein Mussawi hatten am Montag in der Hauptstadt Teheran hunderttausende Menschen teilgenommen. Am Rande der Proteste wurden laut einem Radiobericht sieben Menschen getötet.
+++ Iranische Regierung verbietet Berichterstattung +++
[13.00 Uhr] Die iranische Regierung hat ausländischen Journalisten verboten, über "nicht genehmigte" Demonstrationen zu berichten. Den Korrespondenten seien keine Berichte über Versammlungen erlaubt, die vom Innenministerium nicht offiziell erlaubt worden seien, erklärte das Kulturministerium am Dienstag in Teheran. In einem Rundschreiben an alle Büros ausländischer Medien forderte die zuständige Abteilung dazu auf, alle nicht autorisierten Beiträge "ernsthaft" zu vermeiden. Journalisten berichteten, sie seien aufgefordert worden, ihre Büros nicht zu verlassen.
+++ Mussawi sagt Großdemo der Opposition ab +++
[12.30 Uhr] Angesichts drohender Krawalle hat der iranische Oppositionsführer Hossein Mussawi seine Anhänger aufgerufen, nicht an einer für Dienstagnachmittag geplanten Großdemonstration in Teheran teilzunehmen. Mussawi appelliere an seine Anhänger, zu Hause zu bleiben, weil sie sich andernfalls in Lebensgefahr begäben, sagte sein Sprecher. Beobachter hatten schwere Zusammenstöße in der Hauptstadt Teheran befürchtet, nachdem Anhänger von Ahmadinedschad auf demselben Platz eine Gegendemonstration angekündigt hatten.