Lobbyismus Eine Million Dollar für ein Treffen mit Bush
Hamburg - Mahathir Mohamad, bis Herbst 2003 Premierminister Malaysias, wollte zurück in die Sphäre der allseits geachteten Staatsmänner. Als geeignetes Mittel sah er ein Treffen mit George W. Bush an, also mit dem Präsidenten jenes Landes, das ihn, Mahathir Mohamad, wegen antisemitischer Äußerungen und der Inhaftierung politischer Gegner geschnitten hatte. Das war während der Amtszeit Bill Clintons gewesen. Nun würde er sich die Rehabilitierung einiges kosten lassen.
Nach Informationen der "Los Angeles Times" kontaktierte die Regierung in Kuala Lumpur im Jahr 2002 einen Lobbyisten, der in Washington als der einflussreichste galt: Jack Abramoff, jener Herr, dessen Vergehen die Anti-Korruptionsermittler des FBI seit Monaten nachspüren.
Dem Anliegen aus Malaysia entsprechend kontaktierte Abramoff mindestens vier Mal den Präsidentenberater Karl Rove, um das Treffen mit Bush zu arrangieren. Mit Erfolg. Roves Büro ließ Abramoff wissen, Malaysias Regierungschef werde bald eine offizielle Einladung aus dem Weißen Haus erhalten.
Im Mai 2002 traf Mahathir Bush im Oval Office des Weißen Hauses. Das Treffen verfehlte seine propagandistische Wirkung nicht: Das Foto der beiden Regierungschefs ging um die Welt, Mahathir, der Antisemit, war mit Hilfe des orthodoxen Juden Abramoff international rehabilitiert.
Für die Vermittlungsdienste soll Abramoff dem früheren Mitarbeiter zufolge 1,2 Millionen Dollar empfangen haben. Untersuchungen des Senats haben dem Bericht zufolge erbracht, dass Abramoff für seine Lobbyistentätigkeit für Malaysia eine Summe von mindestens 900.000 Dollar erhalten haben soll. Der entscheidende Einfluss des früheren Vorsitzenden des Studentenverbandes der Republikaner bei der Anbahnung des Treffens wird vom Weißen Haus freilich bestritten. Die Zusammenkunft Bushs mit Mahathir sei auf "normalen Kanälen" vorbereitet worden, heißt es dort.
"Big Jack": einer der Teuersten
Neben der Zahlung des Geldes hat Abramoff noch in anderer Weise vom Besuch Mahathirs in Washington profitiert. Das Treffen untermauerte seinen Ruf, beste Beziehungen ins Weiße Haus und zu Mitgliedern des Kongresses zu haben - wofür er exorbitante Gagen fordern konnte. "Big Jack", wie der Endvierziger in Washington genannt wird, stellte seinen Klienten nicht selten 750 Dollar für eine Stunde seiner wertvollen Zeit in Rechnung. Damit gehörte er zu den teuersten Lobbyisten in der amerikanischen Hauptstadt.
Der Erfolg hat für Abramoff inzwischen nahezu allen Glanz verloren. Er steht im Zentrum eines Korruptionsskandals, der die ganze politische Klasse in Washington durcheinanderwirbeln könnte. Abramoff hat sich bereits für schuldig erklärt, Kongressmitglieder und deren Gehilfen in unangemessener Weise beeinflusst zu haben, indem er ihnen Auslandsreisen und andere Annehmlichkeiten finanzierte, um von ihnen danach "Gefallen" einzufordern.
Spätestens Anfang des Jahres dürften einige Mächtige in Washington nervös geworden sein. Abramoff kündigte an, er wolle auspacken. Mit den Ermittlern der amerikanischen Bundespolizei soll er sich auf einen Deal verständigt haben, der ihm für Informationen einen kräftigen Strafnachlass gewähren soll. Dafür dürfte das FBI Material darüber erwarten, welchen Republikanern er Parteispenden oder andere Zuwendungen zukommen ließ - wofür sie sich durch den Erlass oder die Blockade von Gesetzen erkenntlich gezeigt haben könnten. Insgesamt stehen mindestens 25 Kongressabgeordnete in Verdacht, sich mit Abramoff auf dubiose Geschäfte eingelassen zu haben.
Think-Tank im Strandhaus von Delaware
Die nun bekanntgewordene Malaysia-Episode belegt, dass die Verbindungen des Lobbyisten zu den innersten Kreisen der Macht womöglich noch enger waren, als bisher angenommen. Laut "Los Angeles Times" wurde der Geldtransfer aus Kuala Lumpur über das American International Center abgewickelt, einem Briefkasten-Think-Tank, den Abramoff-Partner Michael Scanlon in einem Strandhaus in Delaware eingerichtet hatte. Indem Abramoff die Transaktionen über die Schein-Firma laufen ließ, umging er die Registrierung seiner ausländischen Kunden beim Justizministerium.
Auch Scanlon ist nicht unbescholten. Er war Pressesprecher des Fraktionsführers der Republikaner, Tom DeLay. Seine Assistentin begann 2001 im Vorzimmer des mächtigen Präsidentenberaters Rove. Vergangenen November hat sich Scanlon vor einem Washingtoner Gericht der Bestechung für schuldig erklärt. Auch er soll mit den Behörden vereinbart haben, als Kronzeuge eine mildere Strafe erwarten zu dürfen. Abramoff und Scanlon haben bereits zugegeben, mittels des Briefkastenunternehmens Millionen Dollar von ihren Kunden gesammelt zu haben.
"Es ist Karl"
Die jetzigen Enthüllungen beruhen vornehmlich auf den Aussagen einer anonym bleibenden Person, die eng mit Abramoff zusammenarbeitete. Die Quelle war Zeuge eines Telefonats zwischen Abramoff und Roves, in dem der Präsidentenberater offensichtlich grünes Licht für die Einladung des Malaysiers gab. Abramoff soll, als er den Hörer abnahm, gesagt haben: "Es ist Karl." Dann habe Abramoff den Daumen nach oben gedreht, um ihm zu bedeuten, dass es geklappt habe, so der Zeuge. Als Abramoff den Hörer aufgelegt hatte, habe er ihm mitgeteilt, die Einladung gehe klar, dann habe er ihn aufgefordert: "Ruf den Botschafter an."
Die Einladung des damaligen malaysischen Regierungschefs hat Abramoff laut "L.A.Times" allerdings nicht allein erreicht. Mindestens ein weiterer Washingtoner Lobbyist hatte seine Hände im Spiel: der Chef der Firma "Alexander Strategies". Dieser soll ein Abramoff-Freund sein und ehemals Stabschef beim Texaner DeLay. Ihm wird zugeschrieben, im Gegenzug für die Einladung Matahirs führenden Kongressmitgliedern Reisen nach Malaysia organisiert zu haben. Unter den Begünstigten sollen neben DeLay und auch mehrere Demokraten sein.
Die Malaysier zeigten sich auch Abramoff gegenüber nicht nur finanziell erkenntlich. Nachdem sich Mahathir mit Bush getroffen hatte, wurde Abramoff zu einem Empfang in der malaysischen Botschaft zu Ehren des Premiers eingeladen. Dem Zeugen zufolge wurde Abramoff während des Dinners ein Platz ganz nah am Regierungschef gewährt.
Alexander Schwabe