
Geiselnahme in Mali Diese Attacke zielt auch auf Frankreich

Ort des Anschlags: Auf dem Satellitenbild ist das Hotel mit dem blauen Pool zu sehen
Foto: Google Earth/ DigitalGlobeGeiselnahme im Radisson-Hotel in Bamako: Vermutlich sieben Extremisten treiben im siebten Stockwerk des Gebäudes in Malis Hauptstadt 140 Gäste und etwa 30 Angestellte zusammen. Malische Sicherheitskräfte haben mit der Erstürmung begonnen. Der Ausgang des Terrorakts ist noch ungewiss.
Vier der schwer bewaffneten Männer sollen sich bereits am Donnerstag in dem Hotel eingemietet haben, drei weitere schossen sich offenbar den Weg durch die Lobby unter "Allahu akbar"-Rufen frei. Malische Spezialeinheiten von Polizei und Militär sind in Stellung gegangen.
Noch ist nicht bekannt, welche Nationalität die Geiseln haben. Doch es ist sehr wahrscheinlich, dass auch Franzosen unter ihnen sind. Denn die Fluggesellschaft Air France bringt zum Beispiel ihre Crews im Radisson unter.
Mali ist ein Schlüsselland im Kampf des Westens gegen den Islamismus in der Sahelzone - und Frankreich, die ehemalige Kolonialmacht, hat dabei die Führung übernommen. Nach dem Terror von Paris verüben Islamisten damit womöglich zum zweiten Mal innerhalb einer Woche einen Anschlag gegen Frankreich, denn die Attacke im Radisson zielt vermutlich nicht nur auf Mali.
Ort des Anschlags: Auf dem Satellitenbild ist das Hotel mit dem blauen Pool zu sehen
Foto: Google Earth/ DigitalGlobeEinst galt der westafrikanische Wüstenstaat als Musterland, verhältnismäßig demokratisch, verhältnismäßig stabil, gut versorgt mit Entwicklungshilfe. Das Land ist auch ein Reiseziel verwegener Motorradtouristen.
Doch gefährlich ist der Norden des Landes: Dort lehnte sich eine Minderheit vom Volk der Tuareg immer wieder gegen die Zentralregierung in Bamako auf. Es kam auf beiden Seiten zu Gräueltaten. Es wurden mehrere Friedensverträge abgeschlossen, sie hielten nicht lange.
Als das Regime von Muammar al-Gaddafi in Libyen kollabierte, gelangten die Tuareg an neue Waffen und Munition. Sie vertrieben die Armee aus immer größeren Landesteilen und riefen ihren Staat Azawad aus.
Putsch unzufriedener Soldaten
Doch ein Teil von ihnen hatte sich mittlerweile einer radikalen Variante des Islam zugewandt, eine für Mali untypische religiöse Strömung. Sie verdrängen die gemäßigteren, säkularen Kräfte. Im Norden des Landes führten sie die Scharia ein. Musik zu hören und Fußball zu spielen war fortan verboten, in der Stadt Timbuktu und anderswo vernichteten die Fanatiker wertvolle Schriften und Baudenkmäler.
Im Jahre 2012 putschten in Bamako unzufriedene Soldaten. Sie blieben zwar nur kurz an der Macht, doch stand der malische Staat dennoch vor dem Zusammenbruch. Die Islamisten setzten zum Angriff auf die Hauptstadt an.
Im Januar 2013 schließlich handelte Frankreich: Eine schnelle Eingreiftruppe vertrieb die Islamisten in wenigen Tagen aus den großen Städten. Die Extremisten tauchten unter, versteckten sich in der Wüste und in den Gebirgen. Eine internationale Friedenstruppe wurde stationiert, die Deutschen verlängerten gerade in dieser Woche ihre Ausbildungsmission für die malische Armee. In Bamako wurde eine demokratische Regierung gewählt, internationale Geberkonferenzen organisierten den Wiederaufbau.
Doch immer wieder verüben Islamisten Anschläge. Es sterben vor allem Einheimische, Muslime, aber auch Blauhelmsoldaten, französische Journalisten und Entwicklungshelfer. Der Norden des Landes bleibt eine gefährliche Gegend. Eine Woche nach dem Gemetzel in Paris hat der Terror Bamako erreicht.
Lesen Sie mehr über Mali auch im aktuellen SPIEGEL.
Terroristen richten in Mogadischu ein Blutbad in einem bei Politikern und Geschäftsleuten beliebten Hotel an. Mindestens 17 Menschen werden getötet. Zum Artikel.
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Soldaten beziehen vor dem Radisson Blu in Mali Stellung: Terroristen hatten das Hotel in der Hauptstadt angegriffen und etwa 170 Geiseln genommen. Mittlerweile haben Sicherheitskräfte das Gebäude gestürmt - und einen Teil der Gefangenen befreit.
Menschen fliehen aus dem Hotel: Unter den Geiseln sollen auch Chinesen, Franzosen und Türken sein. Von deutschen Gefangenen hatte das Auswärtige Amt nach eigenen Angaben keine Kenntnis.
Sicherheitskräfte auf der Straße vor dem Gebäude: Berichten zufolge riefen die Angreifer "Allahu Akbar".
Unter den Gefangenen sollen 140 Gäste und 30 Angestellte sein. Wer hinter dem Anschlag steckt, ist bislang nicht bekannt. Vieles deutet aber auf Dschihadisten hin.
Blick über die Hauptstadt Bamako. In Mali hatten Islamisten und separatistische Tuareg große Gebiete vor allem im Norden des Landes erobert, bevor sie mithilfe französischer Truppen Anfang 2013 wieder zurückgedrängt worden waren. Mehrere Gruppen verüben aber weiterhin Anschläge.
Bei dem Angriff seien Wachleute verletzt worden, meldet die Webseite "Malijet". Zwei Männer seien nacheinander in den ersten, zweiten und dritten Stock eingedrungen. In Sicherheitskreisen war zunächst von etwa zehn Angreifern die Rede.
Menschen beobachten die Ereignisse aus der Entfernung. Laut einem Medienbericht nutzten die Angreifer Autos mit diplomatischen Kennzeichen, um Zugang zum Gebäude zu erhalten.
Einige Geiseln hatten die Täter offenbar bereits vor dem Eingreifen der Spezialkräfte freigelassen - angeblich durfte Personen das Hotel verlassen, die Koranverse zitieren konnten.
Malische Soldaten: Frankreich will Spezialkräfte der Polizei nach Mali entsenden. Etwa 50 Polizisten, die im Anti-Terror-Kampf ausgebildet seien, stünden unmittelbar vor ihrer Abreise nach Bamako, sagt ein Polizeisprecher.
Blick über die Hauptstadt Bamako. In Mali hatten Islamisten und separatistische Tuareg große Gebiete vor allem im Norden des Landes erobert, bevor sie mithilfe französischer Truppen Anfang 2013 wieder zurückgedrängt worden waren. Mehrere Gruppen verüben aber weiterhin Anschläge.
Foto: Oliver Lang/ dpa