Mordfall Daphne Caruana Galizia
Newcomer wird Premier auf Malta
Die Affäre um den Mord an einer Journalistin führte zu einer politischen Krise auf Malta. Nun steht fest, wer Nachfolger von Premier Joseph Muscat werden soll: ein bislang kaum bekannter Anwalt.
Parteikollegen Chris Fearne (links) und Robert Abela: Politischer Neuanfang auf Malta?
Foto: MATTHEW MIRABELLI/ AFP
Mehr als zwei Jahre nach dem Mord an einer regierungskritischen Journalistin auf Malta setzt die Regierung offenbar auf einen politischen Neuanfang: Der Rechtsanwalt Robert Abela löst Premierminister Joseph Muscat ab. Die Labour-Partei wählte den 42-jährigen Abgeordneten zum neuen Vorsitzenden, wie ein Parteisprecher mitteilte. Bei der Abstimmung hatte Abela sich mit rund 58 Prozent der Stimmen gegen den favorisierten Vize-Regierungschef Chris Fearne durchgesetzt.
In dem kleinen EU-Land ist es üblich, dass der Chef der Mehrheitsfraktion im Parlament auch die Regierung führt. Die Vereidigung des neuen Regierungschefs in Valletta wird für Montag erwartet.
Die Entscheidung der sozialdemokratischen Parteimitglieder für Abela bei der Abstimmung vom Samstag war eine Überraschung. Der Jurist ist erst seit 2017 im Parlament. Der im Ausland kaum bekannte Abela steht bei seinen Anhängern für einen Neuanfang, weil er selbst noch nicht lange Teil des Machtgefüges in Valletta ist. Sein Vater George Abela war früher Staatspräsident.
Skandal um korrupte Verbindungen
Amtsinhaber Muscat war im Zusammenhang mit dem Mordanschlag auf die Journalistin Daphne Caruana Galizia in die Kritik geraten. Viele Bürger werfen ihm vor, Hintermänner der Tat zu decken. Mehrere Politiker aus Muscats Umfeld, darunter sein Stabschef, mussten abtreten. Im Dezember hatten aufgebrachte Demonstranten den Amtssitz des Regierungschefs gestürmt und seinen sofortigen Rücktritt gefordert. Muscat hielt jedoch bis zuletzt daran fest, erst im Januar abzutreten.
Daphne Caruana Galizia war im Oktober 2017 mit einer Autobombe ermordet worden. Die damals 53-Jährige hatte zu korrupten Verbindungen zwischen der Regierung und der Geschäftswelt des kleinsten EU-Landes recherchiert und sich damit viele Feinde gemacht. Die Europäische Union hatte Druck gemacht, den Mordfall zügig aufzuklären. Das EU-Parlament kündigte Ende November an, die Rechtsstaatlichkeit in dem Mittelmeerland zu überprüfen.
Die drei mutmaßlichen Bombenleger stehen derzeit vor Gericht. Als mutmaßlicher Drahtzieher wurde im November der schwerreiche Geschäftsmann Yorgan Fenech festgenommen und angeklagt. Caruana Galizia und weitere Journalisten hatten ihn bezichtigt, Bestechungsgelder an Muscats Stabschef Keith Schembri und den damaligen Energie- und späteren Tourismusminister Konrad Mizzi bezahlt zu haben. Beide traten im November zurück.
Muscat gratulierte nun Abela nach dessen Sieg. Er schrieb in der Nacht zu Sonntag auf dem Nachrichtendienst Twitter, er sei stolz, seinem Nachfolger das Büro des Premiers zu übergeben.
Im Zusammenhang mit dem Mordfall an Caruana Galizia hatte Abela Partei für Kritiker ergriffen, die das Land in einer Krise sahen. Abela hat im Wahlkampf angekündigt, sich stark im sozialen Bereich für die rund 500.000 Einwohner Maltas zu engagieren, etwa für bezahlbare Wohnungen.