"We love Manchester": Solche Schilder hängen in vielen Schaufenstern der nordenglischen Stadt. Sie sind eine Liebeserklärung - aber an diesem Tag auch eine Erklärung des Widerstandes, des Nicht-Aufgeben-Wollens. 22 Menschen, darunter Kinder und Jugendliche, riss der Attentäter vom Montagabend mit in den Tod. Die Trauer scheint grenzenlos.
Viele Menschen in der Stadt glauben, dass diese Tragödie Spuren in Manchester hinterlassen wird. Sie hätten nicht gedacht, dass so etwas gerade hier passieren könnte. Aber sie wollen eben auch nicht verzweifeln, diesen Triumph den Terroristen nicht gönnen.
Hier sind zwölf Bewohner, die ihre Eindrücke aus Manchester am Tag nach dem Mordanschlag schildern.
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Emma, 18, aus Manchester: "Einige meiner Freunde waren auf dem Konzert, eine Freundin sagte, Leute seien über sie getrampelt, aber es geht ihnen allen gut. Wir waren heute Morgen an der Uni, jetzt gehen wir shoppen. Man kann nicht aufhören zu leben."
Joshua, 22, aus Manchester: "Ich habe nicht mit einem Anschlag gerechnet, obwohl uns ständig erzählt wird, dass wir damit rechnen müssen. Die Leute sind beunruhigt, die Stadt ist nicht so belebt wie sonst. Als ich heute Morgen in die Stadt fuhr, haben mir mehrere Leute abgeraten. Als das Arndale-Einkaufszentrum geräumt wurde, hatte ich sofort meine Mutter am Telefon. Aber ich bin froh, dass die Stadt zusammenhält. Jeder hat Zimmer angeboten, Taxifahrer haben Leute kostenlos mitgenommen. Darum liebe ich diese Stadt so sehr. Wir sind Briten, wir halten durch. Wir ändern nicht unser Leben."
Emily, 21, aus Manchester: "Ich wollte eigentlich mit einer Freundin zum Konzert, aber dann kam bei ihr ein Urlaub dazwischen. Also sind wir nicht gegangen. Ich wohne um die Ecke von der Arena und habe die Explosion gehört. Ich habe mir erst nichts dabei gedacht, auch nicht, als die Ambulanzen eintrafen. In der Gegend sind ständig Sirenen zu hören. Aber dann kamen die SMS, Freunde fragten, ob ich okay sei. Ich bin gleich auf Social Media und habe selbst Freunde angeschrieben. Ariana Grande ist eine Ikone in der LGBT-Community, und ich habe viele Freunde da. Es ist wirklich herzzerreißend, dass das hier passiert ist."
Owen, 34, aus Manchester: "Ich kenne eine Menge Leute, die bei dem Konzert waren. Mehrere Mitarbeiter meiner Bar in der Canal Street. Ich hatte auch selbst drüber nachgedacht hinzugehen. Zum Glück ist ihnen nichts passiert. Das war wohl wieder ein durchgeknallter Einzeltäter, irgendein Verrückter. Und die Medien tun ihm den Gefallen und machen das ganz groß. Wir sollten einfach cool bleiben und unser Leben weiter leben."
Abdullah, 19, aus Manchester: "Es ist echt beängstigend. Solche Sachen passieren in den Nachrichten, aber nicht in deiner Stadt. Ich habe keine Angst, aber ich glaube, andere schon. Ich wäre nie auf das Konzert gegangen, das ist nicht meine Musik, die ist eher für Mädchen."
Rhianne, 18, aus Manchester: "Ich habe heute morgen nach dem Aufstehen von dem Anschlag erfahren. Meine Mutter hat geweint, mein Vater war in sich gekehrt. Es hätte mich treffen können oder meine kleine Schwester. Ich kenne mehrere Leute, die auf das Konzert wollten. Die Stimmung in Manchester ist schon ziemlich heavy. Die Stadt hat aber ein gutes Gemeinschaftsgefühl. Man spürt, dass etwas passiert ist."
Aaron, 32, aus Manchester: "Als ich heute die Nachrichten gehört habe, war ich schockiert. Ich wollte hier in die Stadt kommen, um mir ein Bild zu machen. Es fühlt sich anders an, leerer als sonst. Die Polizei hat gesagt, man solle das Zentrum meiden, und viele haben sich offenbar daran gehalten. Auch viele Läden sind zu. Man spürt, dass viele Leute betroffen sind. Es ist wie ein schlechter Traum."
Chloe, 18, aus Manchester: "Es ist furchtbar. So etwas Kindern anzutun, ist nicht richtig. Ich hätte nie gedacht, dass das hier in Manchester passiert. Solche Dinge passieren in London. Als ich die Hubschrauber kreisen hörte, dachte ich, oh mein Gott, das ist real. Ich kann es immer noch nicht ganz glauben."
Ayax, 18, aus Manchester: "Meine Familie ist aus Somalia hergezogen, als ich zehn war. Wir sind weggegangen, um den Bomben zu entkommen. Wir wollten Sicherheit und ein friedliches Leben. Und jetzt geht hier eine Bombe hoch. Das verändert unsere Sicht auf das Land. Irgendwann werde ich sterben, aber ich will nicht durch eine Bombe sterben. Es sollte die Leute wütend machen, dass hier eine Bombe hochgeht."
Paolo, 30, Italiener, seit 5 Jahren in Manchester: "Ich stand am Dienstagvormittag in meinem Handy-Laden im Arndale-Einkaufszentrum, als plötzlich Leute auf mich zu rannten. Sie schrien, alle sollten raus. Auch die Security-Leute haben gebrüllt. Ich habe alles liegen lassen und bin einfach mitgerannt. Draußen habe ich einen Polizisten gefragt, was eigentlich los ist. Er sagte, man habe eine verdächtige Tasche gefunden. Am Ende war es wohl nichts. Wir proben die Evakuierung des Einkaufszentrums zweimal im Jahr, aber den Ernstfall habe ich noch nie erlebt. Ich hatte große Angst, dass noch etwas passiert nach dem Anschlag gestern Abend."
Ben, 20, aus Manchester: "Ich bin schockiert. Der Anschlag ging mir sehr nahe. Ich bin stolz auf meine Stadt, alle helfen sich gegenseitig. Ich bin heute in die Stadt gekommen, um Fotos für meinen Instagram-Account zu machen. Ich will der Welt zeigen, dass wir immer noch lächeln."
Jonathan, 36, aus Manchester: "Es ist schockierend, so viele Kinder. Das ist pure Brutalität, diese Menschen kennen wirklich keine Grenzen. Ich habe selbst ein zweieinhalbjähriges Kind zu Hause. Ich kann mir vorstellen, was andere Eltern fühlen. Ich bin etwas besorgt, aber wie sagt man: Lasst sie nicht gewinnen."