Marjorie Taylor Greene
Showdown um Trumps Verschwörungsanhängerin
Sie verbreitet QAnon-Unsinn, leugnete Schulmassaker und pöbelt gegen die eigene Parteispitze: Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene spaltet die Republikaner. Nun könnte sie wichtige Posten verlieren.
Marjorie Taylor Greene (am 12. Januar): Auch in den eigenen Reihen umstritten
Foto: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS / AFP
Eine Personalie immerhin war am Mittwochabend schon geklärt: Liz Cheney bleibt die Nummer drei der US-Republikaner im Repräsentantenhaus. Sie hatte mit neun weiteren Abgeordneten ihrer Partei für das zweite Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump gestimmt – und dafür scharfe Kritik aus Teilen der eigenen Partei kassiert. Eine Abstimmung über ihren Posten gewann sie nun deutlich. Doch eine andere Personalfrage bleibt ungeklärt und offenbart einen Machtkampf in den Reihen der konservativen Partei: Wie soll man mit Marjorie Taylor Greene umgehen?
Der Minderheitsführer der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hat die Degradierung der als Anhängerin von Verschwörungsmythen bekannten Abgeordneten am Abend abgelehnt. Die Forderung der Demokraten, die neu gewählte Volksvertreterin von Ausschüssen des Parlaments auszuschließen, lenke nur von der Arbeit für das amerikanische Volk ab, erklärte McCarthy.
DER SPIEGEL
Gleichwohl stünden frühere Äußerungen Greenes und von ihr unterstützte Aussagen Dritter zu Themen wie Gewalt als Mittel der Politik und zu antisemitischen Verschwörungsmythen im Widerspruch zu den Werten der Republikaner im Parlament, erklärte McCarthy. »Ich verurteile diese Äußerungen bedingungslos.«
Das Parlament verurteile auch den Verschwörungsmythos QAnon, so McCarthy weiter. Greene – die erst seit Anfang Januar im Parlament sitzt – habe eingesehen, dass sie als Abgeordnete eine größere Verantwortung trage. Bestrafen könne man sie nicht für Aussagen vor ihrer Wahl ins Amt.
Die demokratische Partei bleibt bei ihrem harten Kurs
Den Demokraten dürfte McCarthys Ermahnung nicht ausreichen. Sie wollen bereits am Donnerstag im Plenum eine Abstimmung herbeiführen, um Greene aus den Ausschüssen für Bildung und Arbeit sowie aus dem Haushaltsausschuss zu werfen. Ein solcher Schritt wäre höchst ungewöhnlich. Normalerweise obliegt es der eigenen Partei, Mitglieder aus Gremien zu entfernen.
Die Demokraten, die in der Parlamentskammer die Mehrheit haben, können diesen Schritt aber erzwingen – und werden dies auch tun. McCarthy nannte das Vorgehen der Demokraten in einer ersten Reaktion dann auch wenig diplomatisch »eine parteiische Machtergreifung«.
Für die Republikaner bedeutet die Personalie Greene ein erhebliches Dilemma. Bekennen sie sich weiter öffentlich zu der Skandal-Abgeordneten, könnte dies für den weiteren Kurs der Partei eine beunruhigende Tendenz liefern. Andererseits finden manche ihrer Aussagen in der Parteibasis durchaus Rückhalt. Seit der empfindlichen Wahlniederlage im November und dem Ende der Ära Donald Trump ringt die Partei um Richtung. Und Greene konnte sich zuletzt unter anderem der Unterstützung durch Trump sicher sein. In ihrem Fall geraten nun die beiden Lager in der Partei – pro-Trump und post-Trump – offen aneinander.
QAnon, Schulmassaker und Likes für Mordaufrufe
Die 46-jährige Abgeordnete aus dem Bundesstaat Georgia gilt als glühende Anhängerin des 45. Präsidenten und Sprachrohr für rechtes Gedankengut. Sie soll unter anderem die Anschläge vom 11. September 2001 infrage gestellt haben und unterstützt den QAnon-Verschwörungsmythos. Dessen Anhänger glauben, dass Trump systematischen Kindesmissbrauch durch satanistische Politiker der US-Demokraten aufzudecken versuchte. Auf ihrer Facebook-Seite hat Greene den Eindruck erweckt, sie heiße die Idee gut, hochrangige Demokraten wie Nancy Pelosi ermorden zu lassen.
Wiederholt hatte sie außerdem in Zweifel gezogen, ob verschiedene Schulmassaker in den USA tatsächlich stattgefunden hätten. Auch dies spiegelt Verschwörungstheorien aus den dunklen Ecken des Internets wider. Dass sie nun unter anderem ausgerechnet in einem Komitee mitwirken soll, das sich um das Bildungswesen des Landes kümmert, hatte erhebliche Fragen aufgeworfen.
Offene Attacke von McConnell – und die klare Antwort
Wegen ihrer Aussagen ist Greene selbst innerhalb der eigenen Partei sehr umstritten. Jüngst hatte etwa deren einflussreicher Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gewarnt: »Verrückte Lügen und Verschwörungstheorien sind ein Krebsgeschwür für die Republikanische Partei und unser Land.« Er nannte Greene dabei zwar nicht namentlich, die Adressatin seiner Worte schien aber klar. Mit seinen unerwartet scharfen Aussagen dürfte McConnell auch versucht haben, Druck auf einen Parteikollegen von McCarthy aufzubauen. Geholfen hat es wenig, wie der gestrige Abend gezeigt hat.
Greene revanchierte sich im Übrigen umgehend auf Twitter und erklärte in Richtung McConnell: »Der wahre Krebs für die Republikanische Partei sind schwache Republikaner.« Greene hat in den vergangenen Tagen, nachdem sie zunehmend unter Druck geraten war, nach eigenen Angaben Hunderttausende US-Dollar an Spenden eingesammelt.