Marschallinseln gegen Atommächte "Für Tausende Jahre unbewohnbar"

Ganze Inseln sind bei Atomwaffentests "verdampft": Die Regierung der Marshallinseln wirft mehreren Staaten vor, gegen ein internationales Abrüstungsgebot zu verstoßen. Nun beginnt ein erstes Gerichtsverfahren.
Atomwaffenversuch auf dem Bikini-Atoll (1946)

Atomwaffenversuch auf dem Bikini-Atoll (1946)

Foto: HANDOUT/ REUTERS

"Die Marshallinseln gegen Indien" - unter dieser Überschrift begann am Montagmittag in Den Haag die erste von drei gerichtlichen Anhörungen wegen diverser Atomwaffentests in den Vierziger- und Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts.

Der Vertreter der Regierung der Marshallinseln nutzte den ersten Verhandlungstag vor dem Internationalen Gerichtshof der Uno dazu, vor den verheerenden Folgen eines nuklearen Wettrüstens zu warnen.

Durch Atombombentests seien mehrere Inseln seines Landes zerstört und einige davon sprichwörtlich "verdampft" worden, sagte Regierungsvertreter Tony deBrum. "Andere sind für Tausende Jahre unbewohnbar."

Der kleine Pazifikstaat strengt vor dem Gericht einen Prozess gegen mehrere Atommächte an. Die Marshallinseln sehen Indien, Großbritannien und Pakistan sowie auch alle weiteren Atomwaffenstaaten in der Pflicht, an Abrüstungsverhandlungen teilzunehmen.

Marshallinseln: 67 Nukleartests in zwölf Jahren

Indien arbeite stattdessen "an der Vergrößerung und der Verbesserung seines Atomwaffenarsenals", sagte deBrum am Montag. Der Gerichtshof in Den Haag prüft nun in den kommenden Tagen, ob es die Klagen gegen Neu Delhi, London und Islamabad weiter verfolgt.

DeBrum erinnerte bei der Anhörung unter anderem an die Explosion der US-Wasserstoffbombe "Castle Bravo" im Jahr 1954, die er damals als kleiner Junge aus 200 Kilometern Entfernung miterlebt habe. "Der ganze Himmel färbte sich blutrot", sagte deBrum.

Die Bombe hatte eine Sprengkraft von 15 Megatonnen - und damit die tausendfache Wirkung des Atombombenabwurfs auf Hiroshima im Zweiten Weltkrieg. "Viele starben, erlitten Missbildungen oder erkrankten an Krebs", wirft deBrum den Militärs vor, die damals die Bombentests durchführten.

Nach Regierungsangaben der Marshallinseln nahmen die USA zwischen 1946 und 1958 insgesamt 67 Atomwaffentests im Hoheitsgebiet des Inselstaats vor. Teile des Bikini-Atolls, das zu den Marshallinseln gehört, sind bis heute unbewohnbar.

cht/AFP/AP
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