Massendemo in Kairo Zehntausende protestieren gegen Ägyptens Militär

Demonstranten in Kairo: "Nieder mit der Macht des Militärs"
Foto: Khaled Elfiqi/ dpaKairo - Hunderttausende Islamisten haben am Freitag in Ägypten gegen die vorgeschlagenen Verfassungsleitlinien der Übergangsregierung protestiert. Die Regeln für eine neue Verfassung sollen unter anderem die Macht des Militärs absichern, eine Diskriminierung von Frauen und Christen verhindern und die Begrenzung von Amtszeiten garantieren. Die Demonstranten forderten dagegen, der Militärrat müsse spätestens im kommenden Mai die Macht an Zivilisten übergeben.
In dem Plan der Regierung heißt es, das Militär sei der Garant der "konstitutionellen Ordnung". Das deutete nach Ansicht von Kritikern darauf hin, dass das Militär das letzte Wort in politischen Fragen bekommen soll.
Die meisten Demonstranten gehörten der islamistischen Muslimbruderschaft an. Diese war zu Zeiten des langjährigen Staatschefs Husni Mubarak verboten. Die Muslimbruderschaft hatte es bisher eine Konfrontation mit der Übergangsregierung des Militärs vermieden. Nun drohte die Bruderschaft jedoch mit weiteren Protesten, wenn die Pläne der Militärs, ihre Macht zu zementieren, nicht aufgegeben würden.
"Es kann nicht die Aufgabe des Militärs sein, über die Menschen zu herrschen", sagte Hani Hegazi von der Muslimbruderschaft während der Kundgebung. "Die einzige Aufgabe des Militärs ist die Landesverteidigung. Wir wollen eine zivile Regierung, die demokratisch legitimiert ist." Auf Transparenten war zu lesen: "Nieder mit der Macht des Militärs" und "Ägypten gehört uns und ist keine Kaserne". Einige Demonstranten schwenkten die ägyptische Flagge´.
Neues Parlament wird in drei Phasen gewählt
Auf die Straße gingen aber auch radikale Islamisten der Salafisten-Bewegung und der Gamaat Islamija. Salafisten forderten auf Spruchbändern, der Koran solle zur Verfassung erklärt werden. Auch einige Angehörige linker und liberaler Gruppen schlossen sich den Protestierenden an. Sie wollen vor allem verhindern, dass die Armeeführung, die nach der Entmachtung Mubaraks im Februar die Macht übernommen hatte, nach der Wahl neuer Volksvertreter weiter die Zügel in der Hand behält.
Die Eingänge zu dem Platz, auf dem Anfang des Jahres die Massenproteste gegen Mubarak stattgefunden hatten, wurden von den Muslimbrüdern kontrolliert. Scheich Mazhar Schahin, der Prediger der direkt am Tahrir-Platz gelegenen Omar-Makram-Moschee, sagte in seiner Freitagspredigt: "Die Ägypter werden den Tahrir-Platz erst verlassen, wenn alle Forderungen der Revolution erfüllt sind." Niemand müsse vor den Islamisten Angst haben. Außerdem warf er der US-Regierung und Israel Einmischung in die Angelegenheiten Ägyptens vor.
In Ägypten wird vom 28. November an in drei Phasen ein neues Parlament gewählt. Anschließend soll das Land eine neue Verfassung erhalten. Die Islamisten, die sich bei dem Urnengang gute Chancen ausrechnen, wollen bei diesem Prozess keine Beschränkungen akzeptieren.
Am Donnerstagabend hatte ein Schlägertrupp in Kairo christliche Demonstranten attackiert und 29 von ihnen verletzt. Die Angreifer waren mit Steinen auf die koptischen Christen losgegangen, die gegen die in Ägypten übliche Praxis demonstrieren wollten, Zivilisten vor Militärgerichten den Prozess zu machen.