Demos am 1. Mai Hunderttausende protestieren gegen Sparpolitik

Demos am 1. Mai: Hunderttausende protestieren gegen Sparpolitik
Foto: ARIS MESSINIS/ AFPHamburg - Tag der Arbeit, Zeit für Protest: Hunderttausende Menschen in Europa haben gegen die Sparmaßnahmen ihrer Regierungen und für mehr Arbeitsplätze demonstriert. In der griechischen Hauptstadt Athen sowie in Thessaloniki gingen nach Polizeiangaben insgesamt rund 13.000 Menschen auf die Straße, darunter überwiegend Kommunisten.
Zudem wurde in mehreren Sektoren des Landes die Arbeit niedergelegt. Fähren blieben im Hafen, Busse und Bahnen in ihren Depots. Auch Mitarbeiter von Banken und Krankenhäusern schlossen sich dem Ausstand an, der von den beiden größten Gewerkschaften des Landes ausgerufen worden war. "Unsere Botschaft ist klar", sagte Ilias Iliopoulos von der Gewerkschaft für den Öffentlichen Dienst: "Wir haben genug von dieser Politik, die nur die Menschen trifft und sie ärmer macht."
In Spaniens Hauptstadt Madrid zogen ebenfalls Tausende Demonstranten durch die Straßen. Angesichts einer auf 27 Prozent gestiegenen Arbeitslosenquote und des rigiden Sparkurses der Regierung hatten die Gewerkschaften zu den Protesten aufgerufen. "6.200.000 Arbeitslose, nein zur Sparpolitik" und "Mehr Demokratie, weniger Sparpolitik", hieß es auf Spruchbändern.

Auch in Deutschland forderten Gewerkschafter ein Ende des Sparkurses. DGB-Chef Michael Sommer appellierte bei der zentralen Kundgebung in München an die Bundesregierung, nicht nur auf Ausgabenkürzungen in den betroffenen Staaten zu setzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel warf er vor, Europa einem "Spardiktat" zu unterwerfen. "Dieser Kontinent darf nicht kaputtgespart werden. Wer Europa retten will, muss ökonomisch durchstarten und die Sozialstaaten stabilisieren."
IG-Metall-Chef Berthold Huber forderte ein Investitionsprogramm für Europa: "Es ist menschenverachtend, wenn weiter auf dem Rücken der Arbeitslosen, der Kranken und Alten gekürzt wird." Mehr als 400.000 Menschen nahmen bundesweit an Kundgebungen für mehr soziale Gerechtigkeit teil.
Zürich gegen die "Abzocker"
In Portugal prangerte der größte Gewerkschaftsdachverband CGTP die Sparpolitik der Regierung an und rief unter dem Motto "Gegen die Verarmung, für ein besseres Leben: Eine neue Politik und eine neue Regierung" zu Protesten in mehr als 40 Städten auf.
In Zürich versammelten sich rund 13.000 Anhänger linker Gruppen und Gewerkschaften zur traditionellen Demonstration am 1. Mai. Auf Transparenten waren Forderungen wie "faire Löhne und bessere Renten" oder "Abzocker stoppen" zu lesen.
In Italien schlugen die Gewerkschaften bei einer großen nationalen Kundgebung in Perugia Alarm. "Ohne Arbeit stirbt das Land, und dieses Land kann nicht sterben", sagte die Chefin der größten italienischen Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso. Viele Politiker forderten von der neuen Regierung, konsequent gegen die Arbeitslosigkeit vorzugehen.
In Frankreich folgten Tausende Menschen dem Aufruf der Gewerkschaften zu Demonstrationen in Lyon, Marseille und Toulouse. In Paris versammelte die rechtsextreme Partei Front national Tausende Menschen zu einem Protestzug gegen den sozialistischen Präsidenten François Hollande und die sich verschärfende Wirtschaftskrise im Land.
Hollande sagte, er wolle "den Kampf für Arbeitsplätze gewinnen". Dies sei "das einzige Ziel" seiner Regierung. Frankreich hatte im März eine Rekordarbeitslosenzahl von mehr als 3,2 Millionen verzeichnet.
Krawalle in Istanbul
Auch außerhalb Europas gingen Menschen am Tag der Arbeit auf die Straße. In Istanbul ist die türkische Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen. In mehreren Stadtvierteln rund um den zentralen Taksim-Platz habe es Zusammenstöße gegeben, berichteten Augenzeugen. Demonstranten warfen Steine auf die Polizei. Der öffentliche Personennahverkehr war weitgehend eingestellt.
Nach mehreren Jahren überwiegend friedlicher Mai-Kundgebungen hatten die Behörden eine von Gewerkschaften und Oppositionsgruppen geforderte Großveranstaltung auf dem Taksim-Platz untersagt. Dies wurde mit Sicherheitsbedenken begründet, weil der Platz seit Monaten eine Großbaustelle ist. Der Platz war am Morgen weiträumig abgesperrt.
In Moskau nahmen Zehntausende an einer Großdemonstration teil, die von der Kreml-treuen Gesamtrussischen Volksfront unterstützt wurde. Unter dem Motto "Für Gerechtigkeit" marschierten sie durch das Zentrum der russischen Hauptstadt. Bei einer Kundgebung mit Kommunistenführer Gennadi Sjuganow hieß es auf Plakaten: "Die Ideen von Marx, Engels, Lenin und Stalin leben und werden siegen." In St. Petersburg beteiligten sich 200.000 Menschen an einer Kundgebung.