Merkel und Putin beim D-Day Ein kurzer Handschlag - und ein ernstes Gespräch
Deauville - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Rande der D-Day-Gedenkfeiern in der Normandie mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengekommen. Beide wollten am Freitag im französischen Deauville beim ersten persönlichen Treffen seit Beginn der Ukraine-Krise über Wege zur Wiederannäherung beraten. Das Gespräch endete nach gut einer Stunde.
Zur Begrüßung gaben sich Merkel und Putin kurz die Hand, die Atmosphäre wirkte kühl. Die Politiker saßen vor den Flaggen beider Länder an einem Tisch relativ weit voneinander entfernt.
Thema des Gesprächs sei ausschließlich die Ukraine-Krise gewesen, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow laut der Agentur Interfax. Dabei hätten die Meinungsverschiedenheiten im Mittelpunkt gestanden. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte der Staatsagentur Itar-Tass, beide Seiten hätten nach Kompromissen gesucht.
Merkel soll Putin aufgefordert haben, alles in seiner Macht stehende zu tun, "um eine Stabilisierung der Lage insbesondere in der Ostukraine zu erreichen", teilte die Bundesregierung nach dem Gespräch mit. Russland müsse seiner "großen Verantwortung" dabei gerecht werden.
Nach russischen Angaben sollte bei dem Gespräch in Deauville ein Plan auf dem Tisch liegen, um die schwerste Sicherheitskrise in Europa nach Ende des Kalten Krieges zu entschärfen. Aus deutschen Regierungskreisen war dies zunächst nicht bestätigt worden.
"Gefährliche Denkmuster"
Beobachter hatten erwartet, dass Merkel an ihrem Kurs festhält und deutlich macht, dass der Westen zu weiteren Sanktionen bereit ist, falls der Kreml-Chef in der Ukraine-Krise nicht einlenkt. Das hatten auch die G7-Staaten bei ihrem Treffen am Donnerstag in Brüssel vereinbart.
Merkel hatte in den vergangenen Wochen regelmäßig mit Putin telefoniert. In einem Gastbeitrag warnte die Kanzlerin am Freitag zudem vor einem Rückfall in alte Denkmuster in den internationalen Beziehungen. "Wie schnell Frieden und Freiheit infrage stehen können, führt uns der Konflikt in der Ukraine schmerzlich vor Augen. Die Sorge vor neuen Gräben und Trennlinien ist groß", schrieb Merkel in der französischen Zeitung "Ouest France". "Dennoch erfahren wir in diesen Wochen, dass alte, gefährliche Denkmuster keineswegs zur Gänze in die Geschichtsbücher verbannt wurden."
Zeitgleich zum Treffen Merkels und Putins gedachten US-Präsident Barack Obama und Frankreichs Staatsoberhaupt François Hollande der Toten bei der Landung der Alliierten in der Normandie vor 70 Jahren. Bei seiner Gedenkrede vermied Obama jede Anspielung auf die Ukraine-Krise.
Am Nachmittag wollen auf Einladung von Hollande Staats- und Regierungschefs aus rund 20 Ländern in Ouistreham zu einer zentralen Gedenkfeier zusammenkommen - unter den Gästen sind auch Putin und Merkel.
Putin hatte sich bereits am Donnerstagabend mit Hollande im Pariser Elysée-Palast zu einem Abendessen getroffen. Der dabei ebenfalls anwesende französische Außenminister Laurent Fabius berichtete nun dem Radiosender RTL, Hollande habe Putin auf die Möglichkeit eines Waffenstillstands in der Ukraine angesprochen. Putin habe eingeräumt, dass er möglicherweise einen "gewissen Einfluss" auf die prorussischen Separatisten in Teilen der Ukraine hat, so Fabius. Er habe aber auch gesagt, dieser Einfluss sei begrenzt.