Flug MH17 Russischer Bericht räumt Abschuss durch Buk-Rakete ein

Wrackteil von Flug MH17: "Es war eine Buk"
Foto: MAXIM ZMEYEV/ REUTERSBeim Abschuss der Boeing 777 der Malaysia Airlines waren am 17. Juli 2014 alle 298 Personen an Bord getötet worden. Die Maschine befand sich auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie über der Ostukraine attackiert wurde.
Auf vier Seiten veröffentlicht die "Nowaja Gaseta" nun einen ausführlichen Untersuchungsbericht, der die bisherige Theorie entkräftet. Man habe die Schrapnell-Teile identifiziert, die das Flugzeug zerfetzten. Es sei gelungen, sie "eindeutig dem Gefechtskopf-Typ 9H314M" zuzuordnen. Hinter dem Kürzel verbirgt sich der Sprengkopf einer Buk-M-Rakete.
Nach Angaben der Zeitung stammt die Expertise aus offizieller Feder: Die Rede ist von russischen Ingenieuren aus den Reihen des "militärisch-industriellen Komplexes, darunter die Entwicklungseinheit, die die Buk produziert". Namentlich werden die Autoren gleichwohl nicht genannt. Sie wollten den Bericht aber an die Niederlande übersenden, wo der Fall derzeit untersucht wird.
Allerdings weist auch der neue Bericht die Schuld für den Abschuss wieder allein der Ukraine zu. Die Rakete sei nicht wie vom Westen behauptet von den prorussischen Separatisten abgeschossen worden, sondern aus einer ukrainischen Stellung.
Die Veröffentlichung legt den Schluss nahe, dass der Kreml in dem Propaganda-Gezerre um den Abschuss eine Kurskorrektur vornimmt. Angesicht der erdrückenden Indizienlage wirkte Moskaus Standpunkt, die Maschine sei von einem Kampfjet abgeschossen worden, immer unglaubwürdiger. "Im Kreml hat man sich entschieden, sich auf eine neue Verteidigungslinie zurückzuziehen", kommentiert der Moskauer Publizist Sergej Parchomenko die Veröffentlichung.

Flugzeugabsturz in der Ukraine: Das tragische Ende von Flug MH17
Bisher hatte sich die russische Propaganda - vor allem unmittelbar nach dem Abschuss - auf wilde Verschwörungstheorien konzentriert. Einige Beispiele:
- Nach der Tragödie zitierten Moskauer Medien einen angeblich spanischen Fluglotsen, dessen Angaben auf einen Abschuss durch Kiewer Militärs hindeuten sollten. Der Mann entpuppte sich als Erfindung.
- Die von Moskau unterstützen Separatisten behaupteten wiederum, die Menschen an Bord von MH17 seien bereits vor dem Start tot gewesen.
- Das russische Verteidigungsministerium hatte suggeriert, ukrainische Kampfflugzeuge des Typs Su-25 hätten die Boeing abgeschossen. Das Boulevardblatt "Komsomolskaja Prawda" wollte sogar einen Zeugen dafür ausfindig gemacht haben, angeblich einen ukrainischen Piloten.
- Der Auslandssender Russia Today war sich sicher, MH17 sei durch die Salve einer Bordkanone eines ukrainischen Jets abgeschossen worden.
- Im Dezember veröffentlichte Russlands Erster Kanal angeblich sensationelle Satelliten-Bilder, die den Angriff in der Luft zeigen sollten. Sie wurden von Bloggern als Photoshop-Fälschung entlarvt.
Nun also offenbar die Wende in Moskaus Informationspolitik. Journalist Parchomenko glaubt, Russland wolle sich absichern, bevor die offiziellen Untersuchungen in den Niederlanden die bisherigen Kreml-Varianten endgültig zerpflückten. Dann könne Moskau gegenüber den eigenen Bürgern wenigstens behaupten: "Ja, es war unsere Buk, aber gelenkt haben verdammte Ukrainer", so Parchomenko.
Die Schrapnell-Schäden am Flugzeug behandelt der Bericht detailliert. Die Indizien für einen angeblichen Abschuss durch eine ukrainische Flugabwehr-Batterie finden sich dagegen kaum. Die Rede ist von einer mutmaßlichen Stellung der Ukrainer nahe des Dorfes Saroschenskoje, einige Kilometer südlich der Absturzstelle. Als vermeintlichen Beweis veröffentlicht die "Nowaja Gaseta" eine Satellitenaufnahme. Sie soll angeblich Saroschenskoje zeigen und eine ukrainische Buk-Batterie, ist aber verwackelt.
Dagegen sei ein Raketenstart bei Snischnoje - einer von Separatisten kontrollierten Ortschaft - "ausgeschlossen", heißt es in dem Bericht. Das Flugverhalten der Buk spreche dagegen.
Genau auf diese Version, einen Abschuss von Separatistengebiet, weisen jedoch Aussagen von Anwohnern hin. Sie hatten nach dem Abschuss gegenüber westlichen Medien von einem Raketenstart nahe Snischnoje berichtet.