US-Medienberichte
Pence lehnt Amtsenthebung Trumps offenbar ab
Nach dem Sturm auf das US-Kapitol werden die Rufe nach einer vorzeitigen Amtsenthebung Donald Trumps immer lauter. Daraus wird offenbar aber nichts: Vizepräsident Mike Pence will laut Berichten nicht so weit gehen.
Mike Pence: Laut »Business Insider« und »New York Times« will der US-Vizepräsident nicht, dass Donald Trump seines Amtes enthoben wird
Foto: ERIN SCHAFF / AFP
US-Vizepräsident Mike Pence lehnt es nach übereinstimmenden Berichten der Zeitungen »Business Insider« und »New York Times« ab, US-Präsident Donald Trump unter Berufung auf den 25. Verfassungszusatz des Amtes zu entheben.
Demokraten und einige Republikaner hatten Pence nach dem Sturm von Hunderten Trump-Anhängern auf das Kongressgebäude aufgefordert, den abgewählten Präsidenten weniger als zwei Wochen vor seinem Ausscheiden aus dem Amt von seinen Befugnissen zu entbinden. Wann Pence den Kongress über seinen Widerstand gegen dieses Vorhaben informieren will, ist nach Angaben der »New York Times« nicht bekannt. Der Vizepräsident wird demnach von mehreren Kabinettsmitgliedern Trumps unterstützt.
Der 25. Zusatzartikel zur Verfassung gilt seit 1967 und regelt die vorzeitige Amtsnachfolge einer Präsidentschaft. Demnach kann der Vizepräsident übernehmen, wenn der amtierende Präsident nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuüben. Also etwa im Fall des Rücktritts, einer Amtsenthebung oder des Todes, aber auch für den Fall einer dauerhaften oder nur vorübergehenden Amtsunfähigkeit.
Absatz 4 kam noch nie zur Anwendung
Die Rufe nach einer Entmachtung Trumps auf diesem Wege beziehen sich auf Absatz 4. Er regelt eine Übertragung der Amtsgeschäfte für den Fall, dass ein Präsident die Amtsunfähigkeit nicht selbst erklären kann, weil er zum Beispiel im Koma liegt, oder nicht erklären will, etwa unter dem Einfluss einer psychischen Erkrankung.
Der Vizepräsident und die Mehrheit des Kabinetts oder eines anderen vom Kongress bestimmten Gremiums können den Spitzen des Kongresses schriftlich erklären, dass der Präsident sein Amt nicht mehr ausüben kann. Dann übernimmt der Vizepräsident die Geschäfte. Der Präsident kann seiner Amtsunfähigkeit aber widersprechen. Bleiben Vize und Kabinett bei ihrer Feststellung, muss der Kongress innerhalb weniger Wochen die Amtsunfähigkeit mit Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern bestätigen. Absatz 4 kam noch nie zur Anwendung. (Weitere Hintergrundinformationen zu einer Amtsenthebung finden Sie hier.)
Die Amtszeit von Donald Trump endet offiziell am 20. Januar. Der Kongress hatte in der Nacht zum Donnerstag, nachdem er seine Sitzung wegen der Randale vorübergehend hatte unterbrechen müssen, den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl im November formell bestätigt.
Trump-Unterstützer waren gewaltsam in das Kapitol eingedrungen. Sie zerschlugen Fenster und besetzten Räume. Wegen der Randale mussten die Parlamentarier von der Polizei in Sicherheit gebracht werden. Eine Frau wurde bei den Ausschreitungen von der Polizei im Kapitol erschossen.
Trump hatte zuvor bei einer Demonstration in Washington seine Anhängerschaft mit der Wiederholung seiner völlig unbelegten Behauptung angestachelt, bei der von ihm verlorenen Präsidentenwahl im November habe es massive Betrügereien gegeben. Nach der Erstürmung des Kapitols appellierte er dann am Mittwoch zwar an seine randalierenden Anhänger, »nach Hause« zurückzukehren, unterließ zu diesem Zeitpunkt aber noch eine ausdrückliche Verurteilung des Gewaltexzesses.