US-Außenminister Pompeo in Berlin Deutsche "Tornados" sollen Schutzzone in Nordsyrien absichern

"Tornado" der Luftwaffe (Archivbild)
Foto: Carsten Rehder/DPAStrittige Geprächsthemen gibt es reichlich, wenn US-Außenminister Mike Pompeo am Freitag zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt Berlin besucht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) sind daher dankbar, dass sich ausgerechnet in der Unruheregion Nahost ein Thema anbietet, bei dem Deutschland und die USA eng kooperieren könnten.
Es geht um die von den Amerikanern geplante Schutzzone in Nordsyrien. In dem Gebiet sollen die Kurden, die an der Seite der USA gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gekämpft haben, sowohl vor der Türkei als auch vor dem Zugriff des Assad-Regimes geschützt werden. In geheimen Gesprächen hat die Bundesregierung den USA nach SPIEGEL-Informationen in den letzten Monaten bereits signalisiert, dass sie bereit wäre, sich an der Absicherung der Schutzzone militärisch zu beteiligen. Dazu könnte, so hat es Berlin Washington angeboten, die Mission der Bundeswehr in Jordanien verlängert werden.

Mike Pompeo: Bitte um deutsches Engagement
Foto: Pablo Martinez Monsivais / APDas bisherige Mandat läuft noch bis Oktober. Es dient der Bekämpfung der Terrororganisation "Islamischer Staat". Speziell ausgestattete "Tornado"-Jets helfen bei der Aufklärung der durch die USA angeführten Anti-IS-Koalition. Zudem tankt die Luftwaffe die Jets der Koalition über Syrien in der Luft auf. Für die Mission hat die Bundeswehr eine kleine Basis in Jordanien mit dem Namen "Camp Sonic" auf einem Luftwaffenstützpunkt der Jordanier aufgebaut.
Die Amerikaner haben in den vergangenen Monaten ihre Bitte um ein deutsches Engagement mehrfach hinter den Kulissen vorgetragen, erstmals am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar. In einer vertraulichen Runde der zentralen Staaten der Anti-IS-Koalition hatte der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan damals von den US-Plänen für eine Schutzzone berichtet.
Man will die USA nicht schon wieder verprellen
Der Münchner Auftritt von Shanahan war eher robust. Hinter verschlossenen Türen erklärte er in München, die USA wollten ihre Syrien-Aktivitäten so schnell wie möglich zurückfahren, für die Absicherung eines Nachkriegsszenarios seien nun die Europäer in der Pflicht. Nur grob skizzierte Shanahan, dass den USA eine Art Pufferzone zwischen Nordsyrien und der Türkei vorschwebe. Dadurch sollten die Kurden, die an der Seite der USA gegen den IS gekämpft hatten, vor dem Zugriff sowohl der Türkei als auch des Assad-Regimes geschützt werden.
Seit dem Auftritt in München bemüht sich die Bundesregierung um einen konstruktiven Dialog mit Washington. Um nicht wieder als Bremser dazustehen, sind sich Kanzleramt, Außenamt und Verteidigungsministerium nach SPIEGEL-Informationen weitgehend einig, dass man die USA in der Syrien-Frage nicht verprellen sollte. Da für die Regierung eine Entsendung von Bodentruppen jedoch politisch ausgeschlossen ist, kam man auf die Idee, eine mögliche Schutztruppe aus der Luft zu unterstützen. Immerhin stünde dafür in Jordanien bereits Material und Logistik parat.
In den Monaten nach der Sicherheitskonferenz verhandelten die Ministerien deswegen vertraulich weiter. Mitte März versammelten Ursula von der Leyens Politik-Chef Geza Andreas von Geyr und der Politik-Direktor John C. Rood aus dem Pentagon in Berlin strikt vertraulich die anderen Nationen, die bisher an der Anti-IS-Koalition teilnehmen. Sowohl von der Leyen als auch Maas reisten im April nach Washington, um das Thema auf höchster Ebene zu besprechen.

Ursula von der Leyen, Patrick Shanahan - um konstruktiven Dialog bemüht
Foto: Kay Nietfeld/dpaDer Ton wird wieder sachlicher
Über die Monate wurde der Ton der Gespräche immer pragmatischer. Hatte Shanahan in München noch europäische Bodentruppen für Nord-Syrien eingefordert, war bei seinem Gespräch mit von der Leyen im April nur noch von der Fortsetzung der bisherigen Bundeswehrmission die Rede. Ziemlich vage sagte von der Leyen nach dem Gespräch, man wollte in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden, wie jeder Partner der internationalen Koalition "seinen fairen Anteil leisten kann".
Zwar ist noch offen, wie die Bundeswehr die Etablierung der Schutzzone aus der Luft unterstützen kann. Militärs gehen aber davon aus, dass die hochauflösenden Aufklärungsbilder der "Tornados" und die Luftbetankung immer wertvoll für eine zukünftige Koalition wären. Politisch wäre der Einsatz zudem ein Symbol, dass Deutschland sich auch bei heikleren internationalen Missionen nicht verweigert.
Innenpolitisch ist die Idee einer Fortsetzung des Einsatzes allerdings heikel. Da der Krieg gegen den IS in Syrien aus der Luft so gut wie beendet ist, wird die SPD eher auf eine Beendigung des Einsatzes statt auf eine neue Mission an der Seite Washingtons drängen.
Klare Ansage der Sozialdemokraten
Schon bei der letzten Verlängerung des Mandats wackelte die Mehrheit der Koalition, folglich wurde im Text festgeschrieben, dass die Mission spätestens 2019 ausläuft. "Die Bereitstellung von "Tornados" zur luft- und raumgestützten Aufklärung sowie die Luftbetankung werden zum 31. Oktober 2019 beendet", heißt es im Beschluss des Bundestags vom 18. Oktober 2018.
In der CDU wird ein solcher Einsatz indes nicht von vornherein ausgeschlossen. "Wir sollten die Bitte der US-Regierung, bei der Absicherung der geplanten Schutzzone in Nordsyrien zu helfen, wohlwollend prüfen", sagt Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. "Das bestehende Bundeswehrmandat in Jordanien könnte dafür entsprechend angepasst werden."
Die SPD hingegen lehnt eine Verlängerung strikt ab. "Die SPD hat im vergangenen Jahr durchgesetzt, dass der "Tornado"-Einsatz in diesem Herbst ausläuft", sagte der außenpolitische Sprecher Rolf Mützenich. Seine Aussage ist deutlich: "Eine Verlängerung oder eine Anpassung des Mandats kommt aus unserer Sicht nicht infrage."