Billigung für Militärschlag gegen Assad Amerika gewinnt die Arabische Liga

In einem Kraftakt haben internationale Diplomaten die Arabische Liga zu einer deutlichen Positionierung im Syrien-Konflikt gebracht - sie stellen sich gegen Machthaber Assad. Die Araber fordern nicht direkt einen Militärschlag, würden ihn aber hinnehmen.
Rebellenkämpfer in Aleppo: Militärschlag würde gebilligt

Rebellenkämpfer in Aleppo: Militärschlag würde gebilligt

Foto: MUZAFFAR SALMAN/ REUTERS

Verurteilen ja, bestrafen nein - die Linie der Arabischen Liga ist klar: Das Bündnis hat den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien zwar als "abscheuliches Verbrechen" bezeichnet und dem Regime Baschar al-Assad die Schuld für den Gastod Hunderter Menschen gegeben. Doch vom Ruf nach einem von einer westlichen Allianz geplanten Militärschlag gegen Damaskus sahen die Vertreter der arabischen Staaten ab. Stattdessen forderten die Außenminister den Uno-Sicherheitsrat auf, seine "Differenzen beizulegen, damit eindeutige Maßnahmen ergriffen werden können, die den Menschenrechtsverletzungen und dem Völkermord durch das syrische Regime ein Ende setzen". Sie selbst halten sich raus.

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Allein schon dieses Ergebnis stellt einen großen Erfolg für die USA dar. Die Reaktion der Araber mit der klaren Schuldzuweisung gen Assad ist ein Signal: Man will einen Militärschlag zwar nicht selbst fordern, würde ihn aber akzeptieren. US-Regierungsbeamte zeigten sich denn auch hochzufrieden mit dem Ergebnis der Sondersitzung der Arabischen Liga in Kairo, wo die Organisation direkt am Tahrir-Platz ihren Sitz hat.

Die Erklärung der arabischen Außenminister markiere einen "großen Schritt vorwärts" und ebne den Weg für mögliche militärische Aktionen, über die Präsident Barack Obama nun entscheiden müsse, sagte ein Regierungsvertreter der "New York Times". Tagelange aggressive Diplomatie sei vonnöten gewesen, um eine einstimmige Verurteilung und eine eindeutige Schuldzuweisung zu erreichen, so der Beamte. Das jetzige Ergebnis sei "genau das, was nötig war".

Wie schwierig die Überzeugungsarbeit gewesen sein muss, lässt sich erahnen. Üblicherweise wehren sich arabische Staaten schon fast reflexhaft gegen eine Einmischung des Westens in ihre Angelegenheiten.

Arabische Staatschefs müssen zudem die stark antiamerikanischen Gefühle ihrer Bevölkerung berücksichtigen. Viele Araber halten die US-Regierung für arrogant. Auch nehmen sie Washington die Unterstützung für Israel zutiefst übel.

Ein weiterer Punkt: Nicht alle Amtskollegen in der arabischen Welt haben mit Präsident Assad gebrochen. Zwar erkennt ihn die Arabische Liga seit März 2013 nicht mehr als legitimen Präsidenten Syriens an und lässt stattdessen einen Vertreter des Syrischen Nationalrats das Land repräsentieren. Doch gibt es in dem Staatenverband immer noch einige, die auf der Seite Assads stehen:

  • Algerien: Die Parallelen zwischen Syrien und Algerien sind kaum zu übersehen. Hier wie dort herrscht ein Dauerpräsident, der sich durch geschönte Wahlen im Amt bestätigen lässt, einen grausamen Polizeistaat betreibt und die Opposition gewaltsam unterdrückt. An der Herrschaft von Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika gäbe es einiges zu kritisieren - weshalb Algerien einen Präzedenzfall für eine Verurteilung verhindern wollte und "Bedenken" gegen die jetzige Erklärung der Arabischen Liga anmeldete.
  • Irak: Auch der Irak machte "Bedenken" geltend. Die dort herrschende schiitische Regierung fühlt sich dem alawitischen Regime in Damaskus aus religiösen Gründen verbunden. Die Alawiten sind eine Abspaltung des schiitischen Islam. Bagdad sieht sich zudem - ähnlich wie Assad - in einem Krieg gegen sunnitische Extremisten. Tatsächlich operieren einige Qaida-nahe Gruppen inzwischen ebenso in Syrien wie im Irak. Ein Sturz Assads in Syrien würde deren Einfluss auf die Region verstärken. Der Irak will das um jeden Preis verhindern.
  • Libanon: Der Libanon enthielt sich bei der Abstimmung über das Dokument. Die politische Landschaft des Zedernstaats wird von der mit Damaskus verbündeten Schiitenmiliz Hisbollah dominiert. Doch auch westlich orientierte Kräfte im Land sind stark: In Beirut herrscht ein politisches Patt. Seit Monaten gibt es keine Regierung und ergo auch keine Entscheidung für oder gegen eine Verurteilung des Assad-Regimes.

Unter der Führung der Assad-Gegner, allen voran Saudi-Arabien, wurde die Erklärung trotz dieses Widerstands in scharfem Ton formuliert. Das Regime trage die "volle Verantwortung" für den Angriff mit "international verbotenen Chemiewaffen". Die Verantwortlichen seien "Kriegsverbrecher" und müssten vor ein internationales Gericht gestellt werden.

Saudi-Arabiens Außenminister Prinz Saud al-Faisal legte nach der Sitzung noch nach: Assads Regierung habe ihre "arabische Identität verloren", sagte der Prinz. Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen die syrischen Rebellen und könnten sich auch einem Militäreinsatz anschließen. Die sunnitisch dominierten Golfstaaten lehnen den iranisch-schiitischen Machtanspruch in der Region ab.

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