Mord-Video aus dem Irak Sorge um die anderen Geiseln
Berlin - Thomas Hamill hat es geschafft. Nach mehreren Tagen in der Hand von irakischen Entführern nutzte der Truckfahrer aus Macon im Bundesstaat Mississippi seine Chance. In einem unbeobachteten Moment entkam er vor rund einer Woche seinen irakischen Peinigern und konnte sich mit Mühe zu einer US-Einheit flüchten, die in der Nähe des Hauses,, in dem er gefangen gehalten wurde, stationiert war. Als er am vergangenen Wochenende heil zu Hause in den USA ankam, dankte er Gott für seine Freilassung aus der Geiselhaft.
Doch Hamill, der für die US-Firma KBR im Irak arbeitete, war nicht die letzte US-Geisel im Irak. Noch immer sind drei seiner Kollegen in der Gewalt von Entführern, nachdem am 9. April sieben Mitarbeiter der Halliburton-Tochter bei einer Konvoifahrt gekidnappt worden waren. Die Leichen von vier aus den USA stammenden Entführungsopfern wurden mittlerweile gefunden. Neben den Amerikanern befinden sich noch immer drei Italiener und zwei Russen irgendwo im Irak in Geiselhaft. Den Russen soll es laut der Nachrichtenagentur Interfax zwar gut gehen, ihr Aufenthaltsort ist aber unbekannt.
Seit dem Skandal um die Folterungen im Abu Ghureib-Gefängnis war über die Entführungen im Irak kaum noch berichtet worden - auch weil manche der zwischenzeitlich 40 ausländischen Geiseln freigelassen worden waren. Nach dem Auftauchen des Qaida-Videos, das die Ermordung eines privaten US-Geschäftsmannes festhielt, müssen die betroffenen Regierungen nun fürchten, dass auch ihre Landsleute von den Entführern hingerichtet werden könnten. Explizit hatten die Männer auf dem Video die Tötung des 26-jährigen Amerikaners als Rache für die schockierenden Bilder aus dem Gefängnis bei Bagdad bezeichnet.
Genaue Zahlen über die Entführten im Irak gibt er derzeit nicht. Erst kürzlich hatte ein Sprecher der Koalitionstruppen mitgeteilt, das Militär kenne die genaue Anzahl der vermissten Personen momentan nicht. Mitte April hatte der gleiche Sprecher von insgesamt 40 Entführten aus zwölf Länder berichtet. Der Name des von Islamisten ermordeten Nick Berg aus Philadelphia war jedoch vor dem Auffinden seiner Leiche am vergangenen Samstag nie genannt worden, da er privat im Irak unterwegs war. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Ausländer verschleppt wurden, worüber nichts bekannt ist.
Besonders groß ist die Sorge um die drei noch vermissten Mitarbeiter von KBR im Irak. Als Tochter des Militärzulieferers Halliburton steht die Firma, der US-Vizepräsident Dick Cheney vor seiner Regierungszeit vorstand, als Symbol der amerikanischen Besatzung und der Unterdrückung der Iraker. Zudem muss die US-Regierung fürchten, dass zurzeit jeder Amerikaner auch ohne Uniform von den irakischen Widerständlern als Sündenbock für die Verfehlungen im Abu Ghureib-Gefängnis missbraucht werden könnte. Ebenso gefährdet sind auch Italiener, Polen und Briten, deren Länder Seite an Seite mit den USA im Irak kämpfen.
Matthias Gebauer