Müder Gipfel Afrikas Staatsführer kuschen vor Tyrann Mugabe
Nairobi - Bis zum Nachmittag wollte sich der Despot aus Harare nicht mehr äußern. Nachdem er am Vorabend fast ein Handgemenge mit britischen Journalisten angezettelt hatte, die ihm unbotmäßige Fragen stellen wollten, ließ er sich am Dienstag vollständig abschirmen.
Stattdessen schickte Simbabwes Präsident Robert Mugabe seinen Sprecher George Charamba vor, der mit wütendenden Formulierungen alle westlichen Appelle wegwischte: "Ihr könnt mir tausend Mal den Buckel runter rutschen. Ihr habt doch keine Ahnung von Politik in Simbabwe."
Zur gleichen Zeit verließ in Harare Oppositionsführer Morgan Tsvangirai die holländische Botschaft, in die er sich vor über einer Woche aus Angst vor Mugabes Schlägern geflüchtet hatte. Noch einmal appellierte der MDC-Chef an den Gipfel der Afrikanischen Union im ägyptischen Scharm al-Scheich, die Stichwahl, bei der Mugabe 85 Prozent der Stimmen für sich reklamierte, nicht anzuerkennen.
Der Appell ging ins Leere und legte für viele Afrikaner schmerzhaft offen, dass ein tiefer Graben ihre politischen Eliten trennt. Wieder einmal konnten sich die 53 Staatenlenker nicht im Ansatz darauf einigen, wie sie mit ihren Despoten verfahren sollen. Erneut ging es zwei Tage lang auf den Fluren und in den Nebenzimmern fast ausschließlich um Simbabwe und Robert Mugabe. Sollten sie ihn und sein Land verurteilen und mit Sanktionen belegen und damit quasi den Forderungen des reichen Nordens nachgeben? Oder sollten sie doch lieber zusammen halten, sich nach außen abschotten und die Erinnerung an die Befreiung vom Kolonialismus hochhalten?
Es gibt die einen wie den Präsidenten von Sierra Leone, Ernest Bai Koroma, der in Scharm al-Scheich sagte: "Den Simbabwern wurden ihre demokratischen Rechte vorenthalten. Wir sollten klipp und klar verurteilen, was da stattgefunden hat." Oder den kenianischen Premierminister Reila Odinga, der aus dem fernen Nairobi empfahl, Mugabe abzusetzen und Friedenstruppen nach Simbabwe zu schicken, um freie Wahlen zu gewährleisten. Würde die AU Mugabe "als ordnungsgemäß gewählten Präsidenten akzeptieren", so Odinga, würde sie "ein gefährliches Zeichen setzen".
Und es gibt die anderen wie Gabuns Präsidenten Omar Bongo, Afrikas dienstältesten Staatschef, der befand, die Afrikaner sollten Mugabe als den gewählten Präsidenten seines Landes anerkennen. Oder noch beliebter die Variante, die der ägyptische Gastgeber Hosni Mubarak wählte: Er zählte in seiner Begrüßungsrede fast alle Konflikte des Kontinents auf, die im Tschad und im Sudan, in Somalia und an der Grenze zwischen Dschibuti und Eritrea. Nur eine Krise sparte er aus: Die Wahlfarce in Simbabwe vom vergangenen Freitag.
Langjährige Staatschefs wie Mubarak, seinen libyschen Nachbarn Muammar al-Gaddafi oder den ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni eint das Bewusstsein, dass niemand anders als sie bestimmt sind, ihr jeweiliges Land zu führen. Gaddafi formulierte seine Sicht der Dinge bei einem Besuch in Uganda im Frühjahr dieses Jahres ganz offen: Musevenis Partei müsse unbedingt "sicherstellen, dass sich gute Führer wie Bruder Museveni nicht wegen einer einfachen Wahl von der Macht verabschieden müssen". Museveni sei durch einen revolutionären Akt an die Macht gekommen, nicht durch eine Wahl. "Wie kann er da einfach wieder gehen?"
So einigte sich die AU in Scharm al-Scheich wieder einmal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner - einen müden Appell in der Abschlusserklärung an Mugabe, das Gespräch mit der Opposition zu suchen, und doch möglichst eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Es ist ein Vorschlag, den insbesondere Südafrikas Präsident Thabo Mbeki seit längerem predigt, der damit aber selbst in Einzelgesprächen mit Mugabe und Tsvangirai nicht weiter kam.
Es ist also auch ein Vorschlag, von dem alle ahnen, dass er zu nichts führen wird. Denn anders als in Kenia Odinga und Kibaki sind in Simbabwe Mugabe und Tsvangirai in einer gemeinsamen Regierung undenkbar. Und wie um sein Desinteresse zu beweisen, blockte Mugabes Sprecher Charamba in Scharm al-Scheich denn auch alle konkreteren Vorschläge, wie etwa eine Einheits- oder Übergangsregierung nach kenianischem Vorbild zu bilden, rüde ab. Kenia tauge nicht als Vorbild, sagte Charamba, "wir gehen den simbabwischen Weg, nicht den kenianischen. Auf gar keinen Fall."
Was das bedeutet, hat Mugabe seinem Volk in den letzten Wochen und Monaten deutlich gezeigt.