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Mitt Romney: Millionär mit Mini-Steuersatz

Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFP

Multimillionär Mitt Romney Kandidat Superreich strauchelt

Wenn Mitt Romney die Vorwahlen in South Carolina gewinnt, ist er durch. Auch Präsident Barack Obama bereitet sich schon auf den Kandidaten der Republikaner vor. Seine Konkurrenten spielen jetzt den letzten Trumpf aus: Romney wählen? Das ist doch der Millionär mit den Mini-Steuern.

Es muss sich etwas ändern in Amerika. Viel zu hoch seien die Steuern, sagt Mitt Romney. Er hat das in Iowa gesagt, in New Hampshire und jetzt sagt er es bei jedem seiner Auftritte in South Carolina. Er habe als Gouverneur von Massachusetts schließlich ganze 19 Mal die Steuern gekürzt. So geht das.

Die Sache hat nur einen Haken: Romney selbst scheint sich mit dem aktuellen System prima arrangiert zu haben. Denn der rund 250 Millionen Dollar schwere Mann hat den Einkommenssteuertarif eines einfachen Angestellten.

"Wahrscheinlich nahe an 15 Prozent" liege sein Satz, musste Romney Anfang der Woche eingestehen, nachdem ihn seine Kontrahenten im Kampf um die Republikaner-Kandidatur drängten, seine Steuererklärung zu veröffentlichen. Das hat schließlich Tradition bei Bewerbern fürs Spitzenamt. Präsident Barack Obama selbst, das ist bekannt, zahlte 2010 auf sein Einkommen von rund zwei Millionen Dollar 26 Prozent Steuern.

374.327 Dollar? "Nicht sehr viel"

Aber 15 Prozent statt des US-Spitzensteuersatzes von 35 Prozent - das geht nur, weil Romney keinen Lohn bezieht, sondern Einkünfte aus Investmentgeschäften. Geld aus seiner Zeit bei Bain Capital. Der 64-Jährige lebt heute wie ein Pensionär - freilich mit ziemlich hohen Pensionen. Doch detailliert will er darüber erst im April berichten. Kontrahent Newt Gingrich wirft ihm deshalb Wählertäuschung in South Carolina vor, das am kommenden Samstag seine Vorwahlen abhält.

Die "Washington Post" illustriert Romneys öffentliches Versteckspiel mit einer stilisierten Steuererklärung des Multi-Millionärs. Unter Einkommen steht da: "Eine Menge. Jeder weiß das. Müssen wir da wirklich in die Details gehen?" Und bei Zinseinnahmen heißt es: "Es liegt in meinem politischen Interesse, diese Dinge für mich zu behalten, aber wir werden sehen."

Mit bereits vorliegenden Daten hat die "New York Times" errechnet, dass Familie Romney im Jahr 2010 und in den ersten neun Monaten des Jahres 2011 mindestens 9,6 Millionen Dollar gemacht haben muss. War da noch was? Natürlich, die Honorare für Romneys Auftritte als Redner. Ach, "nicht sehr viel", sagt er. Schließlich stellt sich heraus, dass es exakt 374.327 Dollar waren. In einem Jahr. Nicht viel?

South Carolina ist ein Staat mit zehn Prozent Arbeitslosigkeit. Ausgerechnet hier zeigt sich Romney wenige Tage vor der Vorwahl als jener Out-of-Touch-Kandidat, als den ihn seine Gegner seit Monaten zu zeichnen suchen: Als einen Mann, der keine Verbindung hat zu den Lebensrealitäten der Menschen; der keine Ahnung hat von ihren Sorgen und Nöten. Und als einen, der mit seiner Investmentfirma Millionen gemacht hat, indem er Unternehmen kaufte, sie mitunter zerlegte und einzelne Teile dann wieder abstieß.

Neulich versicherte Romney, auch er habe einst Angst gehabt, arbeitslos zu werden. Reichlich anmaßend klang das - von einem, der stets abgesichert lebte; dessen Vater George erst Chef eines Autokonzerns (AMC) und dann Gouverneur (Michigan) war. Gleichzeitig will Romney, sollte er ins Weiße Haus einziehen, just jenen einige Steuervergünstigungen streichen, die unter 50.000 Dollar im Jahr verdienen.

Attacken werden schärfer

Kurz vor dem Ziel strauchelt Romney, der eben noch souveräne Spitzenreiter. Klar ist: Die Attacken seiner Konkurrenten sind schärfer geworden, insbesondere Newt Gingrich und Rick Santorum wollen sich wenigstens noch eine theoretische Chance auf die Nominierung erhalten. Und beide wissen: Wenn Mitt Romney auch noch in South Carolina siegt, ist er so gut wie durch. Wer soll ihn dann noch stoppen?

Laut einer am Mittwoch veröffentlichten CNN-Umfrage hat Romney an Vorsprung eingebüßt: Mit 33 Prozent liegt er jetzt nur noch zehn Prozentpunkte vor Gingrich, Anfang Januar betrug der Abstand zwischen den beiden noch 19 Punkte. Es folgen der Erzkonservative Rick Santorum (16 Prozent), Ron Paul (13) und Texas-Gouverneur Rick Perry (6).

Dass der bisher so siegessichere Kandidat Romney plötzlich unter Druck gerät, ist natürlich freudig vom Team Obama registriert worden. Jay Carney, Pressesprecher des Weißen Hauses, nutzte Romneys Steuer-Vorlage prompt: Barack Obama sei fest davon überzeugt, dass Millionäre und Milliardäre keinesfalls einen niedrigeren Steuersatz haben sollten als Mittelklasse-Amerikaner: "Jeder sollte seinen fairen Anteil zahlen, auch Millionäre, die eine 15-Prozent-Rate haben, während Leute mit 50.000, 75.000 oder 100.000 Dollar viel mehr aufbringen müssen." Der Präsident meine, dass man diese Sache neu regeln sollte.

Längst hat sich Obama auf Romney als Herausforderer eingestellt - und umgekehrt. Wie aufgeheizt die Stimmung bereits ist, zeigte am Montag eine Auseinandersetzung zwischen den Strategen von Obama und Romney, David Axelrod und Eric Fehrnstrom - per Twitter.

Es beginnt mit einem Tweet der Romney-Kampagne: Unter Obama hätten mehr Amerikaner ihren Job verloren als unter jedem anderen Präsidenten in der jüngeren Geschichte, heißt es da. Prompt reagiert David Axelrod mit dem Link zu einem Diagramm, das "22 Monate Jobwachstum" unter Obama belegen soll: "Ein Bild sagt mehr als tausend irreführende Worte."

Darauf Eric Fehrnstrom: "Manchmal braucht man kein Bild, um eine Story zu erzählen. Die Zahlen sprechen für sich: 1,7 Millionen verlorene Jobs unter Obama."

Dann wieder Axelrod mit einer Anspielung auf Ex-Präsident George W. Bush: "Warum hatte Mitt eigentlich nichts zu sagen in den sechs Monaten vor Obamas Amtsübernahme, als die USA vier Millionen Jobs verloren?"

Fehrnstrom lässt sich nicht lange bitten: "Obama wird der erste Präsident sein, der seine Amtszeit mit einem Nettoverlust an Jobs schließt. Das ist ein Fakt. Dafür kannst du Bush nicht die Schuld zuschieben." So geht es hin und her. Bis Axelrod ein bisschen ausfällig wird. "Alter!", twittert er Fehrnstrom mit Blick auf die anstehende TV-Diskussion der Republikaner-Kandidaten, "solltest du nicht langsam mal die Debatte vorbereiten?" Fehrnstroms Reaktion: "Haha! Glaube es oder nicht, in Sachen Wirtschaft bereiten nicht wir Mitt vor, sondern er uns."

Tatsächlich aber sollte es dann ausgerechnet bei diesem Thema nicht so gut laufen für Romney, den Millionär mit dem Mini-Steuersatz.

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