Geplante Neuwahlen in Ägypten Muslimbrüder lehnen Fahrplan von Mansur ab

Sie akzeptieren den Übergangspräsidenten nicht - erst recht nicht seine Pläne: Die Muslimbrüder haben sich gegen die Überlegungen des ägyptischen Interims-Staatschefs Mansur ausgesprochen, die Verfassung zu überarbeiten und dann Neuwahlen abzuhalten.
Anhänger von Ex-Präsident Mursi: Muslimbrüder akzeptieren neuen Fahrplan nicht

Anhänger von Ex-Präsident Mursi: Muslimbrüder akzeptieren neuen Fahrplan nicht

Foto: Khaled Abdullah/ REUTERS

Berlin/Kairo - Führende Vertreter der durch den Staatsstreich entmachteten Muslimbrüder lehnen den Zeitplan von Übergangspräsident Adli Mansur zur Überarbeitung der Verfassung und anschließende Neuwahlen in Ägypten ab. Der stellvertretende Vorsitzende der Partei der Islamisten, Freiheit und Gerechtigkeit, Essam al-Arian, erklärte am Dienstag, dieses Vorhaben werfe das Land erheblich zurück.

Es werde deutlich, dass mit der Entmachtung von Präsident Mohammed Mursi nicht nur der Präsident angegriffen worden sei. Auch die Identität und die Rechte der Menschen in Ägypten, ihre Freiheit und Demokratie seien in Gefahr. Der politische Arm der radikalislamischen Gamaa al-Islamija erklärte ebenfalls seine Ablehnung gegenüber den Plänen des "unrechtmäßigen" Präsidenten.

Mansur hatte am Montagabend ein Dekret vorgestellt, wonach die Übergangszeit nicht länger als ein halbes Jahr dauern soll. Nach dem Referendum über eine neue Verfassung solle zuerst das Parlament gewählt werden. Die Präsidentenwahl ist dann für Anfang 2014 vorgesehen. Die liberale und linke Opposition hatte die Verfassung aus dem Jahr 2012 abgelehnt. Über den neuen Text sollen die Ägypter in einem Referendum abstimmen.

Konsultationen Mansurs mit den politischen Gruppierungen

Der Erklärung Mansurs seien Konsultationen mit den politischen Gruppierungen vorangegangen, die den Sturz Mursis unterstützt hatten, hieß es in Kairo.

Die Lage in Ägypten war am Montagmorgen eskaliert. Bei Zusammenstößen zwischen Islamisten und dem Militär in Kairo wurden nach offiziellen Angaben mindestens 51 Menschen getötet. 435 weitere erlitten Verletzungen. Das Militär gab an, Bewaffnete hätten den Offiziersclub der Republikanischen Garde stürmen wollen.

Zuvor hatte es in Kairo Gerüchte gegeben, dass sich Mursi dort aufhalten könnte. Die Muslimbruderschaft sprach hingegen von Angriffen auf friedliche Demonstranten beim Morgengebet. Die Muslimbrüder riefen für Dienstag zu neuen Protesten auf. Alle Ägypter seien aufgerufen, auf die Straße zu ziehen, um gegen den Militärputsch und das jüngste Massaker zu protestieren, sagte der Sprecher eines von den Muslimbrüdern angeführten Bündnisses.

International sorgten die jüngsten Ausschreitungen für große Besorgnis. Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich "bestürzt" über den Gewaltausbruch. Alle Verantwortlichen müssten jetzt besonnen agieren und auf "Gewalt in jeder Form" verzichten.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die gewaltsamen Zusammenstöße. Er fordere "eine tiefgreifende Untersuchung durch unabhängige und kompetente nationale Instanzen", erklärte sein Sprecher Martin Nesirky am Montag in New York. Die Verantwortlichen für das Blutbad müssten an die Justiz überstellt werden. Ban rief überdies alle Ägypter auf, "alles zu tun, um eine Eskalation zu verhindern".

flo/heb/dpa/Reuters
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