Mutmaßlicher Attentäter Blond, blauäugig, skrupellos

Anders B.: "Es ist seltsam, dass er sich nicht getötet hat" (SCREENSHOT Facebook)
Anders Behring B. heißt der Mann, der am Freitag mindestens 91 Menschen getötet haben soll. Er ist 32 Jahre alt, konservativ, christlich, nationalistisch - und er besitzt einen Waffenschein für eine Glock-Pistole und ein automatisches Gewehr. Bislang lebte er in einem unscheinbaren Backsteingebäude mit vier Stockwerken im Westen Oslos.
Gegen 23 Uhr vergangene Nacht stürmten Spezialeinheiten die Wohnung des Waffennarren. Recherchen norwegischer Medien förderten binnen kurzem das Profil eines fanatischen Mannes zutage, der in Foren im Internet immer wieder mit islamkritischen Statements auffiel. Sechs Tage vor dem Attentat versendete er von seinem Twitter-Account seine erste und einzige Nachricht:
"One person with a belief is equal to the force of 100.000 who have only interests." Es ist ein Zitat des britischen Sozialphilosophen John Stuart Mills.
Auf dem Foto seiner Facebook-Seite, die am späten Freitagabend aus dem Netz genommen wurde, blickt er etwas erratisch in die Ferne, gewelltes, blondes Haar, kantiges Kinn, blaue Augen. B. spielte das Computerspiel "World of Warcraft" und war Mitglied eines Osloer Schützenvereins. Ein Jugendfreund sagte der Tageszeitung "Verdens Gang" ("VG"), B. habe mit Ende 20 damit angefangen, rechtsradikales Gedankengut zu äußern und ein rassistisches Profil auf Facebook zu unterhalten.
"Er kam einfach aus dem Nichts"
B., der offenbar mit seiner Mutter zusammenwohnte, hatte in der norwegischen Armee gedient. Er trat aber sonst in keinem militärischen Zusammenhang auf. Auch vor dem Gesetz oder dem Staatsschutz fiel er nicht weiter auf - abgesehen von einem zehn Jahre zurückliegenden Verkehrsdelikt, wie die "VG" recherchierte.
Doch seine beruflichen Aktivitäten lassen ahnen, dass er sich seit langem auf den Anschlag vorbereitete: B. gründete im Jahr 2009 einen Betrieb in dem beschaulichen Städtchen Rena, einige hundert Kilometer nördlich von Oslo. Gemüse und Hülsenfrüchte soll es produzieren. Das versetzte B. offensichtlich auch in die Lage, große Mengen Kunstdünger zu beziehen - Grundstoffe für die Herstellung von Sprengstoff.
Über Verbindungen zur rechtsextremen Szene ist allerdings nichts bekannt. "Er kam einfach aus dem Nichts", sagte ein Polizist der Nachrichtenagentur AP. Er gehörte demnach nicht zu einer bekannten extremistischen Vereinigung. "Wir hätten ihn auf dem Radar gehabt, wenn er in einer Neonazi-Gruppe aktiv gewesen wäre", sagte der Polizist. Aber B. könne von deren Ideologie beeinflusst sein.
Schon zuvor hatte ein Experte des "Norwegian Institute of International Affairs" (Nupi) gesagt, der Angriff auf der Insel spreche eher für einen rechtsextremen als für einen islamistischen Hintergrund. "Es wäre sehr seltsam für Islamisten, wenn sie eine lokalpolitische Sichtweise hätten."
Der mutmaßliche Täter B. habe bei seinem Angriff auf das Jugendlager eine polizeiähnliche blaue Uniform getragen, sei aber nie Polizist gewesen, sagte der stellvertretende Osloer Polizeichef Sveinung Sponheim. Die Boulevardzeitung "VG" berichtete, der Mann habe sich am Nachmittag auf der Insel als Polizist ausgegeben, der eine Kontrolle wegen der Terrorangriffe in Oslo durchführen wolle. Dann habe er mehrmals geschossen.
Laut Polizeichef Sponheim wurde der Verdächtige, der auf der Insel um sich schoss, also B., auch in Oslo gesehen - und zwar unmittelbar vor der Bombendetonation. Die Zeitung "Dagbladet" berichtet, dass ein Zeuge den Verdächtigen zwei Minuten vor der Explosion in Oslo gesehen haben will. Die Behörden gingen davon aus, dass der Mann anschließend aus Oslo zu der Insel gefahren sei, berichtet CNN.
Die Polizei vernahm B., zunächst bei der Festnahme auf der Insel, später auf einer Polizeiwache in Oslo. Ein Polizist sagte der Nachrichtenagentur AP: "Es ist seltsam, dass er sich nicht selbst getötet hat, so wie Typen, die in Schulen um sich schießen." Jetzt sei es möglich, Antworten zu bekommen und mehr über die Motive des Mannes zu erfahren. Der Beamte beschrieb den Mann als "kalt wie Eis".