Myanmar Mönche marschieren für Demokratie
Rangun - Es werden immer mehr und sie werden immer lauter. Bis zu 20.000 Mönche schlossen sich heute dem Protest gegen die Militärregierung in Myanmar an - erstmals gab es dabei offen politische Parolen gegen das Regime, berichteten Augenzeugen. "Freiheit für Aung San Suu Kyi!", forderten einige in Sprechchören. Die Friedensnobelpreisträgerin wird seit Jahren als politische Gefangene unter Hausarrest festgehalten. Am Samstag zeigte sie sich entgegen den Arrestauflagen erstmals seit vier Jahren kurz in der Öffentlichkeit, nachdem rund 2000 Mönche eine Straßensperre umgangen hatten und zu ihrem Haus gezogen waren. Suu Kyi, die zwölf der vergangenen 18 Jahre in Haft oder unter Hausarrest verbracht hat, trat nach Angaben der Augenzeugen kurz vor ihre Haustür und begrüßte die Mönche mit Tränen in den Augen, berichteten Augenzeugen. "Gut gemacht", sagte sie nach diesen Angaben. Die Mönche zogen weiter.
Eine kleine Gruppe von etwa 120 Mönchen und 100 Unterstützern versuchte heute erneut, zu der 62-Jährigen zu gelangen. Diesmal ließen die Sicherheitskräfte sie jedoch nicht passieren. Die Straße wurde völlig verbarrikadiert. Dutzende Sicherheitskräfte standen Wache.
Das Regime in Birma ist wegen eklatanter Menschenrechtsverletzungen weltweit geächtet. Die demonstrierenden Mönche trugen heute erstmals politische Plakate. Darauf stand zum Beispiel: "Gerechtigkeit wird Ungerechtigkeit bezwingen". Dazu riefen sie aufrüherische Parolen. "Wir marschieren für das Volk. Wir wollen, dass sich die Bevölkerung uns anschließt."
Blumen für Robenträger
Zu den Mönchen in ihren safranroten Roben gesellten sich heute auch 300 Nonnen ganz in Weiß. Mehr als 10.000 Menschen säumten die Straßen und reichten den barfüßigen Robenträgern Wasser, Blumen und Fußsalbe.
Auftakt des Protestzuges war die berühmte Shwedagon-Pagode, Wahrzeichen und religiöses Symbol des Landes. Dort hatte Suu Kyi 1988 schon einmal vor zehntausenden Anhängern den Widerstand gegen das Militär angeführt. Damals wurde der Aufstand brutal niedergeschlagen. Etwa 3000 Menschen kamen dabei ums Leben.
"Dies ist der Anfang vom Ende", prophezeite der frühere BBC-Analyst und Birma-Spezialist Jarry Jagan in einem Interview mit dem Fernsehsender ChannelNewsAsia. Mit dem Besuch bei Suu Kyi hätten die Mönche ihren Protest, der sich ursprünglich gegen Preiserhöhungen richtete, mit der Demokratieforderung der Opposition verknüpft und dem Militärregime den Kampf angesagt.
Die wenig bekannte Untergrundgruppe Allianz aller birmanischen buddhistischen Mönche forderte die Menschen im Land zu stillen öffentlichen Gebeten auf, um die Protestbewegung zu unterstützen. Die Aktion soll heute beginnen und drei Tage dauern. Jeweils um 20 Uhr sollten die Bürger sich vor ihre Häuser begeben und 15 Minuten lang beten.
Inzwischen weitet sich der Protest auch auf andere Teile des Landes aus. Heute demonstrierten auch rund 500 Mönche in der zweitgrößten Stadt, dem religiösen Zentrum Mandalay. Im 375 Kilometer nördlich von Rangun gelegenen Magway hielten rund 300 Mönche in den Morgenstunden eine Gebetswache ab.
In Birma gibt es schätzungsweise 400.000 Mönche. Wie viele davon sich dem Widerstand angeschlossen haben, ist unklar.
Die Militärjunta, die normalerweise keinerlei öffentliche Kritik duldet, steckt Beobachtern zufolge in einer Zwickmühle. Sollte sie gewaltsam gegen die hoch verehrten und "unantastbaren" Mönche vorgehen, könnte ein Aufstand die Folge sein. Lassen die Generäle die Demonstrationen dagegen weiter zu, werden sich den Einschätzungen zufolge ebenfalls immer mehr Bürger anschließen.
ler/dpa/AFP