
Nach Uno-Resolution Gaddafi-Regierung erklärt sofortige Waffenruhe
Tripolis - Libyens Regierung hat eine sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen erklärt. Das gab Außenminister Mussa Kussa am Freitag bei einer Pressekonferenz in Tripolis bekannt. "Die Republik Libyen unternimmt alles, um die Zivilbevölkerung zu schützen und ihr die benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen", sagte er. "Als ein Mitglied der Vereinten Nationen akzeptieren wir es, dass wir verpflichtet sind, Sicherheitsratsresolutionen zu respektieren." Libyen sei bereit zum Dialog. Details nannte er nicht.
Der Waffenstillstand werde dem Land die Sicherheit zurückbringen und den Schutz aller Libyer sicherstellen, sagte Kussa. Auch alle Ausländer und deren Eigentum im Land würden geschützt. Noch kurz vor der Erklärung des Außenministers hatten libysche Truppen einen neuen Angriff gegen die von Rebellen gehaltene Stadt Misurata gestartet. Nach Informationen des Nachrichtensenders al-Arabija wurden dabei vier Menschen getötet und 70 weitere verletzt.
In einer ersten Reaktion äußerte sich Frankreich zurückhaltend. Die Bedrohung vor Ort habe sich nicht geändert, teilte die Regierung in Paris mit.
In der Nacht hatte der Uno-Sicherheitsrat beschlossen, eine Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land mit militärischen Mitteln durchzusetzen, um die Gewalt der Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi gegen die Opposition und die Zivilbevölkerung zu stoppen. Kussa verurteilte die Resolution. Libyen sei darüber "sehr traurig".
Gaddafi hatte sich zuvor ganz anders als sein Außenminister geäußert. Kurz vor der Billigung der Sicherheitsratsresolution kündigte er an, die Aufständischen-Hochburg Bengasi einzunehmen und "ohne Gnade" gegen "Verräter" vorzugehen. Das libysche Verteidigungsministerium hatte mit Angriffen auf die zivile Seefahrt im Mittelmeer gedroht.
Frankreich, Großbritannien und die Nato berieten am Freitagvormittag bereits darüber, wie die Resolution umzusetzen sei. Besonders entschlossen gab sich die französische Regierung, die ohnehin zu den stärksten Befürwortern der Resolution gehörte. Man werde einen Einsatz "binnen Stunden" unterstützen, kündigte Premierminister François Fillon an. Auch die französische Opposition zeigte sich weitgehend einverstanden mit der Haltung der Regierung, forderte aber eine sofortige Einberufung des Parlaments, um über den Einsatz mitzuentscheiden. In Frankreich haben die Abgeordneten bei internationalen Militäreinsätzen kaum Einspruchsmöglichkeiten.
Noch keine Entscheidung der Nato
Großbritanniens Premier David Cameron erklärte ebenfalls, britische Eurofighter und Tornado-Kampfflugzeuge würden in wenigen Stunden helfen, das Flugverbot durchzusetzen. Großbritannien, Frankreich und arabische Staaten würden am Samstag in Paris zusammenkommen, um über die Flugverbotszone zu beraten, kündigte er an.
Doch noch haben sich die 28 Nato-Staaten nicht auf ein militärisches Eingreifen des Bündnisses einigen können. Es zeichne sich zwar ab, dass die Nato bereit sein werde, das Flugverbot durchzusetzen, berichteten Diplomaten in Brüssel. Die Planungen seien aber noch nicht entscheidungsreif.
Die Uno-Resolution zu Libyen
Der Sicherheitsrat "autorisiert die Mitgliedstaaten, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um Zivilisten und von Zivilisten bewohnte Gebiete in Libyen zu schützen, denen ein Angriff droht - inklusive Bengasi. Eine ausländische Besatzungsmacht auf libyschem Territorium wird in jeglicher Form ausgeschlossen".
Der Rat "verlangt einen sofortigen Waffenstillstand, ein vollständiges Ende des Gewalt und aller Angriffe auf Zivilisten".
Der Rat "beschließt, ein Verbot aller Flüge im Luftraum Libyens zu verhängen, um zum Schutz von Zivilisten beizutragen". Außerdem ruft er "alle Mitgliedsstaaten auf, Hilfe zur Umsetzung des Flugverbots zu leisten, einschließlich der Erteilung von Überflugsrechten". Ausgenommen sind humanitäre Flüge und von den Vereinten Nationen und der Arabischen Liga genehmigte Flüge.
Der Rat "beschließt, dass alle Staaten jedem in Libyen registrierten Flugzeug (...) den Start, die Landung oder die Rechte des Überflugs über ihr Territorium verweigern".
Alle Staaten sind angewiesen, jedes libysche Flugzeug - oder ein Flugzeug, das mutmaßlich Waffen oder Söldner transportiert - nicht ohne Zustimmung des Uno-Komitees zur Überwachung der Sanktionen starten, landen oder ihren Luftraum benutzen zu lassen.
Der Rat "verlangt von den libyschen Behörden, dass sie den Verpflichtungen unter dem Völkerrecht (...) nachkommen und alle Maßnahmen ergreifen, um Zivilisten zu schützen und deren Grundbedürfnisse zu befriedigen".
Der Rat "bedauert den anhaltenden Zustrom von Söldnern nach Libyen und ruft die Mitgliedstaaten auf, (...) den Zustrom bewaffneter Söldner zu unterbinden".
Die Guthaben dieser Finanzinstitutionen werden eingefroren: der Zentralbank, der Libyschen Investmentbehörde, der Libyschen Auslandsbank, dem Libyschen Afrika-Investment-Portfolio und der Libyschen Nationalen Ölgesellschaft. Eingefroren werden außerdem die Guthaben dreier weiterer Kinder Gaddafis, des Verteidigungsministers, des Geheimdienstchefs, des Direktors der externen Sicherheitsorganisation und des Ministers für Energieversorgung.
Die Reisefreiheit des libyschen Botschafters im Tschad und des Gouverneurs von Ghat, die beide Söldner für Gaddafis Regime angeworben haben sollen, wird aufgehoben.
US-Journalisten vermisst
Bundesaußenminister Guido Westerwelle stellte klar, dass sich keine deutschen Soldaten an einem Militärschlag beteiligen werden. Allerdings erwäge die Bundesregierung einen Einsatz von Awacs-Überwachungsflugzeugen in Afghanistan, um die Nato für einen möglichen Einsatz in Libyen zu entlasten, sagte er am Freitag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Allerdings gebe es derzeit noch keine Entscheidung dazu, fügte er hinzu.
Die "New York Times" berichtete unterdessen, vier ihrer Journalisten würden in Libyen vermisst. Die Reporter seien von Gaddafi-treuen Soldaten gefangen genommen worden, hieß es auf der Website der Zeitung. Darüber habe Gaddafis Sohn Saif al-Islam al-Gaddafi die ABC-Journalistin Christiane Amanpour informiert.
Ölpreise fallen nach Ankündigung der Waffenpause
Die Ölpreise sanken nach der Ankündigung eines Waffenstillstands stark. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Auslieferung im Mai fiel am Freitag auf 113,67 US-Dollar. Das waren 1,22 Dollar weniger als am Vortag. Vor der Nachricht war Brent-Öl noch bis auf 116,20 Dollar gestiegen.
Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur April-Auslieferung sank um 50 Cent auf 100,92 Dollar. Vor der Nachricht war der Preis für US-Öl noch über die Marke von 103 Dollar gestiegen.