Nahost Hamas ruft erstmals seit eineinhalb Jahren zu Anschlägen in Israel auf
Beit Hanun - "Wir fordern unsere Mudschaheddin auf, die Bombenanschläge in Jaffa, in Haifa, in Aschdod wieder aufzunehmen, an jedem Ort in unserer Heimat", sagte Nisar Rajan, ein Vertreter der in den Palästinensergebieten regierenden Hamas.
Raja reagierte damit auf einen israelischen Panzerangriff, bei dem heute in der Stadt Beit Hanun im Gaza-Streifen mindestens 18 Palästinenser getötet worden sein sollen. Dem palästinensischen Gesundheitsministerium zufolge waren unter den Toten in Beit Hanun sieben Kinder und vier Frauen. 40 Menschen seien verletzt worden. Das "schreckliche Massaker" solle gerächt werden, sagte Raja. Auch Dschamal Obeid, Sprecher der gemäßigten Fatah-Bewegung, rief zu neuen Selbstmordattentaten auf.
Der Aufruf könnte zu einer neuen Eskalation im Nahen Osten führen. Seit Januar 2005 hatte sich die Hamas an eine "Hudna" genannte Feuerpause gehalten und keine Anschläge mehr verübt.
Die Islamische Weltkonferenz OIC warf Israel nach dem Angriff Kriegsverbrechen vor. Das vorgehen im Gaza-Streifen zeige, dass Israel das Völkerrecht missachte und weiterhin Kriegsverbrechen begehe, erklärte die OIC in Saudi-Arabien. Sie appellierte an den Uno-Sicherheitsrat, dringend Maßnahmen zu ergreifen, "um den israelischen Angriff zu stoppen und das palästinensische Volk vor der Brutalität und dem Staatsterrorismus Israels zu schützen".
Israels Verteidigungsminister Amir Perez ordnete inzwischen den Stopp der Militäroperation an. Zunächst solle der Vorfall untersucht werden, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums.
Nach dem israelischen Militäreinsatz im Gaza-Streifen wurde das Büro der Europäischen Union in Gaza-Stadt beschossen, verlautete aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Jugendliche hätten das Gebäude zudem mit Steinen beworfen. Berichte über Opfer lagen zunächst nicht vor.
Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija kündigte nach dem tödlichen Angriff den Abbruch der Gespräche über eine Regierung der nationalen Einheit mit der gemäßigten Fatah-Gruppierung an. Hanija sagte vor einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts in Gaza, die Verhandlungen darüber würden zunächst ausgesetzt. Erst am Montag hatten sich die radikal-islamische Hamas und die Fatah von Präsident Mahmud Abbas auf eine Wiederaufnahme der Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Regierung geeinigt.
Auch im Westjordanland ging die israelische Armee gegen Palästinenser vor. Palästinensischen Sicherheitskreisen zufolge töteten israelische Soldaten vier Extremisten und einen Zivilisten.
Die israelische Armee hatte erst am Dienstag ihren größten Einsatz im Gazastreifen seit gut einem Jahr in Beit Hanun beendet. Bei der sechstägigen Offensive wurden dort 60 Palästinenser getötet. Bei Zwischenfällen an anderen Orten im Gazastreifen töteten israelische Soldaten am Dienstag acht weitere Palästinenser. Israel geht seit der Entführung eines Soldaten durch radikale Palästinenser im Juni wieder verstärkt gegen Extremisten in den Palästinensergebieten vor.
hen/Reuters/dpa/AFP