Nahost-Friedensgespräche beginnen Israel lässt 104 gefangene Palästinenser frei

Der Weg für Nahost-Friedensgespräche ist frei: Das israelische Kabinett hat die Entlassung von 104 palästinensischen Häftlingen beschlossen. "Es ist kein leichter Augenblick", sagte Ministerpräsident Netanjahu. Die Verhandlungen sollen am Montagabend in Washington beginnen.
Gefängnis in Israel: Freilassung heftig umstritten

Gefängnis in Israel: Freilassung heftig umstritten

Foto: NIR ELIAS/ REUTERS

Tel Aviv - Für diese Entscheidung hat US-Außenminister John Kerry monatelang gekämpft : Nach langer und kontroverser Diskussion hat das israelische Kabinett am Sonntag die Freilassung von insgesamt 104 palästinensischen Häftlingen beschlossen. Eine Kommission sei beauftragt worden, die Freizulassenden auszuwählen, sagte ein Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Zugleich beschloss das Kabinett in Jerusalem formell, Friedensgespräche mit den Palästinensern aufzunehmen. Sie sollen am Montagabend in Washington beginnen. 13 Minister hätten dafür, sieben dagegen und zwei mit Enthaltung gestimmt, berichtete Radio Israel. Ein möglicher Friedensvertrag soll durch ein Referendum abgesegnet werden.

"Dies ist kein leichter Augenblick für mich, nicht für das Kabinett und schon gar nicht für die trauernden Familien (von Terroropfern)", sagte Netanjahu nach der Entscheidung. Mit der zugesagten Freilassung der Häftlinge ist das wohl letzte Hindernis für die ab Montag geplante Wiederaufnahme der seit 2010 ausgesetzten Friedensgespräche mit den Palästinensern in Washington aus dem Weg geräumt. Die Häftlinge sollen in vier Phasen während der kommenden neun Monate freikommen.

Netanjahu hatte die Entscheidung zur Freilassung schon in einer am Vorabend veröffentlichten Erklärung an das israelische Volk als "äußerst schwierig, unpopulär und schmerzlich", aber zugleich notwendig im Interesse Israels bezeichnet. Die Palästinenser hatten die Freilassung von 104 Häftlingen, die schon vor dem ersten Oslo-Friedensvertrag von 1993 inhaftiert worden waren, zur Voraussetzung für ihre Rückkehr an den Verhandlungstisch gemacht.

Dazu gehören auch mehrere Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft. Da sich gegen deren Freilassung am meisten Widerstand im Kabinett formierte, habe Netanjahu zugesagt, dass über deren Freilassung das Kabinett erneut abstimmen solle, sobald es soweit sei, berichtete die Zeitung "Jerusalem Post".

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation B'Tselem sitzen derzeit mehr als 4700 Palästinenser in israelischen Gefängnissen, etwa 170 von ihnen in sogenannter Administrativhaft, das heißt, sie werden ohne Anklage oder Prozess auf unbestimmte Zeit festgehalten.

"Terroristen sollte man Eliminieren und nicht freilassen"

Die Freilassung von Palästinensern, die Israelis umgebracht haben, ist in der Regierung und in der Bevölkerung heftig umstritten. "Terroristen sollte man eliminieren und nicht freilassen", sagte Wirtschaftsminister Naftali Bennett von der rechten Siedlerpartei bei einer Demonstration Angehöriger von Terroropfern. Für die Palästinenser handelt es sich dagegen um Freiheitskämpfer.

In den kommenden neun Monaten werde sich zeigen, ob die Palästinenser tatsächlich daran interessiert seien, den Konflikt mit Israel zu beenden, sagte Netanjahu. "Ein Ende des Konflikts wird aber nur möglich sein, wenn die Sicherheit der Israelis und unsere grundlegenden Interessen gewahrt bleiben", versprach er.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bestätigte in Ramallah, der frühere US-Botschafter in Israel, Martin Indyk, werde die Verhandlungen als US-Vermittler begleiten. Ziel der Verhandlungen ist eine Zweistaaten-Lösung, die die Sicherheit Israels gewährleistet und den Palästinensern einen lebensfähigen eigenen Staat zubilligt.

Am palästinensischen Regierungssitz in Ramallah demonstrierten am Sonntag Hunderte Palästinenser gegen Frieden mit Israel. Die Anhänger Volksfront für die Befreiung Palästinas lieferten sich Straßenkämpfe mit der Polizei. Auch im Gaza-Streifen wurde demonstriert. "Die Sache wird nur mit der Waffe in der Hand gelöst", skandierten die Palästinenser.

lei/dpa/Reuters
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