Nahost-Krise Libanon ruft Bush zu Hilfe
Washington/Moskau - Ministerpräsident Fuad Siniora führte heute ein Telefongespräch mit George W. Bush, um mit dem US-Präsidenten die gespannte Lage zu erörtern. Bush habe zugesagt, Israel zu drängen, die Schäden im Libanon zu begrenzen und die Zivilbevölkerung zu schonen, erklärte anschließend das Büro des Regierungschefs in Beirut.
Dies bestätigte auch Bush nach seiner Ankunft zum G-8-Gipfel in St. Petersburg. Der US-Präsident telefonierte heute auch mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak, wie die amtliche Nachrichtenagentur Mena in Kairo meldete. Ägypten hat im Konflikt zwischen Israel und der palästinensischen Hamas-Bewegung wiederholt eine vermittelnde Rolle gespielt. Während seines Besuchs in Deutschland hatte Bush Israel das Recht auf Selbstverteidigung zugestanden, sich aber zugleich auch besorgt um den Bestand der Demokratie im Libanon geäußert.
In Kairo traf sich Mubarak mit dem jordanischen König Abdullah II. Die Oberhäupter der beiden einzigen arabischen Staaten, die mit Israel einen Friedensvertrag geschlossen haben, erörterten Wege, um die "gegenwärtig eskalierende Lage" im Libanon unter Kontrolle zu bekommen, meldete die offizielle ägyptische Nachrichtenagentur. Einzelheiten wurden nicht bekannt. Die Außenminister der Arabischen Liga sollen morgen in Kairo zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.
Auch die Bundesregierung schaltete sich in die internationalen Bemühungen zur Deeskalation der Lage ein. Außenminister Frank-Walter Steinmeier telefonierte mit seiner israelischen Amtskollegin Zipi Livni und dem ägyptischen Außenminister Ahmed Abu al-Gheit sowie mit dem syrischen Außenminister Faruk al-Scharaa. Die Bemühungen zielten auf eine Deeskalation, um eine Beruhigung der Lage zu erreichen "und dann schrittweise wieder zu einer Situation zu kommen, wo es wieder eine diplomatische Option gibt", sagte Außenamtssprecher Jens Plötner.
Als "völlig unangemessen" kritisierte der französische Staatspräsident Jacques Chirac die militärische Reaktion Israels auf die Entführung von zwei Soldaten durch die libanesische Hisbollah-Miliz. Man müsse sich fragen, ob da nicht ein Wille am Werk sei, den Libanon zu zerstören. Chirac äußerte zugleich die Vermutung, dass Syrien in die Entführung von israelischen Soldaten verwickelt sei.
Der russische Präsident Wladimir Putin rief heute alle am Nahostkonflikt beteiligten Parteien auf, ihre Kämpfe unverzüglich einzustellen. "Keine Geiselnahme ist akzeptabel, aber auch nicht die Anwendung umfassender Gewalt als Antwort auf diese, wenn auch unrechtmäßigen Aktionen", erklärte Putin. "Wir fordern alle an dem Konflikt beteiligten Parteien auf, das Blutvergießen sofort zu beenden."
Die EU äußerte sich besorgt, dass die Angriffe auf den Libanon Syrien in die Kämpfe hineinziehen könnten. Die Situation sei schon "sehr schlimm" und könne sich noch weiter verschlechtern, sagte der finnische Außenminister Erkki Tuomioja, dessen Land mit Beginn des Monats die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. Es sei zu befürchten, dass sich der Konflikt noch ausweitet, besonders auf Syrien. Die Konsequenzen seien dann nicht mehr zu kontrollieren.
Tuomioja kündigte an, dass der außenpolitische Vertreter der EU, Javier Solana, morgen in die Region reisen werde, wo er mit allen Seiten sprechen soll. Die Außenminister der EU wollen am Montag in Brüssel über den Nahostkonflikt beraten.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad warnte Israel nachdrücklich vor einem Angriff auf Syrien. Dies wäre eine Aggression gegen die gesamte islamische Welt und würde eine harte Reaktion auslösen, sagte Ahmadinedschad nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Irna. Als größtes islamisches Land der Welt verurteilte Indonesien die israelischen Angriffe auf den Libanon und rief die Vereinten Nationen auf, eine Ausweitung des Konflikts zu verhindern.
als/AP