Trump bei NRA Amerikas Waffenlobby feiert ihr Comeback
So glücklich hat man Wayne LaPierre lange nicht gesehen. Freudestrahlend steht der Chef der "National Rifle Association" (NRA) auf der Hauptbühne des Messezentrums in Dallas. Neben ihm posiert US-Präsident Donald Trump für die Fotografen. Die beiden scherzen miteinander, winken und lachen.
Vor ihnen jubelt eine Menge von gut 5000 Menschen. Vor allem ältere, weiße Männer mit "Make-America-Great-Again"-Mützen sind zu sehen, aber auch Familien mit Kindern klatschen begeistert. Schließlich stimmen sie alle in einen lauten Chor ein: "USA, USA, USA."
Donald Trump hat LaPierre und der jubelnden Menge gerade ein wunderschönes Geschenk gemacht. Er hat der NRA zugesichert, dass es mit ihm niemals schärfere Waffengesetze in den USA geben wird. Ganz sicher nicht. Auf gar keinen Fall. "Nicht, solange ich Präsident bin." Er werde immer für das in der Verfassung verbriefte Recht jedes anständigen Amerikaners kämpfen, eine Waffe zu besitzen und zu tragen, sagt Trump in seiner einstündigen Rede.
Schießübungen, Countrymusik und ein festliches Dinner
Der umjubelte Aufritt des Präsidenten macht deutlich: Trump erneuert seinen Pakt mit der Waffenlobby - und die NRA ist wieder da. Wenige Monate nach den drei Massakern mit vielen Toten in Las Vegas (Nevada), Sutherland Springs (Texas) und in Parkland (Florida), feiern Amerikas Waffenfreunde bei ihrem Jahrestreffen in Dallas ein bemerkenswertes Comeback. Wer geglaubt hatte, dass die NRA bereits so gut wie am Ende sei, wird hier eines Besseren belehrt.
Mehr als 80.000 Waffenfans sind gekommen, es werden Pistolen und Gewehre gehandelt, es gibt Schießübungen, Countrymusik und ein festliches Dinner. Alles ist so, als wäre nichts geschehen, als habe es die Protestmärsche von Tausenden von Schülern und Studenten in Washington und anderswo gegen die laschen amerikanischen Waffengesetze praktisch nie gegeben.
Zwar erinnern auch Trump und andere Redner an die Toten der "schrecklichen Tragödien" der vergangenen Monate. Doch ansonsten ist die Stimmung in Dallas prächtig. NRA-Chef LaPierre und seine Mitstreiter haben etwas geschafft, was sie vor wenigen Wochen wohl selbst kaum für möglich gehalten hätten: Trotz des großen Entsetzens über die Massaker, haben sich die meisten Politiker und die Medien in den USA wieder anderen Themen zugewandt; eine Mehrheit für die ernsthafte Verschärfung der Waffengesetze hat sich - wieder einmal - nicht gefunden. Und längst scheinen andere Themen bedeutsamer zu sein: Nordkorea zum Beispiel. Oder Stormy Daniels. Zumindest bis zum nächsten Amoklauf.
Mit Donald Trump haben die Waffenfans jedenfalls einen guten, einen treuen Freund im Weißen Haus. Er hätte die Macht, wirklich schärfere Gesetze durchzusetzen, zum Beispiel ein Verbot der gefährlichen halbautomatischen Gewehre vom Typ AR-15. Aber er tut: praktisch nichts.
Der Präsident weiß, dass die fünf Millionen NRA-Mitglieder, ihre Familien und Bekannten ein wichtiger Teil seiner Wählerbasis sind. Ihre Stimmen brauchen seine Republikaner, um bei den Midterm-Wahlen im Herbst ihre Mehrheit im Kongress zu verteidigen. Sollte Trump nach dem Parklandmassaker jemals ernsthaft über schärfere Waffengesetze nachgedacht haben, ist davon jedenfalls nichts mehr zu spüren.
Trump erzählt alte Heldengeschichten
Lieber erzählt der Präsident in Dallas alte Heldengeschichten, Revolver-Romantik: Echte Amerikaner würden sich niemals ergeben, ruft er in den Saal. Sie würden auch niemals freiwillig ihre Waffen abgeben. Schon im alten Texas hätten sich tapfere Siedler gegen mexikanische Angreifer verteidigt, sagt Trump. Ihre Parole sei klar gewesen: "Wenn ihr unsere Kanone haben wollt, holt sie euch." Die Menge johlt vor Vergnügen.
Einmal mehr wiederholt Trump seine Forderung, dass gut ausgebildete Lehrer und Sicherheitsleute künftig in Schulen Waffen tragen sollten, um mögliche Angreifer auszuschalten. Damit ist er genau auf der Linie der NRA. Auch die Waffenlobby fordert mehr Waffen in Schulen. Ihr Spruch lautet: "Ein böser Mann mit Waffen kann nur auf eine Weise gestoppt werden - von einem guten Mann mit Waffe."
Die NRA und Trump, das ist ein politisches Bündnis, das unzertrennlich zu sein scheint. Mit fast 30 Millionen Dollar hat die Waffenlobby den Präsidentschaftswahlkampf von Trump unterstützt, auch bei den Midterm-Wahlen trommelt die Führung um Wayne LaPierre für die Wahl von republikanischen Kandidaten.
Trump braucht die NRA, und die NRA braucht Trump. Was sie zusammenschweißt, ist dabei aber mehr als nur der Kampf für die Waffen. Man hat auch einen gemeinsamen Feind, und der steht links. Die meisten Demokraten sind bei der NRA verhasst. Demokraten sind für sie Menschen, die ihnen ihre Waffen wegnehmen wollen - und ihren Präsidenten.
Die Ermittlungen gegen Trumps Wahlkampfteam wegen einer möglichen Zusammenarbeit mit russischen Agenten halten die meisten NRA-Leute für Unfug. Als Trump in seiner Rede von einer "Hexenjagd" gegen seine Regierung spricht, gibt es lauten Applaus. Und als an anderer Stelle die Namen Hillary Clinton oder Barack Obama fallen, schallen aus der Menge laute "Buh-Rufe".
"Sie wollen uns dämonisieren"
Zugleich kämpft die NRA wie Trump gegen liberale Medien wie CNN, die "New York Times" oder die "Washington Post". Als Trump wieder einmal die angeblichen "Fake-News"-Medien attackiert, grölen die NRA-Mitglieder, es gibt tosenden Applaus.
Trump lehnt Medien wie CNN oder die Times ab, weil sie seine Politik hinterfragen, weil sie seine Lügen aufdecken, so wie jetzt im Fall der Pornodarstellerin Stormy Daniels. Und bei der NRA sind die Times und CNN verhasst, weil dort häufig Waffengegner zu Wort kommen. Nach dem Massaker in Parkland waren dies zum Beispiel die beiden überlebenden Schüler Emma Gonzalez oder David Hogg.
Die Public-Relations-Abteilung der NRA investiert viel Zeit und Geld, um die Sender und Zeitungen, die sie für Feinde hält, zu attackieren. Damit erledigen sie auch das Geschäft des Präsidenten, werden zu seinen nützlichen Helfern. Diese Unterstützung kann Trump jetzt im Wahlkampf gut gebrauchen.
In Dallas werden auf einem gigantischen Bildschirm neue NRA-Werbevideos gezeigt: In einem Film hält Dana Loesch, die NRA-Sprecherin, ein Feuerzeug an eine Ausgabe der "New York Times", ganz so, als wolle sie das Blatt verbrennen. In einem anderen Video zertrümmert ein NRA-Mann mit einem Hammer einen Fernseher, auf dem CNN läuft. Wieder johlt die Menge begeistert auf.
"Die politischen Eliten, die Medienelite, sie wollen uns dämonisieren", ruft NRA-Boss LaPierre. "Sie wollen uns für die schrecklichen Tragödien verantwortlich machen, die geschehen sind. Dabei wissen wir alle: Wir haben damit überhaupt nichts zu tun."
Das hätte sein Freund Donald Trump nicht besser formulieren können.