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Nato-Manöver "Trident Juncture": Nato demonstriert Stärke

Foto: Javier Cebollada/ dpa

Großmanöver "Trident Juncture" Die Nato protzt mit ihren Waffen

36.000 Soldaten, 140 Flugzeuge, Dutzende Kampfhubschrauber - mit dem größten Manöver seit Jahren will die Nato beweisen, dass sie für den Ernstfall gerüstet ist. Die Show zeigt: Das Bündnis fühlt sich nicht nur durch Russland herausgefordert.

Wenn die Nato ihre Stärke zeigen will, kann sie einiges mobilisieren. Es ist früher Vormittag auf dem Übungsgelände Sankt Gregorio nahe der spanischen Stadt Saragossa, als der Kampf um "Casas Altas" beginnt: Panzer pflügen sich röhrend durch den sandigen Boden, über ihnen knattern Kampfhubschrauber im extremen Tiefflug auf die kleine Stadt zu. Im Hintergrund steigen nach einem Artilleriebeschuss Rauchpilze auf.

In dem kleinen Ort, so erklärt der Sprecher der Allianz auf einer Art Feldherrenhügel, habe sich eine Gruppe von Terroristen verschanzt. Sie sollen nun von der Nato neutralisiert werden.

Die Schlacht sollte ein Zeichen der Nato sein. Vor gut zwei Wochen startete die Allianz im Süden des Bündnisgebiets ihre größte Militärübung seit 2002. Der Kampf um "Casas Altas" ist als medialer Höhepunkt geplant, die Militärs sprechen von einer "show of force". Hunderte Journalisten sind zu dem Spektakel angereist, am Morgen ist auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg eingeflogen. Die Übung, sagt er noch vor dem Start, sei ein "eindrucksvolles Symbol unserer militärischen Fähigkeiten". Jeder im Bündnis könne sich auf die Stärke der Nato verlassen, jederzeit und überall.

Zweifellos ist "Trident Juncture", so haben die Strategen das Mega-Manöver getauft, gigantisch: Von der Atlantikküste Spaniens bis nach Sizilien übte die Nato Landungs- und Kampfeinsätze, das Operationsgebiet erstreckte sich auf einer Fläche von 850 mal 1800 Kilometer. Am Boden waren mehr als 36.000 Soldaten im Einsatz, 140 Flugzeuge in der Luft, vom Kampfjet bis zu den riesigen B-52-Bombern, sie flogen über Südeuropa und spuckten Fallschirmjäger aus. Auf dem Meer kreuzten 60 Schiffe, brachten Truppen und Material an Land. Die Bundeswehr beteiligte sich mit rund 3000 Soldaten, beim symbolischen Kampf um das Terrornest "Casas Altas" waren Gebirgsjäger und Minenräumer im Einsatz.

Wachsende Gefahren am Süd- und Ostrand der Nato

Das Show-Manöver hat zwei Ziele: die Dominanz der Nato zu symbolisieren und Handlungsfähigkeit zu beweisen. Im Szenario geht es um die Besetzung eines fiktiven Landes durch einen Nachbarn, der mit regulären und Guerilla-Truppen die Bevölkerung terrorisiert. Ausdrücklich spielt der Sandkastenkrieg nicht im Nato-Gebiet, sondern am Rande des Bündnisses. Viel besser, erklären die Militärs, könne man die wachsenden Gefahren am Süd- und Ostrand der Allianz nicht üben. "Wir müssen auch Feuer bei unseren Nachbarn militärisch austreten, sonst bleibt nur Elend und Menschen, die die Flucht antreten", sagt der deutsche Nato-General Hans-Lothar Domröse.

Der erfahrene Domröse beurteilt die Lage rund um die Nato pragmatisch. Kühl beschreibt er einen brandgefährlichen "ring of fire" rund um Europa: Vom Osten stelle Russland spätestens nach der Ukrainekrise eine reale Gefahr dar, von Süden rücke der "Islamische Staat" in Syrien, aber auch in Nordafrika immer näher an Europa heran. "Jede Gefahr für sich ist schon nicht angenehm", warnt der General, "aber die Gleichzeitigkeit potenziert das Ganze noch mal". Was er meint: Zwar war die Großübung seit Jahren geplant, die aktuelle Lage aber macht sie plötzlich zu einem halbwegs realistischen Szenario.

Die Übung belegt eine zunehmende Anpassung der Nato an die weltweite Krise. Konzentrierte sich die Allianz in den vergangenen zwei Jahren fast vollständig auf die Aggression Russlands im Osten und auf die Rückversicherung für die Partner dort, rückt nun auch der Süden des Bündnisgebiets in den Fokus.

Zwar will derzeit niemand in der Nato eine Teilnahme am Krieg in Syrien oder im Irak. Schon die Nachbarschaft des Bündnismitglieds Türkei zum Krisenland aber zwingt die Allianz, sich auf jedes mögliche Szenario einzustellen, das eine weitere Ausbreitung des IS und der Instabilität der ganzen Region in den nächsten Jahren nach sich ziehen könnte.

Generalsekretär Stoltenberg brachte die neue Herausforderung auf den Punkt: Die Nato müsse in Zukunft fähig sein, in einem sehr großen Gebiet zu operieren. Man sehe "viele verschiedene Gefahren durch zerfallende Staaten von Afghanistan über Syrien bis hin nach Nordafrika". Auf diese Instabilität müsse sich das Bündnis langfristig einrichten.

Kaum hatte Stoltenberg seine Pressekonferenz beendet, folgte der Höhepunkt der Übung: Sieben riesige C-17-Transportflugzeuge schwebten über dem Gelände, Hunderte Soldaten sprangen am Fallschirm ab. Für das kleine "Casas Altas" und die wenigen "Terroristen" am Boden wirkte das dann doch etwas überdimensioniert.

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