Nein zu Swift Deutsche Politiker loben Veto der EU-Parlamentarier

Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger: "Hohe Messlatte für den Datenschutz in Europa"
Foto: Sean Gallup/ Getty ImagesStraßburg/ Berlin - Mit dem deutlichen Nein zum Swift-Abkommen ist nach Ansicht von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Demokratie in ganz Europa gestärkt worden. Die FDP-Politikerin begrüßte das Votum des EU-Parlaments, mit dem die Weitergabe von Bankverbindungsdaten in die USA gestoppt wurde. Für Leutheusser-Schnarrenberger ist die Entscheidung vom Donnerstag ein Sieg für die Bürger in Europa, sie hätten "gewonnen".
Die Justizministerin hatte stets auf Mängel beim Datenschutz verwiesen. Sie betonte am Donnerstag, das Abkommen enthalte "erhebliche Lücken beim Datenschutz und den zugehörigen Rechtsschutzmöglichkeiten". Das Europaparlament setze nun eine "hohe Messlatte für den Datenschutz in Europa, auch für die Bundesregierung". Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sprach von einem guten Tag für die Grundrechte in Europa. "Sicherheit gewinnen wir nicht durch immer mehr Daten, sondern durch die intelligente Auswertung der relevanten Informationen."
Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich im Gegensatz zu ihrem Kabinettskollegen, Innenminister Thomas de Maizière (CDU), früh gegen das Abkommen zur Weitergabe von europäischen Bankdaten an US-Geheimdienste gesträubt. De Maizière hätte die fragwürdige Vereinbarung mit einem deutschen Veto in Brüssel blockieren können, verzichtete aber darauf. Grünen-Chefin Claudia Roth sprach am Donnerstag denn auch von einer "schweren Niederlage für die schwarz-gelbe Bundesregierung", die es versäumt habe, ihr Veto einzulegen.
Nun stoppte das EU-Parlament das Abkommen vorerst. Mit 378 zu 196 Stimmen lehnten die Abgeordneten am Donnerstag die Vereinbarung ab. Der Entschluss erklärt das bereits seit 1. Februar geltende Interimsabkommen mit den USA für ungültig, das im vergangenen Jahr ausgehandelt worden war. Nach den Regeln des Lissabon-Vertrags war aber die Zustimmung der EU-Parlamentarier erforderlich.
Datenschutz stärken, Bedenken zerstreuen
Das Abkommen hätte US-Terrorfahndern Zugriff auf die Daten von Millionen Bürgern gegeben. Nach dem Veto müssen die Regierungen der 27 EU-Staaten nun eine neue Vereinbarung aushandeln. Parlamentspräsident Jerzy Buzek sagte, die Abgeordneten wollten mehr Garantien für die Wahrung der Bürgerrechte. Außerdem würden Menschenrechte im Namen der Sicherheit aufs Spiel gesetzt. Die EU-Parlamentarier forderten Kommission und Rat auf, die Ausarbeitung eines langfristigen Abkommens mit den USA einzuleiten.
Der stellvertretende Fraktionschef der Europäischen Volkspartei und CSU-Politiker Manfred Weber verwies darauf, dass die Kommission und der Ministerrat nun mit den USA in einer "selbstbewussten europäischen Position" verhandeln müssten. Die Europaabgeordnete der Linken, Cornelia Ernst, sprach von einer "klaren Absage an die Aufweichung europäischer Daten- und Rechtsschutzstandards".
Die EU-Kommission kündigte in einem Brief an Parlamentspräsident Buzek an, "in den kommenden Wochen" Leitlinien für die Verhandlungen über ein langfristiges Abkommen vorzuschlagen. Die Leitlinien würden "die Bedenken des Europäischen Parlaments und des Rats ansprechen" und die "größtmögliche Achtung von Privatsphäre und Datenschutz" gewährleisten.
Allerdings ließ die Brüsseler Behörde Zweifel daran durchblicken, ob die US-Regierung dazu bereit ist. "Ich hoffe, dass wir ein neues Abkommen mit ambitionierten Sicherheitsstandards für die Privatsphäre und den Datenschutz erreichen können", sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in einer ersten Reaktion am Donnerstag in Brüssel. Man werde gemeinsam mit den USA den Handlungsspielraum ausloten.
USA "enttäuscht" über das Veto
Washington hat sich "enttäuscht" über das Veto des Europaparlaments zum Bankdatenabkommen geäußert. Dies sei ein "Rückschlag" für die Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU im Kampf gegen den Terrorismus, stellte die US-Vertretung in Brüssel am Donnerstag fest. Vor der Abstimmung im Parlament hatten die USA gedroht, im Fall eines Neins die Gespräche auf der EU-Ebene abzubrechen und bilateral mit einzelnen Staaten zu verhandeln. Mit dem Aussetzen des Vertrags werde ein "wichtiges Anti-Terror-Programm" unterbrochen.
Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), sieht nach dem Veto dagegen keine Sicherheitslücke. Ein multilaterales Rechtshilfeabkommen sehe bereits den Transfer von Bankdaten vor, wenn es einen "begründeten Terror-Verdacht" gebe. Dieses Abkommen gelte weltweit und damit auch für die USA.
Um die Bedenken des Europaparlaments zu zerstreuen, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding zu, mit den USA auch über ein Abkommen zum Datenschutz zu sprechen. "Eine solche Vereinbarung wäre die andere Seite der Münze", sagte Reding.