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Nelson Mandela: Vom Terroristen zur Lichtgestalt

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Nelson Mandelas Gegner "Dieser schwarze Terrorist"

"Ein großes Licht, eine herausragende Persönlichkeit": Die Welt überschlägt sich mit Lob für den verstorbenen Nelson Mandela. Dabei unterstützten viele Länder lange das Apartheid-Regime und stuften Nelson Mandelas ANC als Terrororganisation ein.

David Camerons Beileidsbekundung ließ nicht lange auf sich warten. Südafrikas Präsident Jacob Zuma hatte gerade erst den Tod Nelson Mandelas verkündet, da twitterte der britische Premier schon: "Ein großes Licht in der Welt ist erloschen. Nelson Mandela war ein Held unserer Zeit", schrieb Cameron. Er war damit der erste ausländische Regierungschef, der öffentlich seine Anteilnahme über den Tod Mandelas äußerte.

26 Jahre zuvor hatte Camerons Amtsvorgängerin und Parteifreundin Margaret Thatcher noch ganz anders über den Anti-Apartheid-Kämpfer und seine Befreiungsbewegung ANC gesprochen: "Der ANC ist eine typische Terrororganisation. Jeder, der glaubt, sie könnte Südafrika regieren, lebt in einem Wolkenkuckucksheim", sagte Thatcher 1987.

Bei Mandela hinterließ diese Ablehnung Spuren: Als er nach seiner Freilassung 1990 nach London reiste, verweigerte er zunächst ein Treffen mit Thatcher. Der konservative Londoner Parlamentsabgeordnete Terry Dicks fragte daraufhin: "Wie lange will sich die Premierministerin eigentlich noch von diesem schwarzen Terroristen ins Gesicht treten lassen?"

Noch nachsichtiger gegenüber dem rassistischen Regime war die US-Regierung unter Ronald Reagan. 1980 setzten die USA Mandelas ANC auf ihre Terrorliste. Als der US-Kongress 1986 den "Comprehensive Anti-Apartheid Act" mit Unterstützung von Demokraten und Republikanern verabschiedete, der Wirtschaftssanktionen und Reisebeschränkungen gegen die südafrikanische Regierung vorsah und Mandelas Freilassung forderte, legte Reagan sein Veto ein. Erst im zweiten Anlauf wurde der Entwurf Gesetz. Ein Abgeordneter, der zwei Mal gegen Mandelas Freilassung stimmte, war der spätere US-Vizepräsident Dick Cheney. Er sagte 20 Jahre später: "Der ANC wurde damals als Terrororganisation betrachtet. Ich habe überhaupt kein Problem mit meiner Entscheidung." Erst 2008 strichen die USA den ANC von ihrer Terrorliste.

Strauß nannte Abschaffung der Apartheid "unverantwortlich"

Weitaus enger noch waren die Beziehungen Israels zum südafrikanischen Apartheidsregime. Nachdem fast alle afrikanischen Staaten nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 ihre Beziehungen zu dem jüdischen Staat abgebrochen hatten, wurde Südafrika einer der wichtigsten Partner Israels.

1976 reiste der damalige Premierminister John Vorster auf Staatsbesuch nach Jerusalem. Premierminister Jitzhak Rabin empfing den Mann, der im Zweiten Weltkrieg Sympathisant des Nazi-Regimes war, mit allen Ehren. Beim Staatsbankett sagte Rabin: "Israel und Südafrika teilen die gleichen Ideale: die Hoffnung auf Gerechtigkeit und friedliches Miteinander." Das offizielle Jahrbuch der südafrikanischen Regierung beschrieb die Beziehungen beider Staaten 1976 so: "Israel und Südafrika haben vor allem eines gemeinsam: Sie existieren in einer feindlichen Umgebung inmitten dunkler Menschen."

Am Rande dieser Gespräche sollen beide Regierungen auch eine militärische Zusammenarbeit vereinbart haben. Bis heute halten sich Gerüchte, dass Israel Südafrika bei der Entwicklung von Nuklearwaffen geholfen habe. Israels Regierungen haben diese Meldungen stets dementiert. Trotzdem werfen Anti-Apartheid-Kämpfer den Israelis vor, dass ihre Unterstützung das südafrikanische Regime an der Macht gehalten habe.

Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis bemerkte Mandela bitter: "Ich habe Einladungen aus fast jedem Land der Welt erhalten - außer von Israel." Erst 1999, kurz vor Ende seiner Amtszeit, reiste Mandela nach Israel. Außenminister Daniel Levy sagte damals: "Wir sind sehr stolz, dass uns dieser Mann besucht."

Doch auch namhafte deutsche Politiker unterstützten das Apartheid-Regime. Noch 1988 war der damalige CSU-Chef Franz Josef Strauß Ehrengast von Außenminister Pik Botha. Die Abschaffung der Apartheid sei "unverantwortlich" und die Gleichstellung der schwarzen Mehrheit "nicht wünschenswert", sagte Strauß damals. Treffen mit ANC-Vertretern lehnte er ab. Bei einem Auftritt vor Buren rief er : "Nie in meinem 40-jährigen politischen Leben habe ich eine so ungerechte und unfaire Behandlung eines Landes erlebt, wie sie Südafrika widerfährt."

Strauß' Nachfolger Horst Seehofer äußert sich heute ganz anders. Anlässlich des Todes von Nelson Mandela erklärte der bayerische Ministerpräsident: "Wir trauern mit allen Südafrikanern um einen großen Präsidenten und eine bewundernswerte Persönlichkeit. In der historischen Stunde der Geburt des neuen Südafrika ist Nelson Mandela zu einem geachteten Staatsmann geworden, der sein Vaterland in die Gemeinschaft der freien Völker geführt hat."

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