Neue Papandreou-Partei Comeback einer griechischen Marke

Ist das die Rache des alten Mannes? Kurz vor den Neuwahlen präsentiert Ex-Premier Georgios Papandreou eine neue Partei. Einst wurde er als Verantwortlicher der Finanzkrise aus dem Amt gejagt. Doch sein Name hat noch immer Gewicht in Griechenland.
Logo der neuen Partei des Ex-Premiers Papandreou: Neue "Bewegung" in Griechenland

Logo der neuen Partei des Ex-Premiers Papandreou: Neue "Bewegung" in Griechenland

Foto: Tokinima

Georgios Papandreou ist wieder da. Heute hat der ehemalige Premierminister seine neue Partei Bewegung der demokratischen Sozialisten vorgestellt - kurz vor den vorgezogenen Wahlen am 25. Januar. Ein bemerkenswerter Schachzug, der den Gewinn des Wahlkampfs stark beeinflussen könnte. Und damit die Zukunft von Europas am höchsten verschuldeter Nation entscheidend prägen könnte.

Papandreou wurde im Oktober 2009 schon einmal zum Premierminister gewählt. Zuvor hatte er seine Partei, die Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok), zu einem klaren Sieg über die Konservativen geführt - mit 44 Prozent der abgegebenen Stimmen. Seine Amtszeit mitten in der griechischen Finanzkrise war kurz und unglücklich. Im November 2011 musste er nach einer nicht mit den Geldgebern vereinbarten Ankündigung einer Volksabstimmung über die Euro-Politik seiner Regierung zurücktreten. Das Referendum fand nicht statt.

Seitdem war Papandreou von der politischen Bildfläche verschwunden. Gelegentlich trat er als Vortragsredner auf, ging seiner Sportleidenschaft nach. Und bereitete sein Comeback vor. Am Samstagabend war es soweit. Im Benaki Museum in Athen trat Papandreou vor die Presse, begleitet von Anhängern, die laut seinen Namen skandierten. "Eine Bewegung ist geboren, wir werden wir den Kurs ändern, Giorgio, gemeinsam werden wir Geschichte schreiben", riefen sie.

"Diejenigen, die meine Initiative nicht verstehen wollen, sprechen von einer 'persönlichen Agenda'", sagte Papandreou in einer Rede. "Sie hören nicht unsere tausenden Mitbürger oder die aktuellen Mitglieder der Pasok, die wollen, dass endlich der Niedergang unserer Werte aufhört."

Papandreou spielte damit auf Äußerungen des derzeitigen Pasok-Vorsitzenden Evangelos Venizelos an. Er wies aber den Begriff "Spaltung" zurück und sprach von einer "Befreiung" und einer "kreativen Auseinandersetzung". Hätte er an sein persönliches Interesse gedacht, hätte er sich mit einer Wiederwahl ins Parlament und dem "Schweigen" zufriedengegeben, fügte er hinzu.

Zurück aus der Kälte

Das eindringlichste Bild, das die meisten Griechen von Papandreou im Kopf haben dürften, stammt aus dem April 2010. Damals rief er die internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf und prägte in einer TV-Ansprache von der ägäischen Insel Kastelorizo das Bild vom "sinkenden Schiff" der griechischen Wirtschaft.

Seiner Bitte folgten hohe Arbeitslosigkeit, Rezession und soziale Unruhen - Geschehnisse, die sowohl Griechenland als auch Pasok ruinierten. Der Niedergang der Partei ermöglichte dem Bündnis der radikalen Linken (Syriza) den Aufstieg zur beliebtesten Fraktion - und als Favorit für die kommende Wahl in drei Wochen. Nun, so scheint es, besiegelt Papandreou das Ende von Pasok, jener Partei, die sein Vater Andreas 1974 gegründet hatte.

Die überwiegende Mehrheit der Griechen - laut einer Umfrage fast 85 Prozent - will keine Rückkehr von Papandreou in die Politik. Aber er ist Mitglied einer bekannten politischen Dynastie - sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren Premier. Die Marke Papandreou hat Macht in Griechenland. Immerhin knapp vier Prozent sehen es gerne, dass er der neuen Partei Bewegung der demokratischen Sozialisten vorsteht. In Griechenlands zerfaserter Politikszene könnte diese Zahl am Wahltag Gewicht haben. Die Partei könnte Wähler von Syriza abziehen und den Sieg über die konservative Neue Demokratie mit Premier Antonis Samaras bringen. Experten erwarten für keine der Parteien eine absolute Mehrheit - kleine Parteien könnten also das Zünglein an der Waage sein.

Am Steuer eingeschlafen

Laut Philippos Sachinidis, ein langjähriges Parlamentsmitglied für Pasok und Vertrauter von Papandreou, hat der 62-Jährige die neue Partei frei von Rachegedanken oder persönlichen Ambitionen gegründet. "Wir möchten den kreativen Kräften unseres Landes eine politische Heimat geben. Wir schauen in die Zukunft - als Verfechter von Reformen, die Griechenland global wieder glänzen lassen soll. Und wir wollen den Konflikt zwischen Rettungsschirm-Gegnern und -Befürwortern endlich überwinden", sagte er SPIEGEL ONLINE kurz vor der offiziellen Vorstellung der "Bewegung".

Menschen, die Papandreou nahestehen, sagen, dass seine Partei offen für politische Kooperationen sein - mit Ausnahme der rechten Extremisten Goldene Morgenröte. Ob diese Aussage belastbar ist, bleibt fraglich. Syriza hat Untersuchungen zur Rolle der Verantwortlichen der Staatspleite angekündigt, Pasok beschuldigt Papandreou, unmoralisch gehandelt zu haben. Und die Neue Demokratie wirft ihm vor, während der ersten Monate seiner Amtszeit am Steuer eingeschlafen zu sein und Griechenland so dem Zorn der freien Märkte ausgesetzt zu haben.

Papandreous Unterstützer nehmen ihn in Schutz und argumentieren, dass er nicht für die Zerstörung von Pasok verantwortlich sei. Schließlich könne man keine Partei zerstören, deren Mitgliedszahlen dramatisch geschrumpft seien. Auch die Syriza-Kritik sehen sie gelassen. Schließlich sei es bequem, Papandreou für die Pleite verantwortlich zu machen. Und nicht die vorherige konservative Regierung, die 120 Milliarden Euro Schulden hinterlassen hat.

"Nice guy" mit fortschrittlichen Ideen?

Papandreou wird von seinen Vertrauten als offener Politiker beschrieben - ein "nice guy" mit fortschrittlichen Ideen. Die griechische Presse berichtete, dass die Parteizentrale vor jungen Menschen mit Laptops unter dem Arm wimmeln würde.

Seine Gegner beschuldigen ihn der groben Unterschätzung von Griechenlands Problemen nach seiner Wahl. Er gilt als unnahbar und untauglich. Und ihm mangelt es am Charisma seiner Vorfahren - beide waren feurige Redner, die von ihren Anhängern verehrt wurden. Dennoch kommentiert ein Leser einen Artikel zu dem Thema: "Mein Großvater hat schon seinen Großvater gewählt, mein Vater seinen Vater Andreas. Und ich bin stolz, auch wieder Georgios Papandreou zu wählen."

Aber zumindest Sachinidis ist zuversichtlich, dass Papandreou rehabilitiert werden wird - wie sein Vater und Großvater. "George Papandreou senior wurde von der Linken in der Nachkriegszeit verteufelt. Und später als großer alter Mann der Demokratie gefeiert." Und auch sein Vater Andreas wurde für die Pasok-Gründung angegriffen. Aber dann wurde er dreimal Premierminister. Ich glaube, dass Georgios Papandreou die gleiche Anerkennung zuteil werden wird."

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Papandreou die neue Partei nicht ganz frei von Rachegedanken gegründet habe. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Wir bitten den Übersetzungsfehler zu entschuldigen.

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