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Chinas Streitmacht: Modernisierung im Eilverfahren

Foto: ? Jason Lee / Reuters/ REUTERS

Neue Rakete "Dongfeng 21 D" Chinas Schiffskiller alarmiert US-Militärs

Chinas Aufrüstung sorgt für Aufregung bei amerikanischen Streitkräften. Peking hat nach US-Angaben jetzt seine ballistische Rakete vom Typ "Ostwind" entscheidend weiterentwickelt - sie soll Flugzeugträger versenken können und dürfte die Machtbalance im Pazifikraum entscheidend verschieben.

China

Washington - Wenn es um die militärische Aufrüstung Chinas geht, kommt die US-Regierung mit ihren Berichten fast nicht mehr hinterher. Erst im Sommer hatte Washington in einem Pentagon-Bericht davor gewarnt, Peking modernisiere teils im Geheimen seine Armee. Nun schlägt ein hochrangiger US-Militär erneut Alarm: sei es gelungen, eine Rakete, die sich gegen Schiffe richte, zu verbessern, zitierte die "Financial Times" Admiral Robert Willard.

Das Waffensystem sei eine Bedrohung für US-Flugzeugträger im Pazifikraum und habe die erste Stufe der Einsatzfähigkeit erreicht, erklärte Willard. Das US-Militär ist deshalb so alarmiert, weil die neue Rakete "Dongfeng 21 D" nach Ansicht von Verteidigungsexperten das Kräfteverhältnis im Pazifik deutlich verändern wird. Sie hat ihren Stützpunkt auf dem Land und kann mit Hilfe von Satelliten, Drohnen oder Radar ihr Ziel auch in weiter Ferne erreichen. Flugzeugträger können sich gegen die Waffe (Dongfeng bedeutet "Ostwind") nicht verteidigen.

Schon Anfang 2010 hatte das Pentagon sich in einem Bericht beunruhigt darüber gezeigt, in welcher Geschwindigkeit Peking seine Streitkräfte zu einer Hightech-Truppe aufrüstet.

Schon der Vorgängertyp der Anti-Schiff-Rakete, die DF-21 hatte in US-Militärkreisen für einige Aufregung gesorgt. Das U.S. Naval Institute (USNI) etwa sprach von einer "beträchtlichen neuen Bedrohung" für amerikanische Kriegsschiffe. Der konventionelle Sprengkopf der DF-21 sei groß genug, "um einen Flugzeugträger mit einem Schlag zu versenken". Ihr ausgefeiltes Steuerungssystem mache die DF-21 auf ihrem Kurs unberechenbar, ihre geringe Größe für Radar schwer auffindbar, und bei einer Geschwindigkeit von Mach 10 könne sie ihre maximale Reichweite von 2000 Kilometern in weniger als zwölf Minuten hinter sich bringen.

Die neuen Äußerungen des US-Admirals Willard zum Nachfolgermodell Dongfeng 21 D zeigen, dass China die militärische Modernisierung in einer viel höheren Geschwindigkeit vorantreibt, als viele erwartet haben.

USA

Vor allem der Fortschritt bei der chinesischen Seemacht sorgt in den und anderen Ländern im pazifischen Raum für Nervosität. Japan etwa legt seinen militärischen Fokus inzwischen wieder auf die potentielle Bedrohung aus China. Die Angst dieser Länder: Das Kräfteverhältnis in der Region könnte zugunsten der Volksrepublik kippen.

Die neue Rakete zwingt die USA zum Umdenken

Taiwan

Der Pazifik-Raum ist ein konfliktträchtiges Gebiet: Die USA sehen sich als Beschützer von Pekings Erzfeind . Das amerikanische Gesetz schreibt der Regierung in Washington vor, Taiwan bei der Verteidigung gegen einen möglichen chinesischen Einmarsch zu unterstützen. Peking betrachtet die dem chinesischen Festland vorgelagerte Insel seit der Revolution von 1949 als abtrünnige Provinz und strebt eine Wiedervereinigung zu seinen Bedingungen an.

Durch seine neue Anti-Schiff-Rakete könnte China die USA zwingen, sich aus bestimmten pazifischen Gewässern wie der Taiwan-Straße fernzuhalten oder Seegrenzen nicht zu verletzen. Die USA haben die neue Entwicklung registriert und arbeiten an Lösungen. So wird unter anderem ein Konzept entwickelt, das Operationen zu Wasser und zu Luft stärker verzahnen soll.

Mit der Entwicklung von Anti-Schiff-Raketen müsse das Pentagon die Einsatzmöglichkeiten von Flugzeugträgern überdenken, erklärte US-Verteidigungsminister Robert Gates bereits im September.

Admiral Willard geht davon aus, dass China seine neuen Raketen bereits groß angelegt getestet hat. Experten verweisen auf mehrere Raketentests, die China in diesem Jahr durchgeführt hat. Beobachter glauben, dass Peking im vergangenen Jahr die Produktion von Antrieben gestartet hat und im Süden des Landes ein Entwicklungszentrum für das Waffensystem einrichten möchte.

Völlig ausgereift ist die neue Technik noch nicht

Völlig ausgereift sei die neue Rakete aber noch nicht, erklärte Admiral Willard. Es seien noch Tests über mehrere Jahre hinweg nötig. Denn das gesamte System müsse noch auf seine Funktion auf See untersucht werden. Tests auf dem Meer seien wesentlich schwieriger als auf dem Land. Und es gilt als große technische Herausforderung, einen Flugzeugträgerverband auf hoher See zu orten

So hat China bei Satelliten nach Ansicht der Amerikaner noch Nachholbedarf. Denn um bewegliche Ziele auf dem Meer ansteuern zu können, sind mehrere Satelliten notwendig. Dennoch sehen Experten bereits jetzt eine Gefahr für US-Flugzeugträger. Denn mangelnde Präzision könne Peking einfach durch den Einsatz von mehr Raketen ausgleichen.

Für die Regierung in Washington ist klar: Sie muss die Volksrepublik genau im Auge behalten. Denn China fährt einen rasanten Modernisierungskurs - wirtschaftlich wie militärisch.

In einem Bericht warnte das US-Verteidigungsministerium, dass China nicht nur aufrüste, sondern auch seine Strategie ändere. Der Fokus liege nicht mehr nur auf dem Schutz der Souveränität des Landes und der Bewachung der Grenzen. Peking wolle in Zukunft auch seine wirtschaftlichen Interessen sichern.

Wie wird Peking reagieren?

Peking besitze inzwischen eines der größten Arsenale an Boden-Luft-Raketen, bilanzierte das Pentagon im Sommer. Vor zehn Jahren hätten die USA weniger als zehn Prozent der chinesischen U-Boot-Flotte als modern eingestuft. Inzwischen wird die Hälfte der Boote als fortschrittlich bewertet. Auch bei der Luftwaffe habe China enorme Fortschritte gemacht.

Es bleibt abzuwarten, wie Peking auf die neuesten Einschätzungen der US-Militärs reagiert. Der Bericht im Sommer hatte bei der chinesischen Führung Verärgerung ausgelöst. Damals hieß es, das Papier aus Washington sei eine "Einmischung in innere Angelegenheiten".

mmq
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