Neue Uran-Anreicherung Ahmadinedschad lässt internationale Kritik kalt

Irans Präsident Ahmadinedschad: "Wir haben kein Geheimnis"
Foto: A2800 epa Szenes/ dpaPittsburgh - Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat sämtliche Vorwürfe in Bezug auf eine Geheimhaltung des iranischen Atomprogramms zurückgewiesen. "Wir haben kein Geheimnis", sagte er dem "Time Magazine". "Wir arbeiten im Rahmen der IAEA." In einer Pressekonferenz erklärte er weiter, unabhängige Experten könnten sich die Anlage jederzeit ansehen. "Wir haben nichts zu verbergen".
Der iranische Staatschef zeigte sich demonstrativ unbeeindruckt: Von Journalisten mit der internationalen Kritik konfrontiert sagte Ahmadinedschad, die USA, Großbritannien und Frankreich würden ihre Vorwürfe "bereuen". Auch fürchte Iran keine Angriffe durch Israel. Das Land "würde es nicht wagen", Iran anzugreifen, sagte Ahmadinedschad: "Wir sind in der Lage, uns zu verteidigen".
Am Freitag hatte Iran den Bau einer zweiten Atomanlage zur Anreicherung von Uran zugegeben. Teheran habe die Internationale Atomenergiebehörde in einem Brief über das Projekt informiert, erklärte ein Sprecher der Organisation. Westliche Staats- und Regierungschefs äußerten sich besorgt: US-Präsident Barack Obama warf Teheran vor, die zweite Anlage zur Urananreicherung jahrelang verheimlicht zu haben.
Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister Gordon Brown drohte Obama am Rande des G-20-Gipfels in Pittsburgh mit harten Sanktionen, sollten die IAEA-Inspekteure keinen Zugang zu der Anlage erhalten. "Die Größe und die Beschaffenheit dieser Einrichtung passt nicht zu einem friedlichen Programm", sagte Obama.
Die Enthüllung droht die für kommenden Donnerstag geplanten neuen Verhandlungen zwischen Teheran und der Sechsergruppe der ständigen Uno-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschlands zu belasten. Bislang hatte Teheran die Existenz von lediglich einer derartigen Anlage eingeräumt.
"Schockiert und verärgert"
US-Außenministerin Hillary Clinton sagte in New York, die Entdeckung der Anlage werde noch zögernde Staaten nun zur Unterstützung der Iranpolitik der USA bewegen. Diejenigen, die Sanktionen gegen Iran noch zögerlich gegenüberstünden, dürften von ihren Bedenken nun abrücken, sagte sie.
Nach Obamas Angaben baut Iran die Anlage seit mehreren Jahren im Inneren eines Berges in der Nähe der heiligen Stadt Qom, 160 Kilometer südlich von Teheran. Brown sagte, die Entdeckung "schockiert und verärgert" die internationale Gemeinschaft. Sarkozy drohte Iran bis zum Dezember mit weiteren Sanktionen.
Nach dem Schreiben aus Teheran an die IAEA vom Montag soll in der Anlage Uran um fünf Prozent angereichert werden. Dies reicht nach Einschätzung von Experten nicht aus, um Atomwaffen herzustellen. Aus US-Regierungskreisen hieß es dagegen, die Anlage habe die "richtige Größe", um Uran für militärische Zwecke anzureichern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich in Pittsburgh ebenfalls "sehr besorgt". Auch Deutschland sehe in der neuen Anlage einen Verstoß gegen die Auflagen der IAEA und auch der Vereinten Nationen.
Der Uno-Sicherheitsrat hatte erst am Donnerstag einmütig zu einer atomwaffenfreien Welt aufgerufen. Am kommenden Donnerstag wollen Deutschland, Großbritannien, China, Frankreich, Russland und die USA in Genf mit Iran verhandeln.
Schwenkt Medwedew um?
Auch Russland zeigte sich über die Atompläne Teherans besorgt. "Wie könnten wir nicht beunruhigt sein", sagte eine Sprecherin des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew am Freitag. Der Kremlchef hatte zuletzt Sanktionen des Uno-Sicherheitsrats gegen Teheran nicht ausgeschlossen. "In einigen Fällen ist die Verhängung von Sanktionen unausweichlich", sagte Medwedew. Russland hatte als Vetomacht im Weltsicherheitsrat die Strafmaßnahmen längere Zeit ausgeschlossen.
Nach russischen Medienberichten könnte Moskau nach der Abkehr Washingtons von den US-Raketenabwehrplänen in Mitteleuropa nun im Gegenzug doch bereit sein, die international geforderten Sanktionen mitzutragen. Russland baut in Iran das erste dortige Atomkraftwerk und hat Teheran immer wieder ein Recht auf die friedliche Nutzung von Atomenergie zugebilligt. Allerdings will auch Moskau eine militärische Nutzung atomar spaltbaren Materials durch Iran verhindern.
Nach Darstellung russischer Zeitungen hatte Moskau zuletzt noch versucht, den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad nach Moskau zur Klärung des Atomstreits einzuladen. Ahmadinedschad habe aber mit dem Hinweis abgelehnt, alles könne auf der Uno-Vollversammlung in New York besprochen werden. Dies habe Medwedew mit dem Hinweis kommentiert, nun müsse Russland wohl auf die US-Linie einschwenken, hieß es in Moskau.