Neuer Vorwurf 60 Kinder-Gefangene in Guantanamo

Die Liste der Kritik am US-Gefangenencamp Guantanamo auf Kuba ist lang. Jetzt kommt ein weiterer Vorwurf hinzu: Eine britische Menschenrechtsorganisation behauptet, die USA würden dort Gefangene festhalten, die zum Zeitpunkt ihrer Festnahme noch Kinder waren.

Hamburg – Dutzende der Gefangenen seien unter 18 Jahre alt gewesen, viele davon sogar erst 14 Jahre, als sie nach Guantanamo geschickt wurden. Das wirft die britische Menschenrechtsorganisation Reprieve der US-Regierung vor. Juristen der Organisation schätzen, dass mehr als 60 Gefangene Jungen unter 18 waren, als sie verhaftet wurden. Zehn davon seien sogar erst 14 oder 15 Jahre alt gewesen, berichtet die britische Zeitung "The Independent" heute über die Kritik von Reprieve.

Einer der betroffenen Häftlinge ist dem Bericht zufolge Mohamed el Gharani, dem vorgeworfen wird, 1998 an der Vorbereitung eines Anschlags in London durch al-Qaida beteiligt gewesen zu sein. Zu der Zeit aber sei er erst zwölf Jahre alt gewesen – und habe bei seinen Eltern in Saudi Arabien gelebt. Er sei im Oktober 2001 im Alter von 14 Jahren in Karatschi, Pakistan, verhaftet worden und habe seither einige Jahre in Einzelhaft verbracht. Ihm wird vorgeworfen, ein Qaida-Kämpfer zu sein.

Auch der in Kanada geborene Omar Khadr sei als Jugendlicher verhaftet worden - im Alter von 15 Jahren. Auch er, der Sohn eines hochrangigen Qaida-Mitglieds, habe mehrere Jahre in Einzelhaft verbracht. Ihm legt die US-Regierung zur Last, im Juli 2002 einen US-Soldaten getötet zu haben.

Mittlerweile, so Reprieve, seien aber alle Gefangenen über 18 Jahre alt, nachdem sie mehr als vier Jahre in dem umstrittenen Lager verbracht hätten.

Britische Regierungsvertreter sagten der Zeitung, die US-Regierung habe ihnen zugesichert, jugendliche Häftlinge würden in einer speziellen Einrichtung auf Guantanamo, im Camp Iguana, festgehalten. Die US-Administration spreche allerdings nur von drei Gefangenen, die auf Guantanamo jemals als Kinder behandelt wurden, nämlich drei Afghanen.

Gleichwohl hat US-Präsident George W. Bush mehrmals erklärt, Gefangene in Guantanamo würden nicht nach normalem Strafrecht behandelt, schließlich handele es sich bei den al-Qaida-Kämpfern oder Taliban um feindliche Kombattanten. Die Menschenrechtsorganisation betonte dagegen, das Vorgehen der USA entspreche nicht internationalen Regeln.

Reprieve hat die Vorwürfe erhoben, nachdem das Pentagon gezwungen wurde, eine vollständige Gefangenenliste zu veröffentlichen. Demnach waren 17 Gefangene unter 18, als sie nach Guantanamo geschickt wurden. Diese Zahl würde aber nicht stimmen, da in der Liste Geburtsdaten durcheinander gebracht worden seien.

Ein Pentagon-Sprecher betonte, dass in Guantanamo kein Jugendlicher festgehalten werde. "Zudem gibt es keinen internationalen Standard, der regelt, wie alt jene sein sollen, die an kriegerischen Kämpfen teilnehmen. Das Alter ist kein bestimmender Faktor bei Festnahmen von Leuten, die an bewaffneten Kämpfen gegen unsere Streitkräfte beteiligt sind."

kaz

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