Neuer Zündstoff USA wollen irakische Wissenschaftler verhören
New York/Washington - Die "Washington Post" berichtet, die Bush-Regierung erwarte, dass es in der Frage von Wissenschaftler-Befragungen zu einer Konfrontation mit Saddam Hussein kommen wird. Dies will das Blatt von einem hohen US-Regierungsbeamten erfahren haben. Die Administration rechne vor allem damit, dass sich Saddam insbesondere gegen Vernehmungen von irakischen Wissenschaftlern außerhalb des Landes sperren werde. Die USA dringen jedoch darauf, dass irakische Wissenschaftler im Rahmen der Uno-Waffeninspektionen aussagen müssen.
Eine Weigerung des irakischen Präsidenten, die Experten für die Befragungen zur Verfügung zu stellen, würde Washingtoner als ein "Fehlen von Kooperationsbereitschaft" und damit ein klarer Verstoß gegen die Uno-Resolution deuten, zitierte die Zeitung den Beamten.
"Ein Panzer könnte durch diese Lücken fahren"
Die Liste der irakischen Waffenprogramme habe einem ersten Eindruck zufolge "Lücken, die groß genug sind, um mit einem Panzer durchzufahren", zitierte die "New York Times" einen Vertreter der US-Behörden. Der Bericht verschweige etwa den Verbleib von 550 Senfgas-Granaten und 150 Biowaffen-Bomben, die in den späten neunziger Jahren von der Uno entdeckt worden und seitdem vermisst seien.
Die amerikanische Regierung steht nun vor der Entscheidung, ob der Irak schon jetzt deutlich gegen die jüngste Uno-Resolution verstoßen und den USA einen Kriegsgrund gegeben hat. Präsidialamtssprecher Ari Fleischer hatte mehrfach betont, Lücken im irakischen Rüstungsbericht stellten einen Verstoß gegen die Uno-Resolution 1441 dar, die dem Irak für diesen Fall mit "ernsten Konsequenzen" droht. Offiziellen US-Angaben zufolge wird die Prüfung der irakischen Liste allerdings noch Tage oder gar Wochen in Anspruch nehmen.
Regierungsquellen sprechen der "New York Times" zufolge von drei Alternativen der Bush-Regierung. Man könne erstens dem Irak spezifische Fragen über bestimmte Rüstungsprogramme stellen, was aber im Weißen Haus nicht ernsthaft in Betracht gezogen werde. Zweitens könnten die USA den Uno-Inspektoren mit Geheimdienstinformationen zielgenaue Kontrollen ermöglichen. Fleischer hatte jedoch erklärt, dass die USA keine Informationen preisgeben würden, die die Methoden und Quellen der Geheimdienste offenbarten.
Als dritte Alternative könnte die US-Regierung nach der Prüfung des irakischen Dossiers erklären, dass der Irak seine Verpflichtungen verletzt habe, was einen Krieg ermöglichen würde. Dafür allerdings müssten die USA gegenüber den Vereinten Nationen erst beweisen, dass der Irak bewusst Massenvernichtungswaffen verheimlicht hat.
"Unsere vorläufige Beurteilung ist, dass große Teile des Berichts wiederverwertetes Material zu sein scheinen", sagte ein Uno-Diplomat der "New York Times". Der Bericht lasse nach Darstellung der US-Vertreter viele Fragen offen - unter anderem, warum der Irak in den vergangenen Jahren versucht hat, in Afrika Uran zu kaufen sowie Hochtechnologie, die laut USA und Großbritannien zur Anreicherung von Uran geeignet ist.
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bekräftigte gegenüber dem Nachrichtensender CNN den Hauptvorwurf seiner Regierung an den Irak: "Es ist klar, dass Irak Massenvernichtungswaffen hat", sagte er bei einem Truppenbesuch in Katar. Die Frage sei, ob das Land bereit sei, die Forderungen der Uno zu erfüllen und diese Waffen abzurüsten.