Neues Bündnis Serbien erhält pro-westliche Regierung

Das Ende einer bitteren Feindschaft: In Serbien haben sich die Sozialistische Partei und die Pro-Europäer auf eine gemeinsame Regierung geeinigt. Beide Parteien wollen die Vergangenheit vergessen und die Ämter unter sich fair aufteilen.

Belgrad - Seit mehr als 15 Jahren waren die beiden Lager verfeindet - doch nun haben sie sich geeinigt. Die Sozialisten (SPS) des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic stimmten einer Koalition mit den Parteien der Pro-Europäer (DS) unter Führung von Staatschef Boris Tadic zu. Rund sechs Wochen nach der vorgezogenen Parlamentswahl erhält Serbien eine neue Regierung, wie der Vorsitzende der Sozialisten Ivica Dacic am Montag in Belgrad mitteilte. Die Parteispitze habe ein entsprechendes Angebot von Tadic angenommen.

Die Demokratische Partei (DS) von Tadic hatte am Samstag Gespräche mit den Sozialisten aufgenommen. Übereinstimmend berichteten die Medien des Landes, dass es inzwischen weitgehende Absprachen geben soll. Daher dürfte die formelle Regierungsbildung eine Frage von wenigen Tagen sein.

An diesem Dienstag soll das Parlament bereits zusammenkommen, um einen Präsidenten zu wählen. Dieser werde von der SPS gestellt, kündigte Sozialistenchef Ivica Dacic an. Demnach soll die DS-Partei den Ministerpräsidenten stellen, einen Namen nannte er jedoch nicht. Nach unbestätigten Medienberichten soll Dacic selbst Vizeregierungschef und Innenminister werden.

Erst vor Kurzem hatten die serbischen Sozialisten die Koalitionsverhandlungen mit den anti-europäischen Nationalisten abgebrochen. Die Meinungsverschiedenheiten über den Weg in die Europäische Union seien unüberbrückbar, hieß es.

Doch auch den Sozialisten und Pro-Europäern verlangt die Regierungskoalition einen Neunanfang im Umgang miteinander ab. Bisher waren die Parteien extrem verfeindet. Die Regimepartei SPS hatte unter dem fast diktatorisch regierenden Parteigründer Milosevic die DS-Partei des 2003 ermordeten Regierungschef Zoran Djindjic bekämpft. Dabei wurden nicht nur Polizei und Armee samt Panzern bemüht, sondern auch politische Morde und eine willfährige Justiz eingesetzt.

Djindjic hatte im Oktober 2000 einen Volksaufstand angeführt, mit dem Milosevic entmachtet wurde. Im folgenden Jahr hatte er Milosevic an das UN- Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausliefern lassen, wo er später an einem Herzinfarkt gestorben war. Der neue Parteichef Tadic, Nachfolger von Djindjic, hatte sich in der Organisation aller Widersacher entledigt und die DS vollständig auf sich ausgerichtet.

Vor zwei Wochen hatte er eine "nationale Versöhnung" zwischen den traditionellen politischen Gegnern angeregt. Beide Parteien hätten ganz ähnliche Programme und sollten jetzt die Vergangenheit vergessen, hatte Tadic verlangt. Gleichzeitig hatte er die beiden früheren politischen Feinde Djindjic und Milosevic gleichgesetzt.

fat/AFP/dpa

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