New York Dem Uno-Gebäude droht der Verfall
New York - Ein neuer Bericht über den Zustand des Uno-Hauptquartiers kurz vor dem Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen im September lässt schlimmstes befürchten. Demzufolge ist die Teilnahme an der Jahrtausendversammlung nicht ungefährlich. Rechtzeitig vor der "größten Gipfelkonferenz aller Zeiten" - mehr als 140 Staats- und Regierungschefs werden erwartet - hat der Generalsekretär der Weltorganisation, Kofi Annan, auf gravierende bauliche und sicherheitstechnische Mängel des Uno-Komplexes aufmerksam gemacht.
Wer sich in dem Gebäude aufhalte, "hat bei Feuer eine geringere Überlebenschance als in vergleichbaren Gebäuden New Yorks", heißt es in dem Papier. Der Uno-Bau erfülle nicht die Mindestanforderungen des Brandschutzes, der Sicherheit, des Energieverbrauchs und der Zugänglichkeit. Der allgemeine Verfall des vor 50 Jahren von berühmten Architekten wie Le Corbusier, Oscar Niemeyer und Wallace K. Harrison entworfenen Uno-Palastes sei "dramatisch".
Ungeschminkter fasste ein Diplomat aus Kenia seine Eindrücke vom Allerheiligsten der Weltorganisation zusammen: "Das ist ein einziger Schrottplatz. Selbst in Afrika haben wir für internationale Konferenzen modernere Gebäude." Neben den augenfälligen Sicherheitsmängeln gehen den Tausenden von Uno-Mitarbeitern Kümmernisse wie ausfallende Rolltreppen oder stinkende Teppichböden auf die Nerven. Wer Uno-Diplomaten zum Fluchen verleiten will, braucht nur die Klimaanlage zu erwähnen. Die heizt im Sommer, kühlt im Winter und steht ansonsten in dem Ruf, jede Menge Schadstoffe in die Büros und Sitzungssäle zu blasen.
Der Grund für die Misere ist klar. Der Weltorganisation fehlt es seit Jahren an Geld für größere Wartungsarbeiten. Nun aber wittern die frustrierten Gebäudeverwalter der Weltorganisation Morgenluft. Sie hoffen, dass die einflussreichsten Männer und Frauen der Welt, die auf dem Millenniumsgipfel vom 6. bis 8. September die Hauptaufgaben der Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert festlegen sollen, auch die Zeit finden, einen Blick in Annans "Capital Master Plan" für die Rekonstruktion des Uno-Hauptquartiers zu werfen und diesen möglichst auch absegnen.
Da dürfte so mancher eine Zahl rot anstreichen: Eine Milliarde Dollar (2,15 Milliarden Mark) verlangen die Planer der Weltorganisation - ein Vielfaches der 65 Millionen Dollar, die der 39 Stockwerke hohe Bau seinerzeit gekostet hatte. Spätestens von 2001 an sollen innerhalb von sechs Jahren das Hochhaus des Uno-Sekretariats, der Sitzungssaal der Vollversammlung und umliegende Gebäude abschnittsweise einer umfassenden Verjüngungskur unterzogen werden. Hunderte Mitarbeiter sollen für Monate, wenn nicht Jahre in provisorischen Büros untergebracht werden.
Das nötige "Kleingeld" sollen vor allem die zahlungskräftigen der 188 Mitgliedstaaten aufbringen, zu denen nach den USA und Japan auch Deutschland gerechnet wird. In Berlin studieren derzeit Referenten Annans Masterplan mit einer gehörigen Portion Skepsis. "Bei der Übernahme zusätzlicher Verpflichtungen", sagt der Sprecher der deutschen Uno-Mission in New York, Botschafter Hanns Schuhmacher, "muss natürlich berücksichtigt werden, dass wir schon jetzt als drittgrößter Beitragszahler erhebliche Lasten tragen."