Poker um Nordkorea und Handel Trumps seltsame China-Taktik

Im Handelsstreit mit Peking zeigt der US-Präsident Entgegenkommen, er will bei der Rettung des umstrittenen Telekommunikationskonzerns ZTE helfen. Erhofft er sich Vorteile im Nordkorea-Poker - oder geht es um private Interessen?
Donald Trump

Donald Trump

Foto: MANDEL NGAN/ AFP

Es könnte alles so einfach sein. Am 12. Juni löst US-Präsident Donald Trump bei seinem Treffen mit Diktator Kim Jong Un in Singapur den Koreakonflikt. Zwischendurch schließt er noch einen Handelsdeal mit China. Im Handstreich hätte Trump damit zwei große Erfolge vorzuweisen.

Doch noch ist es nicht so weit. Wie so häufig bei komplexen politischen Verhandlungen steckt der Teufel im Detail. Alles hängt mit allem zusammen. Sowohl die Nordkoreaner als auch die Chinesen spielen ein undurchsichtiges Spiel - und auch Trumps Verhandlungstaktik ist für Freund und Feind mehr als verwirrend.

Vor allem eine Trump-Entscheidung im Poker mit China sorgt zunehmend für Unruhe in Washington. Die Ankündigung des Präsidenten, den chinesischen Mobiltelefon-Hersteller ZTE von US-Sanktionen und Strafmaßnahmen auszunehmen, die gerade erst verhängt wurden, trifft offenbar selbst Trump-Berater und Unterstützer des Präsidenten völlig überraschend.

Was steckt dahinter?

ZTE steht auf einer roten Liste des US-Finanzministeriums, weil das Unternehmen mehrfach Sanktionen der Amerikaner gegen Iran und Nordkorea umgangen haben soll. Dafür wurde das Unternehmen von den Amerikanern mit einer Strafe von mehr als einer Milliarde Dollar belegt. Außerdem wird dem Unternehmen von US-Geheimdiensten vorgeworfen, Handys im Auftrag der chinesischen Regierung so zu manipulieren, dass sie auch für Überwachungszwecke eingesetzt werden können. Das US-Militär hat seine Soldaten und Mitarbeiter davor gewarnt, ZTE-Telefone zu benutzen.

US-Unternehmen wurde von der Regierung für sieben Jahre untersagt, weiterhin Komponenten an ZTE zu liefern. Der chinesische Telefongigant mit mehr als 70.000 Mitarbeitern geriet deshalb in den vergangenen Wochen in akute wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die chinesische Regierung zeigte sich empört und soll gegenüber Washington mehrfach eine Rücknahme der Strafmaßnahmen zu einer Voraussetzung für weitere Verhandlungen über ein Handelsabkommen erklärt haben.

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Mit seiner Ankündigung, dass er gemeinsam mit Chinas Präsident ZTE retten wolle, kommt Trump den Chinesen nun weit entgegen. Zwar beeilten sich sowohl das Weiße Haus, als auch der US-Handelsbeauftragte Wilbur Ross, den Fall ZTE zum separaten Thema zu erklären, das mit dem Handelspoker nichts zu tun habe. Doch die Kritik an der Entscheidung ist selbst unter Trump-Unterstützern groß. Viele warnen davor, Trump gebe bereits zu Beginn der Verhandlungen mit China ohne Not eine wichtige Position auf. Zudem werden Sicherheitsbedenken geltend gemacht.

Kritik von Republikanern und Demokraten

"Angesichts der Entscheidungen, die wir gerade erst für die Nationale Sicherheit getroffen haben, bin ich etwas überrascht", sagte Senator Charles E. Grassley, ein Republikaner. ZTE hart zu bestrafen und dann wieder alles zurückzunehmen, passe nicht zusammen. Und sein Parteifreund Marco Rubio warnt: "Ich hoffe, unsere Seite beginnt jetzt nicht, vor den Chinesen in die Knie zu gehen."

Die oppositionellen Demokraten gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie werfen Trump vor, die ZTE-Entscheidung könnte möglicherweise im Zusammenhang mit einem Multi-Millionen-Dollar-Projekt in Indonesien stehen, an dem Trumps Firmenimperium indirekt beteiligt ist.

ZTE-Zentrale in China

ZTE-Zentrale in China

Foto: STRINGER/EPA-EFE/REX/Shutterstock

Tatsächlich hat die chinesische Regierung erst vor wenigen Tagen gut 500 Millionen Dollar an staatlichen Krediten für den Bau eines Vergnügungsparks in der Nähe der indonesischen Hauptstadt Jakarta freigegeben. Das Projekt trägt den Namen "Lido City". Die "Trump Organization", die von Trumps Söhnen geführt wird, aber dem Präsidenten weiterhin gehört, plant dort ein Luxushotel, einen Golfplatz mit angeschlossenem "Country Club" sowie Luxusvillen und Wohnungen, die zum Verkauf stehen sollen.

Alles nur ein Zufall?

Gut möglich, dass das alles nur ein Zufall ist. Doch Trump-Kritiker wie der demokratische Abgeordnete Adam Schiff sehen einen Zusammenhang mit der ZTE-Entscheidung des Präsidenten. Sie werfen Trump einen Verstoß gegen gesetzliche Anti-Korruptions-Regeln vor, die es dem Präsidenten untersagen, Geld von fremden Regierungen anzunehmen. Der frühere Ethikexperte des Weißen Hauses, Richard Painter, glaubt sogar, ein Muster in Trumps Verhalten erkennen zu können. Der Deal trägt seiner Ansicht nach klar die Handschrift des Präsidenten: "Du tust ihm etwas Gutes, er tut Dir etwas Gutes. Quid pro quo."

Das Weiße Haus schweigt zu den Anschuldigungen. Auch Trump selbst ging am Dienstag bei einem Treffen mit republikanischen Kongressabgeordneten nicht auf das heikle Thema ein.

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Natürlich könnte hinter Trumps überraschender Nachgiebigkeit gegenüber Peking aber auch etwas ganz anderes stecken. Der US-Präsident ist auf Chinas Hilfe dringend angewiesen, wenn er am 12. Juni in Singapur bei seinem Treffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un einen Durchbruch bei den Atomverhandlungen erreichen will. Als traditionelle Schutzmacht Nordkoreas könnte Peking jederzeit eine Einigung mit den USA hintertreiben, etwa indem es die Sanktionen gegen das Kim-Regime wieder einseitig lockert.

Trump und sein Außenminister Mike Pompeo haben sich selbst enorm unter Druck gesetzt, rasch zu einem Erfolg mit Nordkorea zu kommen. Vor allem Trump hat hohe Erwartungen geweckt, dass ihm im Juni ein historischer Durchbruch gelingen wird. Alles andere wäre eine riesige Blamage. Diese Schwäche der Amerikaner werden die Chinesen in den Verhandlungen über neue Handelsverträge für sich zu nutzen wissen.

Peking hat also ein gutes Blatt auf der Hand. Wie schwierig die Verhandlungen für Trump noch werden könnten, hat sich gerade erst wieder gezeigt: Pjöngjang hat nach südkoreanischen Medienberichten wegen eines amerikanischen Militärmanövers in Südkorea indirekt mit einer Absage des Treffens in Singapur gedroht.

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