US-Geheimdienst Dauerrede gegen NSA-Überwachung

Er redet und redet und redet: Der radikalliberale Senator Rand Paul kritisiert per Dauerrede im US-Kongress die NSA-Überwachung. Der Protest ist symbolisch, doch dem Geheimdienst drohen Ende des Monats echte Konsequenzen.
US-Senator Paul: "Unpatriotischstes aller Gesetze"

US-Senator Paul: "Unpatriotischstes aller Gesetze"

Foto: JIM YOUNG/ REUTERS

Es war kurz nach ein Uhr am Mittwochnachmittag in Washington, da erhob sich der Senator Rand Paul von seinem Platz im US-Parlament, um der National Security Agency (NSA) den Kampf anzusagen. Und natürlich auch, um Wahlkampf zu machen. Für sich selbst.

"Ich werde den Patriot Act, dieses unpatriotischste aller Gesetze, nicht ohne Widerrede passieren lassen", sagte Paul. Er werde so lange reden, bis er nicht mehr stehen könne.

Noch kann er stehen (Pauls Rede können Sie hier  beim US-Sender C-SPAN live verfolgen).

Hintergrund: Der USA Patriot Act ist ein nach den Anschlägen von 9/11 erlassenes Anti-Terror-Gesetzespaket, dessen Abschnitt 215 der Regierung ermöglicht, unter anderem auf Telefon-Metadaten zuzugreifen. Section 215 wird von der NSA als rechtliche Grundlage zur massenhaften Sammlung dieser Daten angesehen.

Ende des Monats nun verliert unter anderem just jener Abschnitt 215 seine Gültigkeit. Wenn er nicht zuvor vom US-Kongress verlängert wird, hätte der Staat kaum mehr eine Handhabe für den Zugriff auf die Metadaten von US-Bürgern.

Rand Paul will diese Verlängerung verhindern. Deshalb seine Protestrede.

Das Repräsentantenhaus, die untere Parlamentskammer, hatte bereits in der vergangenen Woche mit großer überparteilicher Mehrheit den sogenannten USA Freedom Act verabschiedet. Dieses Gesetz soll den Patriot Act ersetzen, die Vorratsdatenspeicherung weiter ermöglichen, den Umgang mit den Metadaten jedoch reformieren: Künftig sollen diese Daten ausschließlich bei den Telefongesellschaften statt wie bisher vom Staat gespeichert werden. Will die NSA darauf zugreifen, benötigt sie in jedem Einzelfall einen Beschluss des geheimen Spezialgerichts Foreign Intelligence Surveillance Court (Fisc).

Massenhafte Sammlung der Metadaten? "Verfassungswidrig"

Nun liegt das neue Gesetz im Senat, der oberen Kammer. Dort, wo Paul gerade seine Rede hält. Würde es dort bis Freitag beschlossen, könnte die Metadaten-Sammlung auf reformierte Weise weitergehen. Doch republikanische Hardliner um den Fraktionschef Mitch McConnell wollen lieber den alten Patriot Act aufrecht erhalten und verlängern, also ohne Änderungen.

Die massenhafte Sammlung der Metadaten sei verfassungswidrig, erklärte dagegen Paul. Bei den Metadaten handelt es sich nicht um den Inhalt von Gesprächen, sondern um Telefonnummern sowie Zeitpunkt und Dauer von Anrufen. Betroffen von dieser Gesetzgebung sind allein US-Bürger.

Solange Paul im Plenum redet oder sich mit Mitstreitern - darunter sowohl Republikaner als auch Demokraten - die Bälle zuspielt, kann der Senat nicht mit seinen Geschäften fortfahren. Schon einmal hat Paul das im Parlament gemacht: Im März 2013 protestierte er 13 Stunden lang gegen den Drohnenkrieg von US-Präsident Barack Obama. Pauls damalige Dauerrede war allerdings technisch gesehen ein sogenannter Filibuster. Dieses Instrument ermöglicht es einem Senator in den USA so lange zu reden, wie er will, um eine Abstimmung zu verzögern.

Pauls Zeit diesmal dagegen ist begrenzt, er kann - wenn er denn durchhält - bis Donnerstagmittag reden, also insgesamt knapp 24 Stunden. Denn dann endet das gegenwärtig gültige Zeitfenster für die Debatte eines Handelsabkommens. Eine Abstimmung ist bereits fest eingeplant.

Richtig gelesen: Handelsabkommen. Paul nämlich redet aktuell keineswegs im Rahmen einer NSA-Debatte; er hat das Plenum einfach während der Handelsdebatte gekapert und blockiert derzeit jeglichen Fortschritt dieses Themas. Deshalb ist das, was er da macht, kein echter Filibuster. Und deshalb hat seine Dauerrede eben schon jetzt einen garantierten Endpunkt.

Heißt im Umkehrschluss: Pauls Protest ist eher symbolisch. Eine Abstimmung über die NSA-Überwachung wird er wohl nicht verhindern, ob es sich nun um den neuen Freedom Act oder den alten Patriot Act handelt. Was Paul nichtsdestotrotz erreicht, das ist: Aufmerksamkeit. Für die NSA-Überwachung als auch für sich selbst.

Der 52-Jährige kämpft derzeit um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, setzt sich mit seiner libertär unterlegten NSA-Kritik deutlich ab von seinen Mitbewerbern. So hat etwa Rivale Marco Rubio, ebenfalls US-Senator, eine Verlängerung des Patriot Act gefordert, ohne jegliche Reform.

Ein Reformvorhaben im Übrigen, das der US-Präsident, die Justizministerin, ja sogar der Geheimdienstdirektor unterstützen.

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