Präsidentschaftskandidat Richard Lugner mit Ehefrau Cathy, hier bei der Hochzeit 2014
Foto: Monika Fellner/ Getty ImagesKnapp 6,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher ab 16 Jahren sind am Sonntag aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Es geht um die Nachfolge von Bundespräsident Heinz Fischer , der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf.
Der Bundespräsident in Österreich wird zwar, anders als in Deutschland, direkt vom Volk gewählt, in seiner politischen Bedeutung ist er aber vergleichbar mit dem deutschen Staatsoberhaupt. Es geht um Repräsentation, um Symbolik, weniger um Tages- und schon gar nicht um Parteipolitik. Entsprechend gering war das Interesse der Österreicher bei der Abstimmung vor sechs Jahren: Die Wahlbeteiligung lag bei gerade einmal 53,6 Prozent.
Doch 2016 ist es anders. Denn die Wahl ist diesmal eine Art Referendum über die österreichische Bundesregierung, eine Große Koalition aus der sozialdemokratischen SPÖ und der bürgerlich-konservativen ÖVP. Fünf Männer und eine Frau bewerben sich um das höchste österreichische Amt, und erstmals sieht es so aus, als würde keiner der beiden Kandidaten der beiden großen Volksparteien das Rennen machen.
Die Wahl könnte im Zeichen der Flüchtlingskrise zu einer Abrechnung mit der Regierung werden, aber auch zu einer politischen Richtungsentscheidung: Ist Österreich nun eher links oder rechts?
Im ersten Wahlgang an diesem Sonntag wird wohl keiner der Bewerber die absolute Mehrheit erreichen. In diesem Fall kommt es vier Wochen später, im Mai, zu einer Stichwahl zwischen den zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen im ersten Wahlgang. Der Nachfolger von Bundespräsident Heinz Fischer tritt sein Amt in der Wiener Hofburg am 8. Juli 2016 an und ist für sechs Jahre gewählt.
Ein Überblick über die Kandidaten:
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Alexander Van der Bellen, 72, wird von den Grünen unterstützt, tritt aber als unabhängiger Kandidat an - was ihm Kritik einbringt. Van der Bellen ist Wirtschaftswissenschaftler und arbeitete viele Jahre als Universitätsprofessor. Von 1997 bis 2008 war er Chef der Grünen Partei. Er gilt als scharfer Kritiker der aktuellen österreichischen Flüchtlingspolitik, beklagt die Abschottung des Landes und erklärt, sollte die rechtspopulistische FPÖ die Nationalratswahl 2018 gewinnen ¿ Umfragen zufolge wäre sie derzeit stärkste Kraft ¿, würde er als Präsident das Parlament auflösen. Kritiker verhöhnen ihn als zu alt, bei vielen jungen Wählern genießt er dennoch Ansehen. In sämtlichen Umfragen liegt Van der Bellen mit 25 bis 30 Prozent der Stimmen vorne und würde es demnach in die Stichwahl schaffen.
Norbert Hofer, 45, ist der Präsidentschaftskandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), deren Vizechef er ist. Hofer ist der mit Abstand jüngste Bewerber und hatte deshalb zunächst gezögert zu kandidieren. Doch seine Partei überzeugte ihn davon, anzutreten. Hofer ist Ingenieur und hat für die österreichische Fluggesellschaft Lauda Air gearbeitet. Er ist Dritter Präsident des Nationalrats, der Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments. Hofer lobt die Regierung für ihre restriktive Flüchtlingspolitik. Den Präsidentschaftskandidaten Van der Bellen nannte er einen ¿faschistischen grünen Diktator¿, weil der eine Regierung unter FPÖ-Beteiligung nicht akzeptieren würde. Kritik bringt ihm seine Ehrenmitgliedschaft in einer Burschenschaft ein. Hofer, der wie Van der Bellen bei jungen Wählern gut ankommt, liegt in Umfragen mit 21 bis 24 Prozent hinter Van der Bellen und könnte es damit in die Stichwahl schaffen.
Irmgard Griss, 69, ist die einzige Frau im Rennen. Sie tritt als unabhängige Kandidatin mit Unterstützung der Partei Das Neue Österreich und Liberales Forum (NEOS) an. Sie gilt als bürgerlich-konservativ. Griss ist Juristin, war Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und erwarb sich Ansehen als Leiterin einer Untersuchungskommission zur Aufklärung der milliardenschweren Finanz- und Korruptionsaffären rund um den Bankkonzern Hypo Alpe Adria, die die Verfehlungen überraschend schonungslos offenlegte. Griss nennt sich eine ¿politische Quereinsteigerin¿. Weil Griss sich den FPÖ-Chef Heinz Christian Strache als Bundeskanzler vorstellen kann, wird sie von Linken kritisiert. In Umfragen liegt sie mit 19 bis 22 Prozent durchgängig auf Platz drei, äußerst knapp hinter Norbert Hofer, womit sie durchaus Chancen hat, in die Stichwahl zu kommen.
Rudolf Hundstorfer, 64, tritt für die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) an. Er war von 2008 bis Januar 2016 Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Zuvor war er Gewerkschaftsfunktionär. Hundstorfer hält die Diskussion darüber, welche Partei vom Bundespräsidenten mit der Bildung einer Regierung beauftragt wird, für überflüssig. Er müsse davon ausgehen, dass alle zur Nationalratswahl zugelassenen Parteien sich zur Verfassung bekennen würden. Auch eine FPÖ-Regierung würde er deshalb zulassen. Kritiker werfen Hundstorfer Farblosigkeit vor, in manchen Medien wurde gelästert, kaum einer kenne Hundstorfer. Er selbst bemüht sich um Nähe zum ¿kleinen Mann¿, die SPÖ plakatiert sein Bild mit dem Slogan ¿Einer von uns¿, während seine Kritiker ihm sein Gehalt von 13.090 Euro monatlich vorhalten, das er von dem Verein bezieht, das seinen Wahlkampf finanziert. In Umfragen liegt er mit 14 bis 16 Prozent auf dem vierten Platz.
Andreas Khol, 74, ist der Kandidat der bürgerlich-christlich-konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Der Jurist und ehemalige Universitätsprofessor gilt in der ÖVP als zweite Wahl, da die Partei zunächst auf den niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll gesetzt hatte. Erst als der ablehnte, kam Khol, der auf der Ostseeinsel Rügen geboren wurde, zum Zuge. Khol hat auch darunter zu leiden, dass mit Norbert Hofer und Irmgard Griss zwei weitere Kandidaten im bürgerlich-konservativen Lager um Stimmen werben. Er liegt in Umfragen mit 11 bis 13 Prozent abgeschlagen auf dem vorletzten Platz.