
Milliardär Stronach Österreichs selbsternannter Revolutionär
Wien - Es soll dann schon etwas ganz Großes werden. "Eine Revolution für Österreich!", fordert Frank Stronach. Der 80-Jährige will bei der nächsten Nationalratswahl mit einer eigenen Partei antreten und mischt allein mit dieser Ankündigung die Wiener Politik auf. Einen Spitzenkandidaten hat er auch schon gefunden: sich selbst. Freunde und Bekannte hätten ihm dazu geraten, sagte Stronach jetzt dem österreichischen "Wirtschaftsblatt".
Das kleine Karo war noch nie etwas für ihn. Die Geschichte des Mannes, der am 6. September 1932 in Kleinsemmering in der Steiermark als Franz Strohsack zur Welt kam und sich später Frank Stronach nannte, geht in Kurzform so: Er wanderte 1954 mit 200 Dollar nach Kanada aus und machte daraus ein Vermögen. Aus dem Werkzeugmacher wurde der Gründer des Autozulieferers Magna und ein Milliardär, der in "Forbes"-Rankings der Superreichen geführt wird. Später kam er zurück in seine Heimat und pumpte Millionen in den österreichischen Fußball. Das Land, so Stronachs großspuriger Plan, solle einmal den Weltmeistertitel holen. "Wer das Gold hat, macht die Regeln", so lautet eine seiner Devisen.
Aber nicht immer drehte sich die Welt nach Stronachs Gesetzen. Sein Energydrink - "Frank's Authentic Austrian Energy - keeps you yodeling all night long" - floppte. Und auch mit seinem Plan, Opel zu kaufen, scheiterte er 2009.
Jetzt also die Politik und eine eigene Partei, die sich Stronach zufolge für eine Einheitssteuer stark machen will. Noch existiert die Partei nicht, aber sie soll in diesem Monat gegründet werden. Auch ein Programm soll dann vorliegen. Umso kurioser: Stronach verfügt bereits über vier Abgeordnete im Nationalrat. Zuerst erklärte Gerhard Köfer seinen Austritt aus der SPÖ und den Wechsel zu Stronach. Später folgten die parteilosen Parlamentarier Erich Tadler und Robert Lugar, die sich zuvor mit ihrer rechtspopulistischen BZÖ überworfen und die Fraktion verlassen hatten. Zuletzt lief die BZÖ-Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger zu Stronach über.
Für den Austrokanadier ist das ziemlich praktisch: Formal ist damit ein Antritt bei den Nationalratswahlen gesichert. Hierfür sind die Unterschriften von drei Nationalräten nötig. Ohne diese Zusicherungen hätte Stronach einen deutlich aufwendigeren Weg gehen und 2600 Unterstützungserklärungen sammeln müssen.
Die Rechtspopulisten zittern
In Wien warten Beobachter jetzt nur noch darauf, wann Stronach den fünften Überläufer aus dem Hut zaubert. Dann hätte er einen weiteren Coup gelandet. Denn fünf Abgeordnete würden den Fraktionsstatus bedeuten - und neben mehr parlamentarischen Rechten auch mehr mediale Aufmerksamkeit. Zuletzt dementierte bereits die ÖVP-Nationalrätin und frühere Familienstaatssekretärin Christine Marek Berichte, sie wolle zu Stronach wechseln. Entsprechende Gerüchte seien "völlig aus der Luft gegriffen". Der 80-Jährige ist aber weiter auf Werbetour für seine Partei, so wollte er unter anderem auch die frühere EU-Parlamentarierin Karin Resetarits gewinnen. Sie sagte ab und warf Stronach politische Ahnungslosigkeit vor: Sie hätte ihm erklären müssen, "was überhaupt die Aufgaben eines Abgeordneten sind".
Die etablierte Konkurrenz ist dennoch beunruhigt. Vor allem die Rechtspopulisten von FPÖ und BZÖ fürchten, dass Stronach ihnen Stimmen abtrotzen könnte. Seit Wochen stecken sie im Affärensumpf, müssen sich für ihre Verstrickung in den Skandal um den umstrittenen Verkauf der Bank Hypo Group Alpe Adria rechtfertigen. Das Saubermann-Image ist dahin - und dann kommt auch noch Stronach, prangert die "Freunderlwirtschaft" in der Politik an und macht sich für "Wahrheit, Transparenz und Fairness" stark. Die Politiker wollten lediglich "verdienen", sagt Stronach. Seine Mission dagegen: "Ich will Österreich dienen."
Ärgerlich für die Rechtspopulisten ist außerdem, dass der Milliardär ihnen die eigenen Themen streitig macht: Auch er setzt auf EU- und Euro-Kritik und den Frust der Bürger: Österreich müsse raus aus dem Euro und zum Schilling zurückkehren, lautet seine zentrale Botschaft. "Je früher Österreich aus dem Euro aussteigt, umso besser ist es für die österreichischen Menschen." Kein Wunder also, dass die Rechtspopulisten sich bereits an Stronach abarbeiten, der mit Magna auch in Österreich Tausende Arbeitsplätze schaffte. Stronach sei ein Steuerflüchtling, der seine Steuern größtenteils in der Schweiz zahle, giftete etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache - tatsächlich hat Stronach eine Firma in der Schweiz, hat dort nach eigenen Angaben aber kein Geld geparkt und zahlt demnach rund eine Million Euro Steuern in Österreich und den größten Teil in Kanada. BZÖ-Chef Josef Bucher wiederum warf Stronach den Kauf von Abgeordneten vor.
"Let's be Frank"
Die Attacken gegen Stronach bleiben bislang ohne Wirkung: Einer Gallup-Umfrage zufolge könnte Stronach derzeit mit zehn Prozent der Stimmen rechnen. Stronach traut sich natürlich mehr zu: "Ich glaube, wir können zwischen 20 und 30 Prozent bekommen." Bundeskanzler will er aber nicht werden. Das müsse dann "jemand anders machen". Stronach einmal ganz bescheiden.
Ein erster Ausflug in die Politik ist übrigens gescheitert: 1988 kandidierte Stronach mit dem Slogan "Let's be Frank" ("Seien wir ehrlich") in Kanada für die Liberalen, steckte viel Geld in seine Kampagne, musste sich aber einem Gegenkandidaten der Konservativen geschlagen geben.
Dieses Mal soll alles glattgehen, bis zu 20 Millionen Euro will Stronach Berichten zufolge in den Wahlkampf investieren. Stronach selbst nennt keine Details zur Summe, die er einsetzen will. Er sagt nur dies: "So viel wie nötig ist."
Magna International sah sich vergangenen Mittwoch zu der Erklärung veranlasst, dass das Unternehmen nichts mit Stronachs politischen Aktivitäten zu tun habe: Die Parteigründung stehe "in keiner direkten oder indirekten Verbindung zu und beinhaltet keine Mitwirkung seitens Magna Inernational". Stronach hatte 2010 sein kontrollierendes Aktienpaket an die anderen Aktionäre verkauft und sein Amt als Chairman niedergelegt.
Wie er sich seine Rolle als Politiker vorstellt, bewies Stronach zuletzt bei einem Auftritt im Rundfunksender ORF: Da saß er in weißem Hemd und schwarzem Sakko neben der Moderatorin und wollte ohne lästige Fragen seine Sicht der Dinge darstellen. "Ich bin Steuerzahler, und ich verlange, dass ich das Recht habe, mich hier auszudrücken", unterbrach er die Journalistin. Als diese nicht nachgab, wurde es Stronach zu anstrengend: "Sie wollen streiten mit mir?" - dann redete er einfach weiter.
Zuletzt gab Stronach zu Protokoll, dass er bei seiner Parteigründung auf die Unterstützung eines anderen prominenten Steirers hoffe: auf den früheren Schauspieler und ehemaligen kalifornischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Hört sich nach viel Action in Österreich an.