
Österreich: Rechts gegen Links im Fernsehduell
Bundespräsidentenwahl in Österreich TV-Duell für Runde zwei
Vielleicht sind nach dem Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl einfach nur die Standards gesunken. Vielleicht ist man heute einfach nur dankbar, wenn Politiker nicht blanken Rassismus predigen und mit ihrem Sexismus prahlen und dafür auch noch gefeiert werden. Jedenfalls verlief das erste von insgesamt vier TV-Duellen der beiden Bewerber um das österreichische Bundespräsidentenamt nach der Wahlpleite im Mai erstaunlich sachlich. Schon damals trafen die beiden in einem unmoderierten Duell aufeinander - und das war ziemlich chaotisch.
Der Kandidat der rechten FPÖ, Norbert Hofer, 45, und der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen, 72, trafen am Donnerstagabend im Studio des Senders oe24.tv aufeinander (hier gibt es das Best-of im Video ). Die Fragen stellte Moderator Wolfgang Fellner, Herausgeber der Tageszeitung "Österreich". Das Blatt und der Sender hatten ihr Publikum zuvor aufgefordert, Fragen an die beiden Politiker einzureichen. 11.238 Menschen kamen dem nach.
Und so ging es in fünf Runden, unterbrochen von Werbepausen, um Donald Trump, um einen möglichen "Öxit", also einen Austritt Österreichs aus der EU, darum, wie die Kandidaten es mit Burschenschaften (Hofer), Freimaurern (Van der Bellen) und Gott (beide) halten, wie kritisch sie die große Koalition in Österreich sehen und wie sie mit Ausländern und dem Flüchtlingsthema umgehen wollen.
Wahlen. Endlich.
Österreich bestimmt am 4. Dezember ein neues Staatsoberhaupt - endlich, möchte man sagen, denn die eigentliche Bundespräsidentenwahl fand schon am 24. April statt. Damals erreichte keiner der sechs Bewerber die erforderliche Mehrheit. Hofer qualifizierte sich mit 35 Prozent überraschend deutlich für die Stichwahl, Van der Bellen mit 21 Prozent.
Bei der Stichwahl am 22. Mai ging Van der Bellen äußerst knapp und erst nach Auszählung der Briefwahlstimmen als Sieger hervor. Doch die Wahl wurde von der FPÖ wegen Verstößen gegen das Wahlgesetz erfolgreich angefochten. Die für den 2. Oktober angesetzte Wahlwiederholung musste dann aber wegen nicht richtig klebender Umschläge verschoben werden.
Die Themen des TV-Duells
Ein österreichischer Trump will Hofer auf keinen Fall sein, sagt er nun. Hofer weiß, dass er mit seinen rechtspopulistischen Tönen im bisherigen Wahlkampf zwar gut angekommen ist, dass aber Trump in der österreichischen Bevölkerung mehrheitlich auf Ablehnung stößt. Eine demokratische Wahl müsse man aber akzeptieren, auch wenn es im Wahlkampf "inakzeptable" Aussagen Trumps gegeben habe, sagt Hofer. "Einem künftigen Präsidenten einer Weltmacht kann man nicht sagen, er sei ein Hetzer." Man habe Trump jedenfalls sofort zum Wahlsieg gratuliert. Es bleibt unklar, wie viel Diplomatie und wie viel Sympathie da im Spiel ist.

Norbert Hofer
Foto: LEONHARD FOEGER/ REUTERSAber auch Van der Bellen schlägt leisere Töne gegenüber Trump an. Vor der US-Wahl hatte er noch gesagt, ein Sieg des Republikaners wäre eine "Katastrophe". Auf die Frage, ob diese Katastrophe nun eingetroffen sei, antwortet er nun: "Ich hoffe nicht."
Einig sind sich beide, dass ein Austritt Österreichs aus der EU nicht zur Debatte steht. Ein Öxit, sagt Hofer, komme nur in Frage, wenn die Türkei der EU beitreten würde oder wenn die nationalen Parlamente entmachtet würden. Vor dem Brexit mit seinen für Großbritannien eher ernüchternden Folgen hatte Hofer noch anders geklungen. Van der Bellen lehnt einen Austritt aus der EU kategorisch ab.
Auf die Frage, ob sie an Gott glaubten und das Christentum in Österreich schützen wollten, antwortet Hofer klar: "Ja." Van der Bellen sagt, ihm sei "leider als Jugendlicher der Glaube an den einen Gott abhandengekommen".
Hofer wiederum muss sich erklären, als er gefragt wird, ob er als Präsident aus seiner Burschenschaft austreten werde. Die Mitgliedschaft belege, dass er ein Rechtsextremer sei, sagen seine Gegner. Aber Hofer verneint. Er sei "Ehrenmitglied in einer Schülerverbindung" und werde das auch bleiben. Anscheinend stört ihn das Image nicht - und seine Wähler ebenso wenig. Van der Bellen wiederum räumt ein, mal bei den Freimaurern gewesen, Ende der Siebzigerjahre aber ausgetreten zu sein.
Beide sagen, sie seien "kritisch" gegenüber der Regierung, Hofer aber eher für Neuwahlen als Van der Bellen. Von einer Auflösung der Regierung, wovon Hofer zu Beginn des Wahlkampfes gesprochen hatte, will er nun nichts mehr wissen. Im Gegenteil, für einzelne Minister, darunter Außenminister Sebastian Kurz, findet er sogar lobende Worte.
Milde auch gegenüber Angela Merkel. Hofers Parteichef Heinz-Christian Strache hatte die Bundeskanzlerin eine "Gefahr" genannt. Hofer selbst will das Wort nicht benutzen, lobt Merkel sogar für "in vielen Teilen gute Politik". Aber die Flüchtlingspolitik sei dann doch "katastrophal". Hier habe sie Österreich "schweren Schaden zugefügt". Er erklärt, wer sich illegal in Österreich aufhalte, und man spreche hier von 40.000 Menschen, müsse abgeschoben werden.
Auch Van der Bellen erklärt, dass er das so sehe. Man müsse aber prüfen, ob eine Abschiebung möglich sei, ob also irgendwelche Gründe dagegen sprächen. Bei "kriminellen Ausländern" sei eine Abschiebung ohnehin unausweichlich, da sind sich beide einig. Ein Gast habe sich "natürlich als Gast zu verhalten", sagt, man höre und staune, Van der Bellen.

Alexander Van der Bellen
Foto: LEONHARD FOEGER/ REUTERSUnd dann staunt man wieder bei Hofer, der plötzlich keine Mauern und Zäune um Österreich bauen, sondern den Schengenraum schützen will. Eine neue Grenzsicherung Österreichs sei dann ja nicht nötig.
Einreiseverbot für Muslime? Wieder sind beide sich einig: nein. Er sei aber gegen einen "aggressiven Islamismus", sagt Hofer.
Ehe für Homosexuelle? Sexualität sei etwas Privates, aber die Ehe diene dem Schutz von Kindern, findet Hofer. Daher sei er für eine "Verpartnerung", aber gegen die Ehe für Gleichgeschlechtliche. Man atmet auf, dass Van der Bellen wenigstens hier anderer Meinung ist: Er sei für Gleichberechtigung und daher auch für die Homo-Ehe.
Legalisierung von Marihuana? Nein, das wolle beide wieder nicht.
Und doch spricht Van der Bellen von einer "Richtungsentscheidung". Sollte die FPÖ an die Macht kommen, könnte die Stimmung in Österreich kippen, das Land ein "Alpen-Mordor" werden, hatte er am Dienstag in Anspielung auf das lebensfeindliche Land in Tolkiens "Herr der Ringe" gesagt.
Tatsächlich stehen sich zwei Lager mit unterschiedlichen Prinzipien und Werten gegenüber, zwei Weltbilder, auch zwei Lebensgefühle. Aber das wurde bei diesem TV-Duell, nach der erschütternden US-Wahl, weniger deutlich als sonst.
Gewinner des Duells? In einer - nicht repräsentativen - Onlineumfrage sahen die Zuschauer Hofer vorne.