Pakistan Triumphaler Empfang für Benazir Bhutto

Eine Million Menschen jubeln in den Straßen Karatschis, 20.000 Soldaten und Polizisten sollen für Sicherheit sorgen: Die Rückkehr von Ex-Premierministerin Benazir Bhutto hat in Pakistan zu einem Volksfest geführt.
Von Hasnain Kazim und Alexander Schwabe

Hamburg – Die Korrespondenten internationaler Nachrichtensender überschlagen sich mit Superlativen, die Begleiterscheinungen der Rückkehr Benazir Bhuttos nach acht Jahren eines sich selbst auferlegten Exils sind überwältigend: "Es spielen sich unglaubliche Szenen ab", schickt CNN-Reporter Dan Rather mit aufgeregter Stimme in den Äther.

Karatschi, die größte Stadt des Landes, ist aus dem Häuschen. Zehntausende, Hunderttausende, ja laut Bhuttos Pakistan People's Party (PPP) bis zu einer Million Menschen sind auf der Straße. In Hunderten Bussen wurden die Massen von den Außenbezirken und vom Land herangekarrt, überfüllt, Dutzende haben nur noch auf den Dächern der bunt bemalten Vehikel Platz gefunden. Die Menschen schwingen die Nationalflagge und halten Poster der Oppositionsführerin hoch. Sie singen und tanzen. Trommelklänge erfüllen die Stadt.

Auch vor dem Haus Bhuttos im feinen Stadtteil Clifton wurde seit gestern gefeiert. "Hier waren Hunderte von Menschen, sie tanzten, sangen und trommelten", sagte Zahra Kazim, die in Nachbarschaft der Bhutto-Villa lebt. "Wir haben kaum schlafen können. Wer bis heute Morgen hierher wollte, musste stundenlang warten, überall waren lange Autoschlangen." Erstmals seit Jahren wurde das Haus wieder streng bewacht.

Hupende Autos hinter gepanzerter Limousine

Am Morgen habe sich die Menge dann plötzlich aufgelöst, die Menschen seien zum Flughafen gefahren, um Bhutto dort zu empfangen. Eine gepanzerte Limousine, die seit gestern vor dem Haus Bhuttos stand, sei von vielen hupenden Autos verfolgt worden, als diese in Richtung Flughafen aufbrach, um die ehemalige Regierungschefin abzuholen.

Bhuttos Maschine setzte aus Dubai kommend gegen 13.45 Uhr Ortszeit (10.45 deutscher Zeit) in der südpakistanischen Hafenstadt auf. Über Handy gab die Politikerin bereits erste Interviews, als sich die Maschine noch auf dem Weg von der Landepiste zum Terminal befand. Bhutto zeigte sich beeindruckt vom überwältigenden Empfang. Dann brach die Verbindung ab.

Vor ihrem Abflug in den Emiraten hatte sie gesagt, sie "kehre mit einer Botschaft des Wandels und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft der Demokratie zurück". Sie hoffe auf den Erfolg des Demokratieprozesses in Pakistan.

Fraglicher Kuhhandel mit Musharraf

Bhutto stieg ins Flugzeug trotz Widerstands aus der Hauptstadt Islamabad. Die Regierung von Präsident Pervez Musharraf hatte sie aufgefordert, ihre Rückkehr zu verschieben und bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die Verfassungsmäßigkeit ihrer Amnestie zu warten.

Die frühere Premierministerin strebt erneut das Amt der Regierungschefin an. Im Januar 2008 sollen Parlamentswahlen abgehalten werden. Bis dahin werden bedeutende Gerichtsentscheidungen erwartet. Die wichtigste: War die Wiederwahl Musharrafs am 6. Oktober im Parlament rechtens? Das Verfassungsgericht in Islamabad vertagte sich gestern in der Frage, ob Musharraf, der zugleich Armeechef ist, bei der Präsidentenwahl überhaupt hätte antreten dürfen.

Bisher sah alles nach einem Deal zwischen Bhutto und Musharraf aus – um die erstarkenden Islamisten im Land in Schach zu halten und sich selbst die Macht zu sichern: Musharraf soll Präsident werden und Bhutto Premierministerin. Damit der Kuhhandel überhaupt eine Chance haben kann, müssen zentrale Forderungen der Exil-Politikerin erfüllt werden. Musharraf muss seine Doppelrolle als Staats- und Militärchef aufgeben, die Korruptionsvorwürfe gegen Bhutto müssen fallen gelassen werden und die Verfassung muss so geändert werden, dass sie ein drittes Mal als Regierungschefin antreten kann.

Al-Qaida droht mit Anschlag

Das fragwürdige Vorgehen ist längst nicht gesichert. Das politische Geschacher ist so fragil wie die Sicherheitslage im Land. Das Terrornetzwerk al-Qaida hatte mit Anschlägen gedroht. Während auf den Brücken und Plätzen der Stadt Volksfeststimmung herrscht, sind die Sicherheitskräfte in höchster Alarmbereitschaft.

Die Straßen am Mausoleum sind gesperrt, entlang der Strecke sind viele Dächer von den Sicherheitskräften versiegelt worden. Barrikaden in den Seitenstraßen sollten Angreifer abhalten. Helikopter kreisen über den Straßen Karatschis.

20.000 Sicherheitskräfte sollten die Oppositionspolitikerin schützen. Für sie kann der heutige Tag leicht zum Alptraum werden: In einer 18-stündigen Prozession will Bhutto vom Flughafen zum Mausoleum von Staatsgründer Mohammed Ali Jinnah fahren und dort eine Rede halten.

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