Papst in Israel Heikle Tour ins Heilige Land
Die israelischen Sicherheitsbehörden sind krisenerprobt, und doch zeigen sie sich in diesen Tagen nervös wie selten zuvor. Denn am Freitag beginnt die Nahost-Visite von Benedikt XVI., die ihn am kommenden Montag auch nach Israel führt. Wenn er auf dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv landet und fünf Tage durch das Heilige Land reist, werden ihn 80.000 Polizisten, Wachleute und Agenten beschützen. Passend zur päpstlichen Kleidung wurde der Großeinsatz "Operation weißer Umhang" getauft.
In einer eigens für den Besuch eröffneten Sicherheitszentrale wird jeder Schritt des katholischen Kirchenoberhaupts überwacht. "Dieser Besuch hat nationale und internationale Implikationen", sagt Israels Polizeichef Dudi Cohen. "Es ist unsere Verpflichtung, dass es keine Zwischenfälle gibt."
Der Inlandsgeheimdienst Schin Bet fürchtet vor allem einen Anschlag radikaler Muslime. Die Agenten rieten dem Papst daher davon ab, auf dem Weg zu einer Messe in Nazaret sein "Papamobil" zu benutzen. In der Stadt, in der der Bibel zufolge Jesus aufgewachsen ist, stellen die Muslime heute die Mehrheit der Einwohner. Und viele von ihnen werden durch den Besuch an jene Rede des Papstes 2006 in Regensburg erinnert, die einen Proteststurm in der islamischen Welt ausgelöst hatte.
Der Papst zitierte damals eine Aussage des spätmittelalterlichen byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaeologos zur Rolle der Gewalt im Islam: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten."
"Der Papst hat dem Islam den Krieg erklärt"
"Der Papst hat dem Islam den Krieg erklärt", sagt Scheich Nazim Abu Salim, der Imam der Schihab-e-Din-Moschee von Nazaret. Außerdem legitimiere Benedikt mit seinem geplanten Besuch an der Klagemauer in Jerusalem die israelische Besatzung der heiligen islamischen Stätten in der Altstadt. Unter Muslimen gilt die Klagemauer als Teil der al-Aksa-Moschee. Der radikale Prediger fordert: "Die Muslime müssen diesen Besuch verhindern." Selbst Gewalt schließt er nicht aus. "Wir können nicht verhindern, dass und auf welche Weise die Menschen ihre Gefühle zum Ausdruck bringen" - mit diesen Worten rechtfertigte Abu Salim mögliche Ausschreitungen.
Auch viele Juden empfangen den Papst nicht mit offenen Armen. In seiner kurzen Amtszeit hat er sie gleich mehrfach verärgert. Die von Vorgänger Johannes Paul II. betriebene Versöhnung zwischen Juden und Christen hat Rückschläge erlitten. Ihn hatten die Israelis im Jahr 2000 noch mit großer Euphorie begrüßt, als er das Heilige Land besuchte - Benedikt XVI. aber brüskierte die Juden, indem er zum Beispiel die traditionelle Karfreitagsfürbitte wieder einführte. Darin heißt es: "Lasset uns auch beten für die Juden, auf dass Gott unser Herr ihre Herzen erleuchtet, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen."
Benedikt würdigte außerdem Papst Pius XII. anlässlich seines 50. Todestages - trotz dessen umstrittener Rolle während der Nazi-Zeit. Vorläufiger Tiefpunkt in den jüngeren jüdisch-christlichen Beziehungen war Benedikts Entscheidung, zu Jahresbeginn die Exkommunikation von Bischöfen der Piusbruderschaft aufzuheben. Einer von ihnen, der Brite Richard Williamson, hatte den Massenmord an Juden in den Gaskammern der Nazis in Frage gestellt. Erst nach massiven Protesten und Forderungen israelischer Politiker, die Beziehungen zum Vatikan abzubrechen, lenkte der Papst ein und ging sichtbar auf Distanz zu den Radikalen.
Pünktlich zum Besuch kehren einige Israelis nun sogar wieder die Kindheit des Papstes als Hitlerjunge hervor. "Er ist ein Antisemit, war ein Mitglied der Hitlerjugend und brachte einen Holocaust leugnenden Bischof zurück in die Kirche", schimpfte der ultranationale Abgeordnete Michael Ben-Ari am vergangenen Dienstag in der Knesset. Auch wenn dies eine radikale Einzelmeinung ist - viele Juden nehmen es nachhaltig übel, dass ausgerechnet ein deutscher Papst beim Thema Holocaust so wenig Sensibilität gezeigt hat.
Benedikt geht dem Thema jedoch nicht aus dem Weg. Gleich am ersten Tag seiner Reise besucht er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Er wird dort beten, einen Kranz niederlegen und Überlebende treffen.
Ursprünglich wollte er die Gedenkstätte gar nicht besuchen - hängt im angrenzenden Museum doch ein Bild von Papst Pius XII., darunter die Inschrift, dieser habe der Judenverfolgung tatenlos zugesehen. Ein Abgesandter des Vatikans hatte sogar gedroht, Benedikt XVI. werde Israel nicht besuchen, solange diese Behauptung in Jad Waschem verbreitet werde.
Der Vatikan und Israel einigten sich auf eine klassisch diplomatische Lösung. Benedikt wird zwar nach Jad Waschem kommen - das Museum aber nicht betreten.