Terror in Paris Die zwei Helden vom Bataclan

Polizisten vor dem Bataclan: "Extrem erfahren"
Foto: Jeff J Mitchell/ Getty Images
Polizisten vor dem Bataclan: "Extrem erfahren"
Foto: Jeff J Mitchell/ Getty ImagesSie waren die ersten Beamten vor Ort - lange vor den Spezialkräften: Zwei Polizisten stürmten in der Horrornacht am Freitag den Pariser Konzertsaal Bataclan und erschossen einen der Attentäter. Der Terrorist, unmaskiert, schwarz gekleidet und mit einem Sprengstoffgürtel am Leib, war zu dem Zeitpunkt dabei, im Erdgeschoss mit seiner Kalaschnikow auf Geiseln zu feuern. So berichtete es der Pariser Polizeipräfekt Michel Cadot dem Sender BFMTV.
Seit 21.40 Uhr hatten die drei Attentäter die Konzertbesucher im 11. Arrondissement der französischen Hauptstadt in ihrer Gewalt. Die kalifornische Rockband Eagles of Death Metal spielte gerade ihren sechsten Song, als die erste Salve ertönte. Die Schüsse aus den Schnellfeuergewehren seien "so laut gewesen, dass sie die Band übertönten", sagte Michael Dorio, der Bruder des Schlagzeugers Julian Dorio. Die Attentäter hätten "auf alles und jeden geschossen". Etwa 1500 Menschen drängten sich zu dem Zeitpunkt in dem Saal.
Die Männer schossen wahllos in die Menge, zehn Minuten habe die Attacke gedauert, sagte Julien Pearce, Reporter beim französischsprachigen Sender Europa 1. "Sie waren ruhig und zielten einfach."
Die kurzen Momente, in denen die Angreifer nachladen mussten, nutzte Pearce zur Flucht. Wer nicht entkam, war den Angreifern hilflos ausgeliefert.
Video: Konzertbesucher filmt Beginn des Angriffs
Gegen 22.15 Uhr dann stürzten laut Medienberichten die ersten Polizisten in den Saal. Sie waren nur zu zweit - ein Kommissar der sogenannten Brigade zur Kriminalitätsbekämpfung (BAC) und sein Kollege. "Sie haben ihre Waffen eingesetzt und einen Angreifer getroffen und ihn getötet", sagte Céline Berthon von der Polizeigewerkschaft SCPN am Montag dem Sender France Inter.
Die beiden "extrem erfahrenen" Beamten hätten sich dann aber wieder zurückziehen müssen, sagte die Vizegeneralsekretärin der Gewerkschaft. Sie hätten nur Pistolen und Schutzwesten bei sich gehabt und sonst ihr Leben aufs Spiel gesetzt. "Sie mussten zurückweichen, als die anderen Terroristen ihre Kalaschnikows nachluden, und das Eingreifen der Spezialeinheiten abwarten."
Die beiden anderen Attentäter seien beim Eintreffen der beiden Beamten in die oberen Ränge geflohen, sagte Polizeipräfekt Cadot. Gegen 0.30 Uhr traf das Sondereinsatzkommando ein, die Angreifer in den oberen Rängen sprengten sich selbst in die Luft. Zwei der drei Terroristen aus dem Bataclan sind inzwischen identifiziert.
Zudem fahndet die Polizei im direkten Zusammenhang mit dem Anschlag im Bataclan nach Salah Abdeslam. Der 26-Jährige hatte den schwarzen Polo gemietet, der vor der Konzerthalle gesehen wurde. Laut einem Bericht der französischen Tageszeitung "Le Figaro" stand der Wagen dort schon drei Stunden vor dem Anschlag.
Um 19.35 Uhr hatte ein Zeuge, Christophe, den Wagen dort, bei einem Café drei Minuten vom Konzerhaus entfernt, einparken sehen. Schlecht, unprofessionell, der Fahrer habe mit dem Lenkrad gekämpft, als wüsste er kaum, wie man fährt, sagte Christophe. Gegen 20.15 Uhr sei ein Polizeiauto vorbeigefahren - doch es schien den schlecht geparkten Polo nicht zu bemerken. Als Christophe das Café gegen halb zehn verließ, stand das Auto noch immer da. Zehn Minuten später sollte der Angriff im Bataclan beginnen.
Schlagzeuger Dorio und seine Band konnten sich retten. Aber sie haben ein britisches Crew-Mitglied zu betrauern und Dutzende Fans: Mindestens 89 Menschen starben im Bataclan. Insgesamt wurden bei den koordinierten Attacken an sechs Orten in Paris mindestens 132 Menschen getötet.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die beiden Polizisten, die als erste den Tatort erreichten, seien gegen 0.30 Uhr am Konzertsaal Bataclan eingetroffen. Laut übereinstimmenden französischen Medienberichten waren die Beamten jedoch bereits gegen 22.15 Uhr vor Ort. Es dauerte dann allerdings offenbar noch mehr als zwei Stunden, bis Spezialkräfte den Saal stürmten - und den Terrorangriff beendeten.
Video: Augenzeuge filmt Anschlag auf das Bataclan
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Der Terror liegt drei Tage zurück - an diesem Montag kehrten viele Pariser in ihren Arbeitsalltag zurück: Überall in Frankreich und vielen anderen Ländern gedenken die Menschen der Toten von Paris mit einer Schweigeminute.
Hier haben sich die Leute vor dem Café Le Carillon in Paris versammelt, wo am Freitag viele Menschen erschossen wurden.
Vielen, die vor dem Le Carillon während er Schweigeminute stehen, sind Trauer und Entsetzen noch immer deutlich anzusehen.
Während der Schweigeminute um 12 Uhr mittags hält ein Mann eine Karte mit der Aufschrift: "Paris, ich liebe dich". Und eine Rose, wie sie derzeit zu Tausenden in der Stadt abgelegt werden.
"Ich bin das Zusammenleben", steht auf diesem Schild, angelehnt an den Satz "Ich bin Charlie", mit dem sich nach den Anschlägen auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" im Januar weltweit Menschen mit den Zeichnern solidarisierten.
Die wichtigsten Vertreter der französischen Politik beteiligen sich an der Schweigeminute: Hier Frankreichs Präsident Hollande, Premier Valls und andere Regierungsmitglieder in der Universität Sorbonne in Paris
Die Franzosen bekommen etliche Solidaritätsbekundungen von internationalen Partnern und aus aller Welt. Auf einer Konferenz zum 70-jährigen Bestehen der Unesco in Paris wird der Opfer in Stille gedacht.
Anteilnahme auch aus Antalya, wo sich der spanische Premier Rajoy, die deutsche Kanzlerin Merkel, EU-Ratspräsident Tusk, Frankreichs Außenminister Fabius, EU-Kommissionspräsident Juncker, der britische Premier Cameron und der italienische Amtskollege Renzi zur Schweigeminute aufreihen.
In Madrid versammeln sich die Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor dem Rathaus.
In Berlin, am Brandenburger Tor, vor der französischen Botschaft zeigen Hunderte ihre Solidarität mit Frankreich und den Opfern.
Auch an der Station Liverpool Street in London steht das Alltagsleben für einen Moment still.
Gleichzeitig geht die Fahndung nach den mutmaßlichen Tätern und Hintermännern weiter. Belgische Polizisten haben im Stadtteil Molenbeek in Brüssel zahlreiche Häuser durchsucht - mehrere der Attentäter von Paris sollen hier zuletzt gelebt haben.
Über die Attentäter und mögliche Hintermänner gibt es immer mehr Informationen. Dieses Bild zeigt den belgischen Terroristen Abdelhamid Abaaoud: Er soll Berichten zufolge Drahtzieher der Anschläge von Paris sein. Abaaoud reiste schon Anfang 2013 nach Syrien und stieg in den Reihen des "Islamischen Staates" (IS) auf. Derzeit soll er sich wieder in Syrien aufhalten.
Der 26-jährige Franzose Salah Abdeslam ist derzeit auf der Flucht, nach ihm wird per internationalem Haftbefehl gesucht. Es ist noch nicht erwiesen, ob Salah Abdeslam einer der Attentäter von Paris war. Er hatte aber unter anderem den VW Polo gemietet, mit dem die Todesschützen zur Konzerthalle Bataclan fuhren.
Zum Pariser Stadtbild gehören derzeit bewaffnete Soldaten, wie hier vor dem Wahrzeichen der Stadt, dem Eiffelturm.
Auch vor dem Triumphbogen ist massive Präsenz von Sicherheitskräften zu beobachten.
Sicherheitskräfte vor dem Louvre: Präsident Hollande hatte nach dem Terror den Ausnahmezustand ausgerufen.
Ein Herz und das Wort "Courage" ("Mut") stehen neben einem Einschussloch auf dem Fenster des Restaurants Casa Nostra in Paris - auch hier haben die Terroristen das Feuer eröffnet.
Im Konzertsaal Bataclan ermordeten die Terroristen die meisten Menschen. Warum ausgerechnet diese Konzerthalle zum Ziel der Angreifer wurde, ist noch nicht ganz geklärt. In dem IS-Bekennerschreiben heißt es zur Begründung, das Konzert sei eine "perverse Feier". Es gibt aber auch Hinweise auf einen antisemitischen Hintergrund.
Die Stadt steht unter Schock: In einigen Cafés in Paris bleiben an diesem Montag alle Stühle leer.
Über die Attentäter und mögliche Hintermänner gibt es immer mehr Informationen. Dieses Bild zeigt den belgischen Terroristen Abdelhamid Abaaoud: Er soll Berichten zufolge Drahtzieher der Anschläge von Paris sein. Abaaoud reiste schon Anfang 2013 nach Syrien und stieg in den Reihen des "Islamischen Staates" (IS) auf. Derzeit soll er sich wieder in Syrien aufhalten.
Foto: Islamistisches Propaganda-MagazinDer 26-jährige Franzose Salah Abdeslam ist derzeit auf der Flucht, nach ihm wird per internationalem Haftbefehl gesucht. Es ist noch nicht erwiesen, ob Salah Abdeslam einer der Attentäter von Paris war. Er hatte aber unter anderem den VW Polo gemietet, mit dem die Todesschützen zur Konzerthalle Bataclan fuhren.
Foto: Police Nationale/ REUTERS