Parlamentswahl in Russland Putins Triumph beunruhigt die USA
Moskau/Washington - "Wir teilen diese Sorgen", sagte US-Präsidialamtssprecher Scott McClellan in Washington mit Blick auf die Äußerungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die von einem verzerrten Ergebnis der Parlamentswahl sprach. "Diese Tatsache unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die russischen Abgeordneten sich der Umsetzung der politischen und wirtschaftlichen Reformen verpflichten", sagte er.
Die Putin unterstützenden Parteien verfügen im neuen Parlament möglicherweise über eine Zweidrittelmehrheit, womit sie die Verfassung ändern und so etwa eine dritte Amtsperiode des Präsidenten ermöglichen könnten. Nach Auszählung von 97 Prozent der abgegebenen Stimmen lag die Präsidentenpartei Einiges Russland mit 37,09 Prozent mit Abstand vorn. Das teilte die zentrale Wahlkommission mit. Überraschend stark schnitt die rechtspopulistische liberaldemokratische-Partei LDPR von Wladimir Schirinowski mit 11,6 Prozent ab. Die neugegründete Partei Rodina (Vaterland), eine Abspaltung von den Kommunisten, zog auf Anhieb mit 9,1 Prozent in die Duma ein.
Die Kommunisten, die bei der Dumawahl 1999 mit 23,32 Prozent noch stärkste Partei gewesen waren, stürzten diesmal auf 12,7 Prozent ab. Sie kamen auf 53 Mandate. KP-Chef Gennadi Sjuganow sprach von Verfälschungen des Ergebnisses. "Sie sind alle Teilnehmer eines widerwärtigen Spektakels, das aus irgendeinem Grund als Wahl bezeichnet wird", sagte Sjuganow. Liberale Parteien wurden aus der Staatsduma herausgewählt.
Die Abstimmung galt als Test für die Präsidentenwahl am 14. März 2004, bei der Putin eine Wiederwahl anstrebt. Der Präsident sprach von einer "Festigung der Demokratie in Russland". Unabhängige Wahlexperten bezeichneten Putins Triumph als massive Verzerrung des Wählerwillens. "Frei, aber nicht fair" sei die Wahl gewesen, sagte David Atkinson, Leiter der Beobachtermission des Europarates. Die westlichen Beobachter bemängelten vor allem den "massiven Einsatz staatlicher Ressourcen" für Geeintes Russland. Der russischen Führung habe es nicht an Möglichkeiten, aber am Willen gefehlt, eine Wahl nach europäischen Maßstäben durchzuführen, sagte der britische Abgeordnete Bruce George als Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Die Vorwahl-Berichterstattung der staatlich kontrollierten Fernsehsender und Zeitungen habe andere Parteien benachteiligt, sagte die frühere Bundestagspräsidenten Rita Süssmuth (CDU). Sie leitete den Einsatz von etwa 500 Lang- und Kurzzeitbeobachtern der OSZE bei der Wahl. Bei der Präsidentenwahl müsse Russland deutliche Fortschritte machen.
"Neuer Zar Putin", schrieb die linksliberale französische Tageszeitung "Libération" über die Parlamentswahlen: "In Russland regierte bislang ein Präsident mit eiserner Faust, jetzt hat er auch noch ein Parlament zu seinen Füßen."